Sämtliche Dramen
starren Zuckungen, die Sehnen straff
Zusammenkrampfen und sie fleck’ger zwicken
Als wilde Katz’ und Panther.
Ariel
.
Horch, sie brüllen!
Prospero
.
Laß brav herum sie hetzen! Diese Stunde
Gibt alle meine Feind’ in meine Hand;
In kurzem enden meine Müh’n, und du
Sollst frei die Luft genießen: auf ein Weilchen
Folg’ noch und tu’ mir Dienst!
Ab.
¶
FÜNFTER AUFZUG
Erste Szene
Vor Prosperos Zelle.
Prospero in seiner Zaubertracht und Ariel treten auf.
Prospero
.
Jetzt naht sich der Vollendung mein Entwurf,
Mein Zauber reißt nicht, meine Geister folgen,
Die Zeit geht aufrecht unter ihrer Last.
Was ist’s am Tag?
Ariel
.
Die sechste Stunde, Herr,
Um welche Zeit Ihr sagtet, daß das Werk
Ein Ende nehmen solle.
Prospero
.
Ja, ich sagt’ es,
Als ich den Sturm erregte. Sag, mein Geist,
Was macht der König jetzt und sein Gefolg’?
Ariel
.
Gebannt zusammen auf dieselbe Weise,
Wie Ihr mir auftrugt; ganz wie Ihr sie ließt;
Gefangen alle, Herr, im Lindenwäldchen.
Das Eure Zelle schirmt: sie können sich
Nicht rippeln, bis Ihr sie erlöst. Der König,
Sein Bruder, Eurer, alle drei im Wahnsinn.
Die andern trauren um sie, übervoll
Von Gram und Schreck; vor allen er, den Ihr
»Den guten alten Herrn Gonzalo« nanntet.
Die Tränen rinnen ihm am Bart hinab,
Wie Wintertropfen an der Trauf’ aus Rohr.
Eu’r Zauber greift sie so gewaltig an,
Daß, wenn Ihr jetzt sie sähet, Eu’r Gemüt
Erweichte sich.
Prospero
.
Glaubst du das wirklich, Geist?
Ariel
.
Meins würd’ es, wär’ ich Mensch.
Prospero
.
Auch meines soll’s.
Hast du, der Luft nur ist, Gefühl und Regung
Von ihrer Not? und sollte nicht ich selbst,
Ein Wesen ihrer Art, gleich scharf empfindend,
Leidend wie sie, mich milder rühren lassen?
Obschon ihr Frevel tief ins Herz mir drang,
Doch nehm’ ich gegen meine Wut Partei
Mit meinem edlern Sinn: der Tugend Übung
Ist höher als der Rache; da sie reuig sind,
Erstreckt sich meines Anschlags ein’ger Zweck
Kein Stirnerunzeln weiter: geh, befrei’ sie!
Ich will den Zauber brechen, ihre Sinne
Herstellen, und sie sollen nun sie selbst sein.
Ariel
.
Ich will sie holen, Herr.
Ab.
Prospero
.
Ihr Elfen von den Hügeln, Bächen, Hainen;
Und ihr, die ihr am Strand, spurloses Fußes,
Den ebbenden Neptunus jagt und flieht,
Wann er zurückkehrt; halbe Zwerge, die ihr
Bei Mondschein grüne saure Ringlein macht,
Wovon das Schaf nicht frißt; die ihr zur Kurzweil
Die nächt’gen Pilze macht; die ihr am Klang
Der Abendglock’ euch freut; mit deren Hülfe
(Seid ihr gleich schwache Fäntchen) ich am Mittag
Die Sonn’ umhüllt, aufrühr’sche Wind’ entboten,
Die grüne See mit der azurnen Wölbung
In lauten Kampf gesetzt, den furchtbar’n Donner
Mit Feu’r bewehrt, und Jovis’ Baum gespalten
Mit seinem eignen Keil, des Vorgebirgs
Grundfest’ erschüttert, ausgerauft am Knorren
Die Ficht’ und Zeder; Grüft’, auf mein Geheiß,
Erweckten ihre Toten, sprangen auf
Und ließen sie heraus, durch meiner Kunst
Gewalt’gen Zwang: doch dieses grause Zaubern
Schwör’ ich hier ab; und hab’ ich erst, wie jetzt
Ich’s tue, himmlische Musik gefodert,
Zu wandeln ihre Sinne, wie die luft’ge
Magie vermag: so brech’ ich meinen Stab,
Begrab’ ihn manche Klafter in die Erde,
Und tiefer, als ein Senkblei je geforscht,
Will ich mein Buch ertränken.
Feierliche Musik.
Ariel kommt zurück; Alonso folgt ihm mit rasender Gebärde, begleitet von Gonzalo; Sebastian und Antonio ebenso, von Adrian und Francisco begleitet: sie treten alle in den Kreis, den Prospero gezogen hat, und stehn bezaubert da. Prospero bemerkt es und spricht.
Ein feierliches Lied, der beste Tröster
Zur Heilung irrer Phantasie! – Dein Hirn,
Jetzt nutzlos, kocht im Schädel dir: da steht!
Denn ihr seid festgebannt. –
Heil’ger Gonzalo! ehrenwerter Mann!
Mein Auge läßt, befreundet mit dem Tun
Des deinen, brüderliche Tropfen fallen.
Allmählich löst sich die Bezaub’rung auf,
Und wie die Nacht der Morgen überschleicht,
Das Dunkel schmelzend, fangen ihre Sinnen
Erwachend an, den blöden Dunst zu scheuchen,
Der noch die hellere Vernunft umhüllt:
O wackerer Gonzalo! mein Erretter,
Und redlicher Vasall dem, so du folgst!
Ich will dein Wohltun reichlich lohnen, beides
Mit Wort und Tat. – Höchst grausam gingst du um
Mit mir, Alonso, und mit meiner Tochter;
Dein Bruder war ein Förderer der Tat –
Das nagt dich nun, Sebastian! – Fleisch
Weitere Kostenlose Bücher