Sämtliche Dramen
schlank wie eine Gerte; dieser Hut ist Hanne, unsre Magd, ich bin der Hund, – nein, der Hund ist er selbst, und ich bin der Hund, – ach! der Hund ist ich, und ich bin auch ich selbst; ja, ja, so ist’s. Nun komme ich zu meinem Vater; Vater, Euern Segen; nun kann der Schuh vor Weinen kein Wort sprechen; nun küsse ich meinen Vater; gut, er weint fort; – nun komme ich zu meiner Mutter (oh, daß sie nur sprechen könnte, wie ein Weib, das von Sinnen ist!); gut, ich küsse sie; ja, das ist wahr: das ist meiner Mutter Atem ganz und gar; nun komme ich zu meiner Schwester; gebt acht, wie sie ächzt; nun vergießt der Hund keine Träne, und spricht während der ganzen Zeit kein Wort; und ihr seht doch, wie ich den Staub mit meinen Tränen lösche.
Panthino tritt auf.
Panthino
. Fort, fort, Lanz, an Bord; dein Herr ist eingeschifft, und du mußt hinterher rudern. Was ist das? Was weinst du, Kerl? Fort, Esel; du wirst dich ohne Not verstricken und das Schiff verlieren, wenn du länger wartest.
Lanz
. Das tut nichts, denn es ist die hartherzigste Verstrikkung, die jemals ein Mensch am Strick mit sich führte.
Panthino
. Welche hartherzige Verstrickung meinst du?
Lanz
. Die ich hier am Strick habe; Krabb, mein Hund.
Panthino
. Schweig’, Kerl! Ich meine, du wirst die Flut verlieren, und wenn du die Flut verlierst, deine Reise verlieren, und wenn du die Reise verlierst, deinen Herrn verlieren, und wenn du deinen Herrn verlierst, deinen Dienst verlieren, und wenn du deinen Dienst verlierst – Warum hältst du mir den Mund zu?
Lanz
. Aus Furcht, du möchtest deine Zunge verlieren. – Mag ich Flut, Reise, Herrn und Dienst verlieren! Flut! – Ja, Mann, wenn der Strom vertrocknet wäre, bin ich imstande, ihn mit meinen Tränen zu füllen; wenn der Wind sich gelegt hätte, könnte ich das Boot mit meinen Seufzern treiben.
Panthino
. Komm, komm fort, Kerl, ich bin her geschickt, dich zu holen.
Lanz
. Hol’ dich der Henker!
Panthino
. Wirst du gehn?
Lanz
. Ja, ich will gehn.
Beide gehn ab.
¶
Vierte Szene
Palast in Mailand.
Valentin, Silvia, Thurio und Flink treten auf.
Silvia
. Diener –
Valentin
. Gebieterin?
Flink
. Herr, Thurio runzelt gegen Euch die Stirn.
Valentin
. Ja, Bursch, aus Liebe.
Flink
. Nicht zu Euch.
Valentin
. Zu meiner Dame also.
Flink
. Es wäre gut, Ihr gäbet ihm eins.
Silvia
. Diener, Ihr seid mißlaunig.
Valentin
. In Wahrheit, Fräulein, ich scheine so.
Silvia
. Scheint Ihr, was Ihr nicht seid?
Valentin
. Vielleicht.
Thurio
. Das tun Gemälde.
Valentin
. Das tut Ihr.
Thurio
. Was scheine ich, das ich nicht bin?
Valentin
. Weise.
Thurio
. Welch ein Beweis vom Gegenteil!
Valentin
. Eure Torheit.
Thurio
. Und wo bemerkt Ihr meine Torheit?
Valentin
. In Eurem Wams.
Thurio
. Mein Wams ist gedoppelt.
Valentin
. Nun, so wird auch Eure Torheit doppelt sein.
Thurio
. Wie?
Silvia
. Wie, erzürnt, Ritter Thurio? Verändert Ihr die Farbe?
Valentin
. Gestattet es ihm, Fräulein; er ist eine Art Chamäleon.
Thurio
. Das mehr Lust hat, Euer Blut zu trinken, als in Eurer Luft zu leben.
Valentin
. Ihr habt gesprochen, Herr.
Thurio
. Ja, Herr, und für diesmal auch geendigt.
Valentin
. Ich weiß es wohl, Herr, daß Ihr immer geendigt habt, ehe Ihr anfangt.
Silvia
. Eine hübsche Artillerie von Worten, edle Herren, und munter geschossen.
Valentin
. So ist es in der Tat, Fräulein; und wir danken dem Geber.
Silvia
. Wer ist das, Diener?
Valentin
. Ihr selbst, holdes Fräulein; denn Ihr gebt das Feuer; Herr Thurio borgt seinen Witz von Euer Gnaden Blicken und verschwendet, was er borgt, mildtätig in Eurer Gesellschaft.
Thurio
. Herr, wenn Ihr Wort auf Wort mit mir verschwendet, so werde ich Euren Witz bankerott machen.
Valentin
. Das weiß ich wohl, Herr; Ihr habt einen Schatz von Worten, und keine andere Münze Euren Dienern zu geben; denn es zeigt sich an ihren kahlen Livreien, daß sie von Euren kahlen Worten leben.
Silvia
. Nicht weiter, nicht weiter, edle Herren; hier kommt mein Vater.
Der Herzog tritt auf.
Herzog
.
Nun, Tochter Silvia, du bist hart belagert.
Herr Valentin, Eu’r Vater ist gesund;
Was sagt Ihr wohl zu Briefen aus der Heimat
Mit guter Zeitung?
Valentin
.
Dankbar, gnäd’ger Herr,
Empfang’ ich jeden frohen Abgesandten.
Herzog
.
Kennt Ihr Antonio, Euren Landsmann, wohl?
Valentin
.
Ja, gnäd’ger Herr, ich kenne diesen Mann,
Daß er geehrt ist und in hoher Achtung
Und nach Verdienst im besten Rufe steht.
Herzog
.
Hat er nicht
Weitere Kostenlose Bücher