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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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einen Sohn?
    Valentin
.
    Ja, einen Sohn, mein Fürst, der wohl verdient,
    Daß er des Vaters Ruf und Ansehn erbe.
    Herzog
.
    Ihr kennt ihn näher?
    Valentin
.
    Ich kenn’ ihn wie mich selbst; denn seit der Kindheit
    Vereint als Freunde lebten wir zusammen;
    Und war auch ich ein träger Müßiggänger,
    Der nicht den Wert der Zeit zu schätzen wußte,
    Um meine Jugend engelgleich zu kleiden:
    So nutzt’ hingegen Proteus, denn so heißt er,
    Mit schönem Vorteil seine Tag’ und Stunden;
    Er ist an Jahren jung, alt an Erfahrung;
    Unreif sein Alter, doch sein Wissen reif;
    Mit einem Wort (denn hinter seinem Wert
    Bleibt jedes Lob zurück, das ich ihm gebe),
    Er ist vollkommen an Gestalt und Geist,
    An jeder Zierde reich, die Edle ziert.
    Herzog
.
    Wahrhaftig, wenn er Euer Wort bewährt,
    So ist er würdig einer Kais’rin Liebe
    Und gleich geschickt für eines Kaisers Rat.
    Wohl! dieser Edelmann ist angelangt
    Und bringt Empfehlung mir von mächt’gen Herren;
    Hier denkt er ein’ge Zeit sich aufzuhalten:
    Die Nachricht, mein’ ich, muß Euch sehr erfreuen.
    Valentin
.
    Blieb etwas mir zu wünschen, so war er’s.
    Herzog
.
    Nun, so bewillkommt ihn, wie er’s verdient:
    Dich, Silvia, fodr’ ich auf und, Thurio, Euch,
    Denn Valentin bedarf nicht der Ermahnung;
    Ich geh’ und will sogleich ihn zu Euch senden.
    Der Herzog geht ab.
    Valentin
.
    Dies, Fräulein, ist der Mann, von dem ich sagte,
    Er wäre mir gefolgt, wenn die Geliebte
    Sein Auge nicht mit Strahlenblick gefesselt.
    Silvia
.
    So hat sie ihm die Augen frei gegeben
    Und andres Pfand für seine Treu’ behalten.
    Valentin
.
    Gewiß hält sie sie als Gefangne noch.
    Silvia
.
    So muß er blind sein; und wie kann ein Blinder
    Nur seinen Weg sehn, um Euch aufzusuchen?
    Valentin
.
    Ei, Liebe sieht mit mehr als funfzig Augen.
    Thurio
.
    Man sagt, daß Liebe gar kein Auge hat.
    Valentin
.
    Um solche Liebende zu sehn als Euch;
    Sie sieht hinweg, naht ihr ein nüchtern Wesen.
    Silvia
.
    Genug, genug! Hier kommt der Fremde schon.
    Proteus tritt auf.
    Valentin
.
    Willkommen, teurer Freund! – Ich bitt’ Euch, Herrin,
    Bestätigt durch besondre Huld den Willkomm!
    Silvia
.
    Sein eigner Wert ist Bürge seines Willkomms.
    Ist er’s, von dem Ihr oft zu hören wünschtet?
    Valentin
.
    Er ist’s, Gebiet’rin; gönnt ihm, holdes Fräulein,
    Daß er, gleich mir, sich Eurem Dienste weihe!
    Silvia
.
    Zu niedre Herrin für so hohen Diener.
    Proteus
.
    Nein, holdes Fräulein, zu geringer Diener,
    Daß solche hohe Herrin auf ihn schaue.
    Valentin
.
    Laßt jetzt Unfähigkeit auf sich beruhn. –
    Nehmt, holdes Fräulein, ihn als Diener an!
    Proteus
.
    Ergebenheit, nichts andres kann ich rühmen.
    Silvia
.
    Und immer fand Ergebenheit den Lohn.
    Wie wertlos auch die Herrin, grüßt sie dich.
    Proteus
.
    Wer außer Euch so spräche, müßte sterben.
    Silvia
.
    Daß Ihr willkommen seid?
    Proteus
.
    Nein, daß Ihr wertlos.
    Ein Diener tritt auf.
    Diener
.
    Eu’r Vater will Euch sprechen, gnäd’ges Fräulein.
    Silvia
.
    Ich bin zu seinem Dienst.
    Diener geht ab.
    Kommt, Ritter Thurio,
    Geht mit! – Nochmals willkommen, neuer Diener!
    Jetzt mögt ihr von Familiensachen sprechen;
    Ist das geschehn, erwarten wir euch wieder.
    Proteus
.
    Wir werden beid’ Euch unsre Dienste widmen.
    Silvia, Thurio und Flink gehn ab.
    Valentin
.
    Nun sprich, wie ging es allen, da du schiedest?
    Proteus
.
    Gesund sind deine Freund’ und grüßen herzlich.
    Valentin
.
    Wie geht’s den Deinen?
    Proteus
.
    Alle waren wohl.
    Valentin
.
    Wie steht’s um deine Dam’ und deine Liebe?
    Proteus
.
    Liebesgespräche waren dir zur Last;
    Ich weiß, du hörst nicht gern von Liebessachen.
    Valentin
.
    Ja, Proteus, doch dies Leben ist verwandelt;
    Gebüßt hab’ ich, weil ich verschmäht die Liebe;
    Ihr hohes Herrscherwort hat mich gestraft
    Mit strengem Fasten, reuig bittrer Klage,
    Mit Tränen nächtlich, tags mit Herzensseufzern;
    Denn, um der Liebe Hohn an mir zu rächen,
    Nahm sie den Schlaf den Augen ihres Knechts,
    Daß sie des Herzensgrames Wächter wurden.
    Oh, Liebster, Amor ist ein mächt’ger Fürst
    Und hat mich so gebeugt, daß ich bekenne,
    Es gibt kein Weh, das seiner Strafe glich’,
    Doch gibt’s nicht größre Lust, als ihm zu dienen.
    Jetzt kein Gespräch, als nur von Lieb’ allein;
    Jetzt ist mir Frühstück, Mittag-, Abendmahl,
    Schlummer und Schlaf das bloße Wort schon: Liebe.
    Proteus
.
    Genug; denn schon dein Auge spricht dein Glück.
    War dies der Abgott, dem du

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