Sämtliche Dramen
ihr so genugtun,
Daß wir ihr Schrei’n dagegen hemmen werden.
Gehn wir, so gut die Eil’ es uns erlaubt,
Zu diesem unverseh’nen Feierzug!
Alle außer dem Bastard ab. Die Bürger ziehen sich von den Mauern zurück.
Bastard
.
O Welt! o tolle Fürsten! tolles Bündnis!
Johann, um Arthurs Anspruch an das Ganze
Zu hemmen, hat ein Teil davon erteilt;
Und Frankreich, den Gewissen selbst gepanzert,
Den Christenlieb’ und Eifer trieb ins Feld
Als Gottes Streiter: da der schlaue Teufel,
Der Vorsatz-Ändrer, ihm ins Ohr geraunt,
Der Mäkler, der die Treu’ zur Makel macht,
Der Alltags-Meineid, der um alle wirbt, –
Um Kön’ge, Bettler, Alte, Junge, Mägde, –
Die er, wenn sie nichts zu verlieren haben
Als das Wort Magd, um dies die Armen trügt, –
Der glatte Herr, der Schmeichler Eigennutz, –
Ja Eigennutz, der schiefe Hang der Welt,
Der Welt, die gleich gewogen ist an sich,
Auf ebnem Boden grade hin zu rollen;
Bis dieser Vorteil, dieser schnöde Hang,
Der Lenker der Bewegung, Eigennutz,
Sie abwärts neigt von allem Gleichgewicht,
Von aller Richtung, Vorsatz, Lauf und Ziel;
Und dieser Hang nun, dieser Eigennutz,
Dies allverwandelnde Vermittler-Wort,
Für Frankreichs leichten Sinn ein Augenpflaster.
Zieht ihn von seiner selbstverlieh’nen Hülfe
Von einem wackern, ehrenvollen Krieg,
Zu einem schnöden, schlechtgeschloss’nen Frieden. –
Und warum schelt’ ich auf den Eigennutz?
Doch nur, weil er bis jetzt nicht um mich warb.
Nicht, daß die Hand zu schwach wär’, zuzugreifen,
Wenn seine schönen Engel sie begrüßten;
Nein, sondern weil die Hand, noch unversucht,
Dem armen Bettler gleich, den Reichen schilt.
Gut, weil ich noch ein Bettler, will ich schelten
Und sagen, Reichtum sei die einz’ge Sünde;
Und bin ich reich, spricht meine Tugend frei:
Kein Laster geb’ es außer Bettelei.
Bricht Eigennutz in Königen die Treu’,
So sei mein Gott, Gewinn, und steh mir bei!
Ab.
¶
DRITTER AUFZUG
Erste Szene
Das Zelt des Königs von Frankreich.
Constanze, Arthur und Salisbury treten auf.
Constanze
.
So sich vermählt! Den Frieden so geschworen!
Falsch Blut vereint mit falschem! Freunde nun!
Soll Louis Blanca haben? Sie die Länder?
Es ist nicht so: du hast verredt’, verhört;
Besinne dich, sag den Bericht noch ’mal:
Es kann nicht sein; du sagst nur, daß es ist:
Ich traue drauf, daß nicht zu traun dir steht;
Dein Wort ist eines Menschen eitler Odem.
Ja, glaube, daß ich dir nicht glaube, Mann;
Ich hab’ dawider eines Königs Eid.
Man soll dich strafen, daß du mich erschreckt:
Denn ich bin krank, empfänglich für die Furcht,
Von Leid bedrängt und also voller Furcht,
Bin Witwe, gattenlos, ein Raub der Furcht,
Ein Weib, geboren von Natur zur Furcht;
Und ob du nun bekennst, du scherztest nur,
Kommt doch kein Fried’ in die verstörten Geister,
Daß sie nicht bebten diesen ganzen Tag.
Was meinst du mit dem Schütteln deines Kopfes?
Was blickst du so betrübt auf meinen Sohn?
Was meint die Hand auf dieser deiner Brust?
Warum tritt diese Salzflut in dein Auge,
Gleich einem Strom, der stolz dem Bett entschwillt?
Sind diese Zeichen deines Worts Beteurer?
So sprich! Nicht ganz die vorige Erzählung,
Dies Wort nur: ob sie wahr sei oder nicht?
Salisbury
.
So wahr, wie Ihr gewiß für falsch die haltet,
Die schuld sind, daß Ihr wahr mein Wort erfindet.
Constanze
.
Oh, lehrst du mich, zu glauben dieses Leid,
So lehr’ du dieses Leid, mich umzubringen!
Laß Glauben sich und Leben so begegnen
Wie zwei verzweiflungsvoller Menschen Wut,
Wo jeder fällt und stirbt beim ersten Stoß.
Louis vermählt mit Blanca! Kind, wo bleibst du?
Frankreich mit England Freund? Was wird aus mir?
Fort, Mensch! Dein Anblick ist mir unerträglich:
Wie häßlich hat die Zeitung dich gemacht!
Salisbury
.
Was tat ich denn für Harm Euch, gute Fürstin,
Als daß ich sprach vom Harm, den andre tun?
Constanze
.
Der Harm ist so gehässig in sich selbst,
Daß, wer davon nur spricht, nicht harmlos bleibt.
Arthur
.
Beruhigt Euch, ich bitte, liebe Mutter!
Constanze
.
Wärst du, der mich beruhigt wünscht, abscheulich.
Häßlich und schändend für der Mutter Schoß!
Voll widerwärt’ger Flecke, garst’ger Makeln,
Lahm, albern, bucklicht, mißgeboren, schwarz.
Mit ekelhaften Mälern ganz bedeckt:
Dann fragt’ ich nichts danach, dann wär’ ich ruhig
Dann würd’ ich dich nicht lieben, und du wärst
Nicht wert der hohen Abkunft noch der
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