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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Rat der flücht’gen Jugend sei?
    York
.
    Quält Euch nicht selbst, noch greift den Odem an,
    Denn ganz umsonst kommt Rat zu seinem Ohr.
    Gaunt
.
    Oh, sagt man doch, daß Zungen Sterbender
    Wie tiefe Harmonie Gehör erzwingen;
    Wo Worte selten, haben sie Gewicht:
    Denn Wahrheit atmet, wer schwer atmend spricht,
    Nicht der, aus welchem Lust und Jugend schwätzt.
    Der wird gehört, der bald nun schweigen muß;
    Beachtet wird das Leben mehr zuletzt:
    Der Sonne Scheiden und Musik am Schluß
    Bleibt, wie der letzte Schmack von Süßigkeiten,
    Mehr im Gedächtnis als die frühern Zeiten:
    Wenn Richard meines Lebens Rat verlor,
    Des Todes Warnung trifft vielleicht sein Ohr.
    York
.
    Nein, das verstopfen andre Schmeicheltöne:
    Als Rühmen seines Hofstaats; dann Gesang
    Verbuhlter Lieder, deren gift’gem Klang
    Das offne Ohr der Jugend immer lauscht;
    Bericht von Moden aus dem stolzen Welschland,
    Dem unser blödes Volk, nach Art der Affen
    Nachhinkend, strebt sich knechtisch umzuschaffen.
    Wo treibt die Welt ’ne Eitelkeit ans Licht
    (Sei sie nur neu, so fragt man nicht, wie schlecht).
    Die ihm nicht schleunig würd’ ins Ohr gesummt?
    Zu spät kommt also Rat, daß man ihn höret,
    Wo sich der Wille dem Verstand empöret.
    Den leite nicht, der seinen Weg sich wählt:
    Denn du verschwendest Odem, der dir fehlt.
    Gaunt
.
    Ich bin ein neu begeisterter Prophet,
    Und so weissag’ ich über ihn, verscheidend:
    Sein wildes, wüstes Brausen kann nicht dauern,
    Denn heft’ge Feuer brennen bald sich aus;
    Ein sanfter Schau’r hält an, ein Wetter nicht,
    Wer frühe spornt, ermüdet früh sein Pferd,
    Und Speis’ erstickt den, der zu hastig speist.
    Die Eitelkeit, der nimmersatte Geier,
    Fällt nach verzehrtem Vorrat selbst sich an.
    Der Königsthron hier, dies gekrönte Eiland,
    Dies Land der Majestät, der Sitz des Mars,
    Dies zweite Eden, halbe Paradies,
    Dies Bollwerk, das Natur für sich erbaut,
    Der Ansteckung und Hand des Kriegs zu trotzen,
    Dies Volk des Segens, diese kleine Welt,
    Dies Kleinod, in die Silbersee gefaßt,
    Die ihr den Dienst von einer Mauer leistet,
    Von einem Graben, der das Haus verteidigt
    Vor weniger beglückter Länder Neid;
    Der segensvolle Fleck, dies Reich, dies England,
    Die Amm’ und schwangre Schoß erhabner Fürsten,
    An Söhnen stark und glorreich von Geburt;
    So weit vom Haus berühmt für ihre Taten,
    Für Christen-Dienst und echte Ritterschaft,
    Als fern im starren Judentum das Grab
    Des Weltheilandes liegt, der Jungfrau Sohn:
    Dies teure, teure Land so teurer Seelen,
    Durch seinen Ruf in aller Welt so teuer,
    Ist nun in Pacht, – ich sterbe, da ich’s sage, –
    Gleich einem Landgut oder Meierhof.
    Ja, England, eingefaßt vom stolzen Meer.
    Des Felsgestade jeden Wellensturm
    Des neidischen Neptunus wirft zurück,
    Ist nun in Schmach gefaßt, mit Tintenflecken
    Und Schriften auf verfaultem Pergament.
    England, das andern obzusiegen pflegte,
    Hat schmählich über sich nun Sieg erlangt.
    Oh, wich’ das Ärgernis mit meinem Leben,
    Wie glücklich wäre dann mein naher Tod!
    König Richard, die Königin, Aumerle, Bushy, Green, Bagot, Roß und Willoughby kommen.
    York
.
    Da kömmt der König; geht mit seiner Jugend
    Nur glimpflich um; denn junge hitz’ge Füllen,
    Tobt man mit ihnen, toben um so mehr.
    Königin
.
    Was macht mein edler Oheim Lancaster?
    König Richard
.
    Nun, Freund, wohlauf? Was macht der alte Gaunt?
    Gaunt
.
    Oh, wie der Name meinem Zustand ziemt!
    Wohl Gaunt: der Tod wird meinen Leib verganten;
    Und alter Gaunt, der längst den Gant erwartet.
    In Sorg’ um England zehrt’ ich mein Vermögen,
    Mein Bestes nahmst du mit dem Sohn mir weg:
    Nun machen böse Gläub’ger, Krankheit, Alter,
    Am alten Gaunt ihr altes Gantrecht gültig,
    Da wird er in sein Ganthaus Grab gebracht,
    Wo nichts von ihm zurückbleibt als Gebein.
    König Richard
.
    Und spielen Kranke so mit ihren Namen?
    Gaunt
.
    Nein, Elend liebt es, über sich zu spotten.
    Weil du den Namen töten willst mit mir,
    Schmeichl’ ich, sein spottend, großer König, dir.
    König Richard
.
    So schmeichelt denn, wer stirbt, dem, der noch lebt?
    Gaunt
.
    Nein, der noch lebet, schmeichelt dem, der stirbt.
    König Richard
.
    Du, jetzt im Sterben, sagst, du schmeichelst mir.
    Gaunt
.
    O nein, du stirbst, bin ich schon kränker hier.
    König Richard
.
    Ich bin gesund, ich atm’ und seh’ dich schlimm.
    Gaunt
.
    Der dich erschaffen, weiß, ich seh’ dich schlimm;
    Schlimm, da ich selbst mich seh’, und auch dich

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