Sämtliche Dramen
dachte, du wärst ein ignis fatuus oder ein Klumpen wildes Feuer gewesen, so ist für Geld nichts mehr zu haben. Oh, du bist ein beständiger Fackelzug, ein unauslöschliches Freudenfeuer! Du hast mir an die tausend Mark für Kerzen und Fackeln erspart, wenn ich mit dir nachts von Schenke zu Schenke wanderte; aber für den Sekt, den du mir getrunken hast, hätte ich bei dem teuersten Lichtzieher in Europa eben so wohlfeil Lichter haben können. Seit zweiunddreißig Jahren nunmehr habe ich diesen Euren Salamander mit Feuer unterhalten; der Himmel lohne es mir!
Bardolph
. Blitz! ich wollte, mein Gesicht säße Euch im Bauche!
Falstaff
. Gott steh’ mir bei! Da müßte ich sicher vor Sodbrennen umkommen.
Die Wirtin kommt.
Nun, Frau Kratzefuß die Henne! Habt Ihr’s noch nicht heraus, wer meine Taschen ausgeleert hat?
Wirtin
. Ei, Sir John! Was denkt Ihr, Sir John? Denkt Ihr, ich halte Diebe in meinem Hause? Ich habe gesucht, ich habe gefragt, mein Mann hat es auch, Mann für Mann, Jungen für Jungen, Bedienten für Bedienten. Es ist sonst niemals eine Haarspitze in meinem Hause weggekommen.
Falstaff
. Ihr lügt, Wirtin; Bardolph ist hier rasiert und hat gar manches Haar eingebüßt, und ich will drauf schwören, mir ist die Tasche ausgeleert. Geht mir, Ihr seid ein Weibsbild, geht!
Wirtin
. Wer? Ich? Das untersteh’ dich! So hat mich noch niemand in meinem eignen Hause geheißen.
Falstaff
. Geht mir, ich kenne Euch wohl.
Wirtin
. Nein, Sir John! Ihr kennt mich nicht, Sir John; ich kenne Euch, Sir John: Ihr seid mir Geld schuldig, Sir John, und nun zettelt Ihr einen Zank an, um mich darum zu betrügen: ich habe Euch ein Dutzend Hemden auf den Leib gekauft.
Falstaff
. Sackleinewand! Garstige Sackleinewand! Ich habe sie an Bäckerfrauen weggegeben, die haben Siebbeutel daraus gemacht.
Wirtin
. Nun, so wahr ich eine ehrliche Frau bin, holländische Leinewand für acht Schillinge die Elle! Ihr seid hier auch noch Geld für Eure Zehrung schuldig, Sir John, für Getränk und vorgeschoßnes Geld, an vierundzwanzig Pfund.
Falstaff
. Der hat auch sein Teil daran gehabt, laßt ihn bezahlen!
Wirtin
. Der? Ach Gott, der ist arm, der hat nichts.
Falstaff
. Was? Arm? Seht nur sein Gesicht an! Was nennt Ihr reich? Laßt ihn seine Nase ausmünzen, seine Backen ausmünzen, ich zahle keinen Heller. Was, wollt Ihr mich als einen Neuling zum besten haben? Soll ich keine Ruhe in meiner Herberge genießen können, ohne daß mir die Taschen ausgeleert werden? Ich bin um einen Siegelring von meinem Großvater gekommen, der vierzig Mark wert war.
Wirtin
. O Jemine, ich weiß nicht, wie oft ich den Prinzen habe sagen hören, der Ring wäre von Kupfer.
Falstaff
. Ei was, der Prinz ist ein Hanswurst, ein Schlucker; und wenn er hier wäre, so wollte ich ihn hundemäßig prügeln, wenn er das sagte.
Der Prinz und Poins kommen herein marschiert;
Falstaff geht dem Prinzen entgegen, der auf seinem Kommandostabe, wie auf einer Querpfeife, spielt.
Falstaff
. Was gibt’s, Bursch? Bläst der Wind aus der Ecke, wahrhaftig? Müssen wir alle marschieren?
Bardolph
. Ja, zwei je zwei, wie die Gefangnen nach Newgate.
Wirtin
. Gnädiger Herr, ich bitte Euch, hört mich!
Prinz Heinrich
. Was sagst du, Frau Hurtig? Was macht dein Mann? Ich mag ihn wohl leiden, es ist ein ehrlicher Mann.
Wirtin
. Bester Herr, hört mich!
Falstaff
. Bitte, laß sie gehn und höre auf mich!
Prinz Heinrich
. Was sagst du, Hans?
Falstaff
. Neulich Abend fiel ich hier hinter der Tapete in Schlaf, und da sind mir die Taschen ausgeleert. Dies ist ein schlechtes Haus geworden, sie leeren die Taschen aus.
Prinz Heinrich
. Was hast du verloren, Hans?
Falstaff
. Wirst du mir’s glauben, Heinz? Drei bis vier Assignationen, jede von vierzig Pfund, und einen Siegelring von meinem Großvater.
Prinz Heinrich
. Ein Bagatell, für acht Pfennige Ware.
Wirtin
. Das sagte ich ihm auch, gnädiger Herr, und ich sagte, ich hätte es Euer Gnaden sagen hören; und er spricht recht niederträchtig von Euch, so ein lästerlicher Mensch wie er ist; und er sagte, er wollte Euch prügeln.
Prinz Heinrich
. Was? Ich will nicht hoffen?
Wirtin
. Wenn’s nicht wahr ist, so ist keine Treue, keine Redlichkeit, keine Frauenschaft in mir zu finden.
Falstaff
. Du hast nicht mehr Treue, als gekochte Pflaumen; nicht mehr Redlichkeit, als ein abgehetzter Fuchs; und was Frauenschaft betrifft, so könnte Jungfer Mariane, die Mohrentänzerin, gegen dich die Frau des Aufsehers vom Quartiere
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