Sämtliche Dramen
Nam’: stammst du aus Cornwalls Brut?
König Heinrich
.
Nein, ich bin ein Wäl’scher.
Pistol
.
Kennst du Fluellen?
König Heinrich
.
Ja.
Pistol
.
Sag ihm, ich will sein Lauch ihm um den Kopf
Am Davids-Tage schlagen.
König Heinrich
. So tragt nur Euren Dolch nicht an der Mütze, damit er den nicht um den Eurigen schlägt.
Pistol
.
Bist du sein Freund?
König Heinrich
.
Auch sein Verwandter.
Pistol
.
So biet’ ich figo dir.
König Heinrich
.
Ich dank’ Euch: Gott geleit’ Euch
Pistol
.
Mein Name heißt Pistol.
Ab.
König Heinrich
.
Er paßt gut zu Eurem Trotz.
Fluellen und Gower kommen von verschiedenen Seiten.
Gower
. Kapitän Fluellen.
Fluellen
. Nun, im Namen Jessu Christi, sprecht doch leiser! Es ist das Allerverwunderlichste in der sämtlichen Welt, wenn die wahren und uralten Prifilegien und Gesetze des Krieges nicht beobachtet sein. Wenn Ihr Euch nur die Mühe nehmen wolltet, die Kriege von Pompejus dem Großen zu untersuchen, so werdet Ihr finden, dafür stehe ich Euch, daß im Lager des Pompejus kein Schnickschnack und Wischewasche ist; ich stehe Euch dafür, Ihr werdet finden daß die Cärimonien des Krieges, und die Sorgfalt in selbigem, und die Sitten in selbigem, und die Nüchternheit in selbigem, und die Bescheidenheit in selbigem ganz anders sein.
Gower
. Ei, der Feind ist laut, man hat ihn die ganze Nacht hören können.
Fluellen
. Wenn der Feind ein Esel ist, und ein Narr, und ein plappernder Hasenfuß, denkt Ihr, es sei schicklich, daß wir auch, seht Ihr, ein Esel und ein Narr und ein plappernder Hasenfuß sein? Ich frage Euch auf Euer Gewissen.
Gower
. Ich will leiser sprechen.
Fluellen
. Ich bitte Euch und ersuche Euch, daß Ihr’s tut.
Gower und Fluellen ab.
König Heinrich
.
Erscheint es gleich ein wenig aus der Mode,
Der Wäl’sche hat viel Sorgsamkeit und Mut.
Bates, Court und Williams kommen.
Court
. Bruder Johann Bates, ist das nicht der Morgen, was da anbricht?
Bates
. Ich denke, er ist’s, aber wir haben nicht viel Grund, die Annäherung des Tages zu verlangen.
Williams
. Wir sehen dort den Anbruch des Tages, aber ich denke, wir werden niemals sein Ende sehn. – Wer geht da?
König Heinrich
. Gut Freund.
Williams
. Unter welchem Hauptmann dient Ihr?
König Heinrich
. Unter Sir Thomas Erpingham.
Williams
. Ein guter alter Anführer, und ein sehr lieber Herr. Ich bitte Euch, wie denkt er von unserm Zustande?
König Heinrich
. Grade wie Menschen, die auf einer Sandbank gescheitert sind und erwarten, von der nächsten Flut weggewaschen zu werden.
Bates
. Hat er seinen Gedanken dem Könige nicht gesagt?
König Heinrich
. Nein, und er muß es auch nicht tun. Denn, ob ich es Euch schon sage, ich denke, der König ist nur ein Mensch, wie ich bin. Die Viole riecht ihm, wie sie mir tut, das Firmament erscheint ihm wie mir, alle seine Sinne stehen unter menschlichen Bedingungen; seine Zeremonien bei Seite gesetzt, erscheint er in seiner Nacktheit nur als ein Mensch, und wiewohl seine Neigungen einen höheren Schwung nehmen als unsre, so senken sie sich doch mit demselben Fittig, wenn sie sich senken. Daher wenn er Ursache zur Furcht sieht, wie wir tun, so ist seine Furcht ohne Zweifel von derselben Beschaffenheit wie unsre; doch sollte vernünftigerweise kein Mensch ihn mit einem Schein von Furcht einnehmen, damit er nicht, indem er sie verrät, seine Armee mutlos macht.
Bates
. Er mag äußerlich so viel Mut zeigen, als er will, aber ich glaube, so eine kalte Nacht, wie es ist, könnte er sich doch bis an den Hals in die Themse wünschen, und ich wollte auch, daß er drin säße und ich bei ihm, auf alle Gefahr, wenn wir nur hier los wären.
König Heinrich
. Bei meiner Treu’, ich will nach meinem Gewissen von dem Könige reden: ich denke, er wünscht sich nirgend anderswo hin, als wo er ist.
Bates
. Dann wollte ich, er wäre allein hier, so wäre er gewiß, ausgelöst zu werden, und manches armen Menschen Leben würde gerettet.
König Heinrich
. Ich darf sagen, Ihr wollt ihm nicht so übel, daß Ihr ihn hier allein wünschen solltet, wiewohl Ihr so sprechen mögt, um andrer Menschen Gesinnungen zu prüfen. Mich dünkt, ich könnte nirgends so zufrieden sterben, als in des Königs Gesellschaft, da seine Sache gerecht und sein Zwist ehrenvoll ist.
Williams
. Das ist mehr, als wir wissen.
Bates
. Ja, oder mehr, als wonach wir fragen dürfen, denn wir wissen genug, wenn wir wissen, daß wir des Königs Untertanen sind: wenn seine Sache
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