Sämtliche Dramen
nochmals muß ich Euch beschweren:
Kein Liebespfand für Seine Majestät?
Margareta
.
Ja, bester Herr: ein unbeflecktes Herz,
Von Liebe nie gerührt, send’ ich dem König.
Suffolk
.
Und dies zugleich.
Küßt sie.
Margareta
.
Das für dich selbst; ich will mich nicht erdreisten
Solch kindisch Pfand zu senden einem König.
Reignier und Margareta ab.
Suffolk
.
Oh, wärst du für mich selbst! – Doch, Suffolk, halt!
Du darfst nicht irren in dem Labyrinth,
Da lauern Minotaur’ und arge Ränke.
Nimm Heinrich ein mit ihrem Wunderlob,
Denk’ ihren unerreichten Gaben nach,
Den wilden Reizen, so die Kunst verdunkeln;
Erneu’ ihr Bildnis oft dir auf der See,
Damit, wenn du zu Heinrichs Füßen kniest,
Du seiner Sinne ihn beraubst vor Staunen.
Ab.
¶
Vierte Szene
Lager des Herzogs von York in Anjou.
York, Warwick und andre treten auf.
York
.
Führt vor die Zauberin, verdammt zum Feuer!
Die Pucelle kommt, von Wache umgeben, mit ihr ein Schäfer.
Schäfer
.
Ach, Jeanne! Dies bricht deines Vaters Herz,
Hab’ ich die Lande nah und fern durchsucht,
Und, nun sich’s trifft, daß ich dich ausgefunden,
Komm’ ich zu deinem frühen bittern Tode?
Ach, liebste Tochter, ich will mit dir sterben!
Pucelle
.
Elender Bettler! Abgelebter Knecht!
Von edlerm Blute bin ich abgestammt:
Du bist mein Vater noch mein Blutsfreund nicht.
Schäfer
.
Pfui, pfui! – Ihr Herrn, erlaubt, dem ist nicht so;
Das ganze Kirchspiel weiß, ich zeugte sie;
Die Mutter, noch am Leben, kann’s bezeugen,
Daß sie der Erstling meines Eh’stands war.
Warwick
.
Ruchlose! Willst du deine Sippschaft leugnen?
York
.
Dies zeigt, was für ein Leben sie geführt,
Verderbt und bös, und so beschließt sie’s auch.
Schäfer
.
O pfui doch, Jeanne, so verstockt zu sein!
Gott weiß, du bist von meinem Fleisch und Blut,
Und deinethalb vergoß ich manche Träne;
Verleugne doch mich nicht, mein liebstes Kind!
Pucelle
.
Pack’ dich, du Bauer! Ihr habt den Mann bestellt,
Um meines Adels Krone zu verdunkeln.
Schäfer
.
’s ist wahr, ich gab dem Priester eine Krone,
Den Morgen, als ich ihre Mutter freite. –
Knie’ hin und laß dich segnen, gutes Mädchen!
Du weigerst dich? Verflucht sei denn die Zeit,
Wo du zur Welt kamst! Wollt’ ich doch, die Milch,
Die du an deiner Mutter Brüsten sogst,
Wär’ deinetwillen Rattengift gewesen!
Und, wenn du meine Lämmer triebst zur Weide,
Wollt’ ich, dich hätt’ ein gier’ger Wolf verzehrt!
Verleugnest du den Vater, garst’ge Dirne?
Verbrennt, verbrennt sie! Hängen ist zu gut.
Ab.
York
.
Schafft sie hinweg! Sie hat zu lang’ gelebt,
Die Welt mit ihren Lastern zu erfüllen.
Pucelle
.
Laßt mich euch sagen erst, wen ihr verdammt.
Nicht mich, erzeugt von Hirten auf der Flur,
Nein, aus der Könige Geschlecht entsprossen;
Heilig und tugendsam; erwählt von droben,
(Durch himmlische Begeist’rung reich begnadigt,)
Auf Erden hohe Wunder zu bewirken.
Mit bösen Geistern hatt’ ich nie zu tun;
Doch ihr, befleckt von euren eignen Lüsten,
Besudelt mit der Unschuld reinem Blut,
Verderbt und angesteckt von tausend Lastern:
Weil euch die Gnade fehlt, die andre haben,
So achtet ihr’s für ein unmöglich Ding,
Ein Wunder wirken, ohne Macht der Teufel.
Nein, Mißbelehrte! Wißt, daß Jeanne d’Arc
Seit ihrer zarten Kindheit Jungfrau blieb,
Selbst in Gedanken keusch und unbefleckt;
Daß ihr jungfräulich Blut, so streng vergossen,
Um Rache schrein wird an des Himmels Toren.
York
.
Ja, ja, nur fort mit ihr zur Hinrichtung!
Warwick
.
Und, Leute, hört: weil sie ein Mädchen ist,
So spart das Reisig nicht, gebt ihr genug,
Stellt Tonnen Pech noch um den Todespfahl,
Damit ihr so die Marter ihr verkürzt.
Pucelle
.
Kann eure starren Herzen nichts erweitern?
So gib denn, Jeanne, deine Schwachheit kund,
Die, dem Gesetz gemäß, ein Vorrecht dir gewährt. –
[Hört, schwanger bin ich, blut’ge Schlächter ihr!]
Drum mordet nicht die Frucht in meinem Schoß,
Schleppt ihr auch mich zum Tod gewaltsam hin.
York
.
Verhüt’ es Gott! Die heil’ge Jungfrau schwanger?
Warwick
.
Das größte Wunder, das Ihr je vollbracht!
Kam’s dahin mit der strengen Züchtigkeit?
York
.
Sie und der Dauphin hielten’s mit einander;
Ich dacht’ es, was die Ausflucht würde sein.
Warwick
.
Schon gut! Wir lassen keinen Bastard leben,
Wenn Karl der Vater sein muß, noch dazu.
Pucelle
.
Ihr irret Euch, mein Kind ist nicht von ihm;
Alençon war’s, der
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