Sämtliche Dramen
Hund zu schlagen, find’t sich bald ein Stock.
Kardinal
.
Mein Oberherr, sein Schmähn ist unerträglich.
Wenn die, so Eure fürstliche Person
Vor des Verrats verstecktem Dolch bewahren,
Getadelt so, gehöhnt, gescholten werden
Und man dem Schuld’gen Raum zu reden gibt,
Es muß den Eifer für Eu’r Gnaden kühlen.
Suffolk
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Hat er nicht unsre Fürstin hier gezwackt
Mit schmäh’nden Worten, klüglich zwar gestellt,
Als ob sie Leute angestiftet hätte,
Zum Umsturz seiner Würde falsch zu schwören?
Königin
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Ich kann ja den Verlierer schelten lassen.
Gloster
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Viel wahrer als Ihr’s meintet! Wohl verlier’ ich:
Fluch den Gewinnern, denn sie spielten falsch!
Wer so verliert, der hat wohl Recht zu reden.
Buckingham
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Er wird mit Deuteln hier den Tag verbringen.
Lord Kardinal, er ist in Eurer Haft.
Kardinal
.
Ihr, bringt den Herzog fort, verwahrt ihn sicher!
Gloster
.
Ach, so wirft Heinrich seine Krücke weg,
Eh’ seine Beine stark sind, ihn zu tragen;
So schlägt man dir den Schäfer von der Seite,
Und Wölfe blecken, wer dich erst soll schlingen.
Ach, wäre meine Furcht, wär’ sie doch Wahn!
Dein Unheil, guter König, seh’ ich nahn.
Einige aus dem Gefolge mit Gloster ab.
König Heinrich
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Lords, was das beste eurer Weisheit dünkt,
Beschließt, verwerft, als ob wir selbst hier wären.
Königin
.
Eu’r Hoheit will das Parlament verlassen?
König Heinrich
.
Ja, Margareta! Gram ertränkt mein Herz,
Und seine Flut ergießt sich in die Augen;
Umgürtet ist mein Leib mit Elend ganz,
Denn kann elender was als Mißmut sein?
Ach, Oheim Humphrey! Dein Gesicht enthält
Den Abriß aller Ehr’ und Biederkeit,
Und noch, du Guter, soll die Stunde kommen,
Wo ich dich falsch erprobt und dir mißtraut.
Welch finstrer Stern beneidet jetzt dein Glück,
Daß diese großen Lords und mein Gemahl
Dein harmlos Leben zu verderben trachten?
Du kränktest niemals sie und kränktest keinen;
Und wie das Kalb der Metzger nimmt und bindet’s,
Und schlägt das arme, wenn es abwärts schweift,
So haben sie ihn grausam weggeführt.
Und wie die Mutter brüllend läuft umher,
Hinsehend, wo ihr Junges von ihr geht,
Und kann nichts tun, als um ihr Herzblatt jammern:
So jammr’ ich um des guten Glosters Fall
Mit hülflos leid’gen Tränen, seh’ ihm nach
Mit trübem Aug’, und kann nichts für ihn tun,
So mächtig sind, die Feindschaft ihm geschworen.
Drum will ich gehn und weinen um sein Los,
Und zwischen jedem Ächzen sag’ ich immer:
Wer ist Verräter? Gloster nun und nimmer!
Ab.
Königin
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Ihr freien Lords, Schnee schmilzt vom Sonnenstrahl.
Heinrich, mein Gatt’, ist kalt in großen Dingen,
Zu voll von blödem Mitleid; und Glosters Schein
Betört ihn, wie das traur’ge Krokodil
Mit Weh gerührte Wanderer bestrickt,
Wie eine Schlang’, auf Blumenhöh’n geringelt,
Mit gleißend buntem Balg, den Knaben sticht,
Dem sie der Schönheit halb vortrefflich dünkt.
Glaubt mir, wenn niemand weiser wär’ als ich
(Und doch lob’ ich hierin den eignen Witz),
Der Gloster würde dieser Welt bald los,
Von unsrer Furcht vor ihm uns loszumachen.
Kardinal
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Zwar, daß er sterb’, ist würd’ge Politik,
Doch braucht’s Beschönigung für seinen Tod.
Man muß ihn nach des Rechtes Lauf verdammen.
Suffolk
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Nach meinem Sinn wär’ das nicht Politik.
Der König wird sich mühn für seine Rettung;
Das Volk steht auf vielleicht für seine Rettung;
Und dennoch haben wir nur kahlen Grund,
Mehr als Verdacht, des Tods ihn wert zu zeigen.
York
.
Demnach begehrt Ihr seinen Tod nicht sehr.
Suffolk
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Ah, York, kein Mensch auf Erden wünscht ihn mehr!
York
.
York hat am meisten Grund zu seinem Tod. –
Doch, Mylord Kardinal, und Ihr, Mylord von Suffolk,
Sagt, wie ihr denkt, und sprecht vom Herzen weg:
Wär’s nicht all eins, den hungrigen Adler setzen
Zum Schutz des Küchleins vor dem gier’gen Geier
Und Herzog Humphrey zum Protektor stellen?
Königin
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So wär’ des armen Küchleins Tod gewiß.
Suffolk
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Ja, gnäd’ge Frau; und wär’s nicht Raserei,
Dem Fuchs der Hürde Aufsicht zu vertraun?
Verklagte man als schlauen Mörder ihn,
So würd’ es seine Schuld nur schlecht bemänteln,
Daß er den Vorsatz noch nicht ausgeführt.
Nein, sterb’ er, sintemal ein Fuchs er ist,
Als Feind der Herde von Natur bewährt,
Eh’ purpurn Blut den Rachen ihm befleckt,
Wie Gloster, unsers Herrn erwiesner Feind.
Und hängt an Skrupeln nicht, wie man ihn
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