Sämtliche Dramen
betrübt?
Richard
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Ich kann nicht froh sein, bis ich sicher weiß,
Was unser tapfrer Vater ist geworden.
Ich sah ihn streifen durch die Schlacht umher
Gab acht, wie er heraus den Clifford suchte;
Mir schien’s, er nahm sich in der dicht’sten Schar
So wie ein Löw’ in einer Herde Rinder,
So wie ein Bär, von Hunden ganz umringt,
Der bald ein paar so zwickt und macht sie schrein,
Da nur von fern die andern nach ihm bellen.
So macht’ es unser Vater mit den Feinden,
So flohn die Feinde meinen tapfern Vater:
Mich dünkt, sein Sohn zu sein, ist Ruhms genug.
Sieh, wie sein goldnes Tor der Morgen öffnet
Und Abschied von der lichten Sonne nimmt!
Wie sie erscheint in aller Jugendfülle,
Schmuck wie ein Buhler, der zur Liebsten eilt!
Eduard
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Bin ich geblendet, oder seh’ drei Sonnen?
Richard
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Drei lichte Sonnen, jede ganz vollkommen;
Nicht unterbrochen durch die zieh’nden Wolken,
Von blassem klarem Himmel rein getrennt.
Sieh, sieh! sie nahn, umarmen, küssen sich,
Als ob sie einen heil’gen Bund gelobten,
Sind jetzt ein Schein, ein Licht nur, eine Sonne.
Der Himmel deutet ein Begegnis vor.
Eduard
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’s ist wundersam, man hörte nie dergleichen.
Ich denk’, es mahnt uns, Bruder, in das Feld.
Daß wir, die Söhne Held Plantagenets,
Ein jeder strahlend schon durch sein Verdienst,
Vereinen sollen dennoch unsre Lichter,
Wie dies die Welt, die Erde zu erleuchten.
Was es auch deuten mag, ich will hinfüro
Drei Sonnengötter auf der Tartsche tragen.
Richard
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Nein, laßt sie weiblich bilden: denn, vergönnt,
Ihr mögt das Weibchen lieber als das Männchen.
Ein Bote tritt auf.
Doch wer bist du, des trüber Blick ein Unglück,
Auf deiner Zunge schwebend, ahnden läßt?
Bote
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Ach, einer, der mit Jammer angesehn,
Wie daß der edle Herzog York erlag,
Eu’r hoher Vater und mein lieber Herr.
Eduard
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O sprich nicht mehr! Ich hörte schon zu viel.
Richard
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Sag, wie er starb, denn ich will alles hören.
Bote
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Umzingelt war er von der Feinde Menge,
Und er bestand sie, wie die Hoffnung Trojas
Die Griechen, die in Troja dringen wollten.
Doch weicht selbst Herkules der Übermacht,
Und viele Streich’, obwohl von kleiner Art,
Haun um und fällen selbst die härtste Eiche.
Eu’r Vater ward besiegt von vielen Händen,
Allein ermordet bloß vom grimm’gen Arm
Des wilden Clifford und der Königin.
Den gnäd’gen Herzog krönte sie zum Hohn,
Lacht’ ihm ins Angesicht, und als er weinte,
Gab die Barbarin ihm, sich abzutrocknen,
Ein Tuch, getaucht in das schuldlose Blut
Des jungen Rutland, welchen Clifford schlug;
So nahmen sie, nach vielem Spott und Schimpf,
Sein Haupt, und aufgesteckt am Tor von York
Ward selbiges; und da verbleibt es nun,
Das jammervollste Schauspiel, das ich sah.
Eduard
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Geliebter York, der unsre Stütze war!
Uns bleibt kein Stab noch Halt, nun du dahin.
O Clifford, rauher Clifford! Du erschlugst
Europas Blüt’ und Zier im Rittertum;
Und hast verräterisch ihn überwunden,
Denn, Stirn an Stirn, hätt’ er dich überwunden.
Nun ward der Seele Palast mir zum Kerker:
Ach, bräche sie doch los! daß dieser Leib
Zur Ruh’ im Boden eingeschlossen würde;
Denn nie werd’ ich hinfort mich wieder freun,
Niemals, o niemals werd’ ich Freud’ erleben.
Richard
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Ich kann nicht weinen: alles Naß in mir
G’nügt kaum, mein lichterlohes Herz zu löschen;
Auch kann die Zunge nicht mein Herz entlasten:
Derselbe Hauch, womit sie sprechen sollte,
Schürt Kohlen an, die ganz die Brust durchglühn
Mit Flammen, welche Tränen löschen würden.
Wer weint, vermindert seines Grames Tiefe:
Drum, Tränen für die Kinder, Rache mir!
Richard, dein Nam’ ist mein, ich will dich rächen,
Wo nicht, so sterb’ ich rühmlich im Versuch.
Eduard
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Dir ließ der tapfre Herzog seinen Namen,
Sein Herzogtum und Stuhl blieb mir zurück.
Richard
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Nein, stammst du von dem königlichen Adler,
So zeig’ es auch durch Schauen in die Sonne:
Statt Herzogtum und Stuhl sag Thron und Reich;
Dein muß dies sein, sonst bist du nicht der seine.
Ein Marsch. Warwick und Montague kommen mit Truppen.
Warwick
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Nun, lieben Lords! wie steht’s? Was gibt es Neues?
Richard
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Wenn wir die grause Zeitung, großer Warwick,
Erzählen sollten und bei jedem Wort
Mit Dolchen uns zerfleischen, bis zum Schluß:
Der Worte Pein wär’ ärger ab der Wunden.
O tapfrer Lord, der Herzog York ist tot!
Eduard
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O Warwick! Warwick! der Plantagenet,
Der wert dich
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