Sämtliche Dramen
Eduard! Tapfrer Richard! Montague!
Laßt uns nicht länger hier von Taten träumen:
Blast die Trompeten, und an unser Werk!
Richard
.
Nun, Clifford, wär’ dein Herz so hart als Stahl,
Wie deine Taten steinern es gezeigt,
Ich will’s durchbohren oder meins dir geben.
Eduard
.
So rührt die Trommeln. – Gott und Sankt Georg!
Ein Bote tritt auf.
Warwick
.
Wie nun? Was gibt’s?
Bote
.
Der Herzog Norfolk meldet euch durch mich,
Die Königin sei nah mit starkem Heer;
Er wünscht mit euch sich schleunig zu beraten.
Warwick
.
So ziemt’s sich, wackre Krieger; laßt uns fort!
Alle ab.
¶
Zweite Szene
Vor York.
König Heinrich, Königin Margareta, der Prinz von Wales, Clifford und Northumberland treten auf mit Truppen.
Margareta
.
Willkommen vor der wackern Stadt von York!
Dort steht, mein Fürst, das Haupt von jenem Erzfeind,
Der sich mit Eurer Kron’ umgeben wollte.
Erquickt der Gegenstand nicht Euer Herz?
König Heinrich
.
Ja, so wie Klippen die, so Schiffbruch fürchten;
Mir tut der Anblick in der Seele weh. –
O straf’ nicht, liebster Gott! Ich war nicht schuld,
Noch hab’ ich wissentlich den Schwur verletzt.
Clifford
.
Mein gnäd’ger Fürst, die allzu große Milde
Und schädlich Mitleid müßt Ihr von Euch tun.
Wem wirft der Löwe sanfte Blicke zu?
Dem Tier nicht, das sich drängt in seine Höhle.
Und wessen Hand ist’s, die der Waldbär leckt?
Nicht dessen, der sein Junges vor ihm würgt.
Wer weicht der Schlange Todesstachel aus?
Nicht wer den Fuß auf ihren Rücken setzt.
Der kleinste Wurm, getreten, windet sich,
Und Tauben picken, ihre Brut zu schützen.
Ehrgeizig strebte York nach deiner Krone:
Du lächeltest, wann er die Stirn gefaltet,
Er, nur ein Herzog, wollte seinen Sohn
Zum König machen, seinen Stamm erhöhn,
Als liebevoller Vater; du, ein König.
Der mit so wackerm Sohn gesegnet ist,
Gabst deine Beistimmung, ihn zu enterben,
Was dich als höchst lieblosen Vater zeigte.
Es nähren unvernünft’ge Kreaturen
Die Brut, und scheun sie gleich des Menschen Antlitz,
Doch, zur Beschirmung ihrer zarten Kleinen,
Wer sah nicht oft sie mit denselben Schwingen,
Die sie wohl sonst zu banger Flucht gebraucht,
Auf den sich werfen, der ihr Nest erklomm,
Ihr Leben bietend zu der Jungen Schutz?
Schämt Euch, mein Fürst, und wählt zum Vorbild sie!
Wär’s nicht ein Jammer, wenn der wackre Knabe
Sein Erbrecht durch des Vaters Schuld verlöre
Und spräch’ zu seinem Kind in Zukunft einst:
»Was mein Großvater und mein Urgroßvater
Erwarben, gab mein Vater töricht weg?«
Ach! welche Schande wär’s! Sieh auf den Knaben
Und laß sein männlich Antlitz, das die Gunst
Des Glücks verheißt, dein schmelzend Herz dir stählen,
Was dein, zu halten, ihm, was dein, zu lassen.
König Heinrich
.
Wohl zeigte Clifford seine Redekunst
Und brachte Gründe vor von großer Kraft.
Doch sag mir, Clifford, hast du nie gehört,
Daß schlecht Erworbnes immer schlecht gerät?
Und war es immer glücklich für den Sohn,
Des Vater in die Hölle sich gekargt?
Ich lasse meine tugendhaften Taten
Dem Sohn zurück: und hätte doch mein Vater
Mir auch nicht mehr gelassen! Alles andre
Bringt tausendmal mehr Sorge zu bewahren,
Als im Besitz ein Tüttelchen von Lust. –
Ach, Vetter York! daß deine Freunde wüßten,
Wie es mich kümmert, daß dein Kopf da steht!
Margareta
.
Mein Fürst, ermuntert Euch! Der Feind ist nah,
Und dieser weiche Mut schwächt Eure Leute.
Dem hoffnungsvollen Sohn gelobtet Ihr
Den Ritterschlag: zieht denn das Schwert und gebt ihn.
Eduard, knie nieder!
König Heinrich
.
Eduard Plantagenet, steh als Ritter auf
Und zieh’ dein Schwert nur für des Rechtes Lauf!
Prinz
.
Mit Eurer höchsten Gunst, mein gnäd’ger Vater:
Ich will es als des Thrones Erbe ziehn
Und in dem Streit es bis zum Tode führen.
Clifford
.
Das heißt gesprochen wie ein kühner Prinz.
Ein Bote tritt auf.
Bote
.
Ihr königlichen Feldherrn, seid bereit!
Mit einem Heer von dreißigtausend Mann
Kommt Warwick, für des Herzogs York Partei,
Und ruft, wie sie entlang ziehn in den Städten,
Ihn aus zum König, und ihm folgen viele.
Reiht eure Scharen, denn sie sind zur Hand.
Clifford
.
Will Eure Hoheit nicht das Schlachtfeld räumen?
In Eurem Absein hat die Königin
Den glücklichsten Erfolg.
Margareta
.
Ja, bester Herr,
Tut das, und überlaßt uns unserm Schicksal.
König Heinrich
.
Das ist mein Schicksal auch, drum will ich
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