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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Beispiel.
    Griffith
.
    Fromm, erzählt man mir, verschied er.
    Denn als der mächt’ge Graf Northumberland
    Zu York ihn festgesetzt und ungesäumt
    Als einen Hartbeschuldigten verhört,
    Erkrankt’ er plötzlich schwer und konnte nicht
    Auf seinem Maultier sitzen.
    Katharina
.
    Armer Mann! –
    Griffith
.
    Endlich, nach häuf’ger Rast, erreicht’ er Leister,
    Wo ihn im Klosterhof der würd’ge Abt
    Samt dem Konvent mit aller Ehr’ empfing.
    Dem sagt’ er dieses Wort: »O Vater Abt!
    Ein Greis, zerknickt im wilden Sturm des Staats,
    Legt hier bei Euch sein müdes Haupt zur Ruh’;
    Gönnt aus Erbarmen ihm ein wenig Erde!« –
    Man bracht’ ihn gleich zu Bett; die Krankheit stieg
    Anhaltend heft’ger, und am dritten Abend,
    Just um die achte Stund’, in der er selbst
    Vorausgesagt sein Ende, – gab er reuig,
    Versenkt in Tränen, Sorg’ und tiefer Andacht,
    Der ird’schen Welt den eitlen Ruhm zurück,
    Sein geistlich Teil dem Herrn, und starb in Frieden.
    Katharina
.
    So schlaf’ er auch, leicht sei’n ihm seine Fehle! –
    Das einz’ge, Griffith, sag’ ich noch von ihm,
    Und doch in aller Lieb’ – er war ein Mann
    Von ungezähmtem Stolz, der Fürsten stets
    Sich gleich gezählt; ein Mann, des heimlich Trachten
    Das Reich gefesselt; geistlich Recht war feil,
    Gesetz sein Wille, Wahrheit widerrief er
    Am Hof, zweizüngig überall erscheinend
    In Red’ und Sinn: nie zeigt’ er Mitleid je,
    Als wenn er Untergang beschloß im Herzen.
    Sein Wort, gleich seinem vor’gen Selbst, gewaltig,
    Doch sein Erfüllen nichtig, gleich dem jetz’gen.
    Er sündigte im Fleisch und gab dadurch
    Dem Klerus schlechtes Beispiel.
    Griffith
.
    Edle Frau,
    Der Menschen Tugend schreiben wir in Wasser,
    Ihr böses Treiben lebt in Erz: vergönnt Ihr
    Mir jetzt wohl auch sein Lob?
    Katharina
.
    Ja, guter Griffith,
    Sonst wär’ ich boshaft.
    Griffith
.
    Dieser Kardinal,
    Wenn schon von niederm Stand, war unbezweifelt
    Für großen Ruhm geschaffen. Seit der Wiege
    Erschien er leicht auffassend, reif und tüchtig,
    Unendlich klug, beredsam, überzeugend,
    Den Abgeneigten herb und schroff gesinnt,
    Allein dem Freunde liebreich, wie der Sommer.
    Und war er gleich im Nehmen unersättlich –
    (Was sündlich ist), so zeigt’ er, Fürstin, sich
    Im Geben königlich: – Des zeugen ewig
    Des Wissens Zwillinge, so er Euch schuf,
    Ipswich und Oxford! – Jenes fiel mit ihm,
    Nicht wollt’ es seine Wohltat überleben;
    Dies aber, zwar unfertig, doch so glänzend,
    So trefflich in der Kunst, so stät im Wachsen,
    Daß in Europa nie sein Ruhm vergehn wird.
    Sein Sturz hat Heil gesammelt über ihm,
    Denn nun, – und nicht bis dahin, – kannt’ er sich
    Und sah den Segen ein, gering zu sein;
    Und daß er höhern Ruhm dem Alter schüfe,
    Als der von Menschen kommt, starb er, Gott fürchtend.
    Katharina
.
    Nach meinem Tod wünsch’ ich zum Herold mir,
    Der meines Lebens Taten aufbewahre
    Und meinen Leumund rette vor Verwesung,
    So redlichen Chronisten als mein Griffith.
    Den ich zumeist gehaßt, den muß ich nun
    Durch deine fromme Wahrheitslieb’ und Demut
    Im Grab noch ehren. Friede sei mit ihm! –
    Patienza, geh nicht von mir; leg’ mich tiefer,
    Du hast nicht lang’ mehr all die Mühe – Griffith,
    Laß die Musik die trübe Weise spielen,
    Die ich mein Grabgeläute hab’ genannt,
    Derweil ich sitz’ und denk’ an den Gesang
    Der Himmel, dem ich bald entgegengehe.
    Eine traurige und feierliche Musik.
    Griffith
.
    Sie schläft – setz’ still dich nieder, liebes Mädchen,
    Sonst wecken wir sie. Still, gute Patienza! –
    Traumgesicht. Sechs Gestalten in weißen Gewändern, Lorbeerkränze auf dem Haupt, goldne Masken vor dem Gesicht und Palmenzweige in den Händen, schweben langsam auf die Bühne. Sie begrüßen Katharinen und tanzen darauf. Bei gewissen Wendungen halten die ersten zwei einen schmalen Blumenkranz über ihrem Haupt, während die vier übrigen sich ehrerbietig neigen. Dann wiederholt das nächstfolgende, und endlich das letzte Paar dieselbe Handlung. Die Fürstin gibt schlafend Zeichen der Freude, wie durch höhere Eingebung, und streckt beide Hände gen Himmel. Darauf verschwinden die Gestalten und nehmen den Kranz mit sich hinweg. Die Musik währt fort.
    Katharina
.
    Wo seid ihr, sel’ge Geister? All’ verschwunden?
    Und laßt mich hier zurück in meinem Elend?
    Griffith
.
    Hier sind wir, gnäd’ge Frau.
    Katharina
.
    Euch rief ich nicht;
    Doch saht Ihr niemand, als ich schlief?
    Griffith
.
    Nein,

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