Sämtliche Dramen
abgeschlagen
Und jetzt nicht nehmen können; ihn zu ehren,
Der mehr zu wirken hoffte, gab ich nach
Sehr wenig nur. Doch neuer Sendung, Bitte,
Sei’s nun vom Staat, von Freunden, leih’ ich nun
Mein Ohr nicht mehr. – Ha! welch ein Lärm ist das?
Geschrei hinter der Szene.
Werd’ ich versucht, zu brechen meinen Schwur,
Indem ich ihn getan? Ich werd’ es nicht.
Es treten auf Virgilia, Volumnia, die den jungen Marcius an der Hand führt, Valeria mit Gefolge. Alle in Trauer.
Mein Weib voran, dann die ehrwürd’ge Form,
Die meinen Leib erschuf, an ihrer Hand
Der Enkel ihres Bluts. – Fort, Sympathie!
Brecht, all ihr Band’ und Rechte der Natur!
Sei’s tugendhaft, in Starrsinn fest zu bleiben!
Was gilt dies Beugen mir? dies Taubenauge,
Das Götter lockt zum Meineid? – Ich zerschmelze!
Und bin nicht festre Erd’ als andre Menschen. –
Ha! meine Mutter beugt sich –
Als wenn Olympus sich vor kleinem Hügel
Mit Flehen neigte; und mein junger Sohn
Hat einen Blick der Bitt’, aus dem allmächtig
Natur schreit: »Weigre’s nicht!« – Nein, pflüge auf
Der Volsker Rom, verheer’ Italien! – Nimmer
Soll, wie unflügge Brut, Instinkt mich führen;
Ich steh’, als wär’ der Mensch sein eigner Schöpfer
Und kennte keinen Ursprung.
Virgilia
.
Herr und Gatte!
Coriolanus
.
Mein Auge schaut nicht mehr wie sonst in Rom.
Virgilia
.
Der Gram, der uns verwandelt hat, macht dich
So denken.
Coriolanus
.
Wie ein schlechter Spieler jetzt
Vergaß ich meine Roll’ und bin verwirrt,
Bis zur Verhöhnung selbst. – Blut meines Herzens!
Vergib mir meine Tyrannei; doch sage
Drum nicht: »Vergib den Römern!« – Oh! ein Kuß,
Lang wie mein Bann und süß wie meine Rache!
Nun, bei der Juno Eifersucht, den Kuß
Nahm ich, Geliebte, mit, und meine Lippe
Hat ihn seitdem jungfräulich treu bewahrt.
Ihr Götter! wie? ich huld’ge?
Und aller Mütter edelste der Welt
Blieb unbegrüßt? – Mein Knie, sink’ in die Erde,
Drück’ tiefer deine Pflicht dem Boden ein,
Als jeder andre Sohn!
Er kniet nieder.
Volumnia
.
Steh auf gesegnet!
Daß, auf nicht weicherm Kissen als der Stein,
Ich vor dir knie’ und Huld’gung neuer Art
Dir weihe, die bisher ganz falsch verteilt
War zwischen Kind und Eltern.
Sie kniet.
Coriolanus
.
Was ist das?
Ihr vor mir knien? vor dem bestraften Sohn?
Dann mögen Kiesel von der sand’gen Bucht
Frech an die Sterne springen; rebell’sche Winde
Die Feuersonn’ mit stolzen Zedern peitschen,
Mordend Unmöglichkeit, zum Kinderspiel
Zu machen das, was ewig nie kann sein.
Volumnia
.
Du bist mein Krieger,
Ich hoffe fügsam. Kennst du diese Frau?
Coriolanus
.
Die edle Schwester des Publicola.
Die Luna Roms, keusch, wie die Zacken Eis,
Die aus dem reinsten Schnee der Frost geformt
Am Heiligtum Dianens. Seid gegrüßt, Valeria!
Volumnia
.
Dies ein kleiner Auszug von dir selbst,
Der durch die Auslegung erfüllter Jahre
Ganz werden kann wie du.
Coriolanus
.
Der Gott der Krieger,
Mit Beistimmung des höchsten Zeus, erziehe
Zum, Adel deinen Sinn, daß du dich stählst,
Der Schande unverwundbar, und im Krieg
Ein groß Seezeichen stehst, die Winde höhnend,
Die rettend, die dir nachsehn!
Volumnia
.
Knie’ nieder, Bursch!
Coriolanus
.
Das ist mein wackrer Sohn.
Volumnia
.
Er und dein Weib, die Frau hier und ich selbst
Sind Flehende vor dir.
Coriolanus
.
Ich bitt’ Euch, still!
Wo nicht, bedenket dies, bevor Ihr sprecht:
Was zu gewähren ich verschwor, das nehmt nicht
Als Euch verweigert; heißt mich nicht entlassen
Mein Heer; nicht, wieder unterhandeln mit
Den Handarbeitern Roms; nicht sprecht mir vor,
Worin ich unnatürlich scheine; denkt nicht
Zu sänft’gen meine Wut und meine Rache
Mit Euren kältern Gründen!
Volumnia
.
Oh! nicht mehr! nicht mehr!
Du hast erklärt, du willst uns nichts gewähren;
Denn nichts zu wünschen haben wir, als das,
Was du schon abschlugst; dennoch will ich wünschen,
Daß, weichst du unsern Bitten aus, der Tadel
Nur deine Härte treffen mag. Drum hör’ uns!
Coriolanus
.
Aufidius und ihr Volsker, merkt, wir hören
Nichts in geheim von Rom. Nun, Eure Bitte?
Volumnia
.
Wenn wir auch schwiegen, sagte doch dies Kleid
Und unser bleiches Antlitz, welch ein Leben
Seit deinem Bann wir führten. Denke selbst,
Wie wir, unsel’ger als je Frau’n auf Erden,
Dir nahn! Dein Anblick, der mit Freudentränen
Die Augen füllen soll, das Herz mit Wonne,
Netzt sie mit Leid, die Brust erbebt
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