Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
Vom Netzwerk:
ab.
    Pandarus
. Ist’s möglich? Wie gewonnen, so zerronnen? Hole der Teufel diesen Antenor! Der junge Prinz wird den Verstand verlieren. Zum Henker mit diesem Antenor! Ich wollte, sie hätten ihm den Hals gebrochen! –
    Cressida kommt.
    Cressida
. Wie nun? Was gibt es hier? Wer kam vorhin?
    Pandarus
. Ach, ach! –
    Cressida
.
    Was seufzt Ihr so? Wo ist mein Liebster? Fort?
    Sagt, lieber Ohm, was ist geschehn?
    Pandarus
. Ich wollte, ich wäre so tief unter der Erde, als ich drüber bin! –
    Cressida
. O Götter! Nun, was ist geschehn? –
    Pandarus
. Ach, geh nur hinein. Wärst du doch nie geboren! Ich wußte es wohl, du würdest sein Tod sein. Oh, der arme, junge Mann! Verdammter Antenor!
    Cressida
.
    Mein bester Ohm, auf meinen Knie’n beschwör’ ich,
    Ich fleh’ Euch, sagt, was ist geschehn? –
    Pandarus
. Du mußt fort, Kind, du sollst fort; du bist für den Antenor ausgewechselt; zu deinem Vater sollst du, und den Troilus verlassen. Das wird sein Tod sein, das überlebt er nicht, das bringt ihn um! –
    Cressida
. O ihr Unsterblichen! Ich gehe nicht! –
    Pandarus
. Du mußt!
    Cressida
.
    Ich will nicht, Ohm. Was frag’ ich nach dem Vater!
    Was ist Verwandtschaft mir? Nein, keine Seele,
    Nicht Freundschaft, Lieb’ und Blut sind mir so nah
    Als du, herzliebster Troilus. O Götter,
    Laßt Cressida der Falschheit Gipfel heißen,
    Wenn sie dich je verläßt! Zeit, Not und Tod,
    Tut diesem Leben euer Äußerstes;
    Doch meiner Liebe starker Bau und Grund
    Ist wie der Erde ew’ger Mittelpunkt,
    Der alles an sich zieht. Ich will hinein
    Und weinen.
    Pandarus
.
    Ja, mein Kind.
    Cressida
.
    Zerraufen will ich
    Mein glänzend Haar; die schönen Wangen furchen,
    Die Stimme heiser schluchzen, und mein Herz
    Zersprengen mit dem Namen Troilus: –
    Ich will nicht fort von Troja! –
    Sie gehn ab.
    ¶

Dritte Szene
    Straße.
    Es treten auf Paris, Troilus, Äneas, Diomedes und Gefolge.
    Paris
.
    Es ist schon heller Morgen, und die Stunde,
    Sie abzuliefern diesem tapfern Griechen,
    Rückt schnell heran. Mein bester Troilus,
    Sag du der Dame, was ihr nah bevorsteht,
    Und heiß’ sie eilen.
    Troilus
.
    Geht ins Haus hinein;
    Ich sende sie dem Griechen ungesäumt; –
    Und seine Hand, wenn ich sie überliefre,
    Ist der Altar, dein Bruder Troilus
    Der Priester, der sein eignes Herz dort opfert.
    Troilus ab.
    Paris
.
    Ich weiß, was Lieben heißt, und wünschte nur,
    Ich könnte dir, wie Mitleid, Hülfe bieten. –
    Beliebt’s, ihr Herrn, so geht hinein!
    Sie gehn ab.
    ¶

Vierte Szene
    Garten.
    Pandarus und Cressida treten auf.
    Pandarus
.
    Sei mäßig, Kind, sei mäßig!
    Cressida
.
    Was sprecht Ihr mir von Mäßigung? Der Schmerz,
    Den ich empfind’, ist geistig, tief, erschöpfend,
    Und ganz so groß und heftig, wie die Ursach’,
    Die ihn erzeugt: wie kann ich ihn da mäß’gen?
    Wenn meine Liebe mit sich handeln ließe,
    Daß sie dem kältern, schwächern Sinn genügte,
    So könnt’ ich eben so den Schmerz auch kühlen;
    Mein Sehnen duldet kein vermittelnd Lindern,
    So großes Leid vermag nicht Trost zu mindern.
    Troilus kommt.
    Pandarus
. Hier, hier, hier kommt er. Ach die lieben Täubchen!
    Cressida
. O Troilus! Troilus!
    Pandarus
. Welch ein Schauspiel! Das arme Paar! Laßt mich euch auch umarmen. – O Herz – wie’s im alten Liede steht –
    O Herz, o volles Herz,
    Was seufzest du, und brichst nicht?
    Und er antwortet hernach:
    Weil du nicht lindern kannst den Schmerz,
    Drum wend’st du dich, und sprichst nicht.
    Nie gab’s einen so wahren Reim. Man muß nichts wegwerfen, denn wir können’s alle erleben, solchen Vers nötig zu haben; wir sehn es, wir sehn es. Nun, meine Lämmchen? –
    Troilus
.
    Ich liebe dich mit solcher seltnen Reinheit,
    Daß sel’ge Götter, meiner Liebe zürnend, –
    Die heißer als Gebet, von kalten Lippen
    Der Gottheit dargebracht, – dich mir entreißen!
    Cressida
.
    Sind Götter neidisch?
    Pandarus
.
    Ja, ja! Da sieht man’s deutlich!
    Cressida
.
    Und ist es wahr? Muß ich von Troja scheiden?
    Troilus
.
    Verhaßte Wahrheit!
    Cressida
.
    Auch von Troilus?
    Troilus
.
    Von Troja wie von Troilus!
    Cressida
.
    Unmöglich!
    Troilus
.
    Und augenblicks, so daß des Schicksals Hohn
    Das Lebewohl zurückweist; jede Muße
    Grausam versagt; arglistig unsern Lippen
    Alle Vereinung wehrt; gewaltsam hemmt
    Der Lieb’ Umarmung und den Schwur erstickt
    Im Kreißen und Geburtsschmerz unsres Atems.
    Wir beide, die wir uns mit tausend Seufzern
    Gewonnen, müssen ärmlich uns

Weitere Kostenlose Bücher