Sämtliche Dramen
große Herren, und dadurch nehmen sie zu.
Timon
. Das ist eine unanständige Andeutung.
Apemantus
. Wenn du sie deutest, nimm sie für deine Mühe!
Timon
. Wie gefällt dir dieser Edelstein, Apemantus?
Apemantus
. Nicht so gut als Aufrichtigkeit, die doch keinem Menschen einen Heller kostet.
Timon
. Wie viel denkst du, daß er wert sei?
Apemantus
. Nicht meines Denkens wert. – Wie steht’s Poet?
Dichter
. Wie steht’s, Philosoph?
Apemantus
. Du lügst.
Dichter
. Bist du keiner?
Apemantus
. Ja.
Dichter
. So lüg’ ich nicht.
Apemantus
. Bist du nicht ein Poet?
Dichter
. Ja.
Apemantus
. So lügst du: sieh nur in dein neuestes Werk, wo du ersinnst, er sei ein würd’ger Mensch.
Dichter
. Das ist nicht ersonnen, er ist es wirklich.
Apemantus
. Ja, er ist deiner wert, um dich für deine Arbeit zu bezahlen: wer die Schmeichelei liebt, ist des Schmeichlers würdig. Himmel, wäre ich doch ein Lord!
Timon
. Was wolltest du dann tun, Apemantus?
Apemantus
. Dasselbe, was Apemantus jetzt tut, einen Lord von Herzen hassen.
Timon
. Wie, dich selbst?
Apemantus
. Ja.
Timon
. Weshalb?
Apemantus
. Daß mir aller grimmige Witz fehlte, um Lord zu bleiben. – Bist du nicht ein Kaufmann?
Kaufmann
. Ja, Apemantus.
Apemantus
. Der Handel richte dich zugrunde, wenn es die Götter nicht tun!
Kaufmann
. Wenn es der Handel tut, so tun es die Götter.
Apemantus
. Der Handel ist dein Gott, und dein Gott richte dich zugrunde!
Trompeten. Es tritt ein Diener auf.
Timon
.
Was für Trompeten?
Diener
.
Alcibiades,
Mit zwanzig Rittern, seinen Kriegsgefährten.
Timon
.
Geht, führt sie ein, geleitet sie zu uns!
Einige aus dem Gefolge gehn ab.
Ihr müßt heut mit mir speisen: – geht nicht fort,
Bis ich Euch dankte; nach der Mahlzeit dann
Zeigt uns das Bild! – Erfreut, Euch hier zu sehn!
Alcibiades und seine Gefährten treten auf.
Willkommen, Freund!
Sie begrüßen sich.
Apemantus
.
So, so, nun geht es los! –
Gicht lähm’ und dörr’ euch die geschmeid’gen Glieder! –
Von Liebe nichts in all den süßen Schuften,
Und lauter Höflichkeit! Die Menschenbrut
Renkt sich in Aff und Pavian noch hinein.
Alcibiades
.
Ihr stilltet meine Sehnsucht, und ich schweige
In Gier an Eurem Anblick.
Timon
.
Sehr willkommen!
Und eh’ wir scheiden, eint uns manche Stunde
In Freud’ und Lust. Ich bitte, tretet ein!
Alle gehn ab, außer Apemantus.
Zwei Lords treten auf.
Erster Lord
.
Was ist die Zeit am Tage, Apemantus?
Apemantus
.
Zeit, daß man ehrlich ist.
Erster Lord
.
Die Zeit ist immer.
Apemantus
.
Um so verruchter du, sie nie zu nutzen.
Zweiter Lord
.
Gehst zu Lord Timons Fest?
Apemantus
.
Ja, um zu sehn, wie Schurken Speise nährt
Und Narren Wein erhitzt.
Zweiter Lord
.
Leb wohl, leb wohl!
Apemantus
. Du bist ein Narr, daß du mir’s zweimal sagst.
Zweiter Lord
. Warum, Apemantus?
Apemantus
. Du hättest das eine für dich behalten sollen, denn ich denke dir keines zu geben.
Erster Lord
. Geh, häng’ dich auf!
Apemantus
. Nein, ich tue nichts auf deinen Befehl: bring’ deine Gesuche bei deinem Freunde an!
Zweiter Lord
. Fort, du zänkischer Hund, oder ich stoße dich mit dem Fuß hinaus.
Apemantus
. Ich will, wie der Hund, die Hufen des Esels fliehen. Apemantus geht ab.
Erster Lord
.
Er ist ein Widerspiel der Menschheit. Kommt hinein,
Laßt Timons Güt’ uns kosten, sie ist reicher
Als selbst das Herz der Milde.
Zweiter Lord
.
Er strömt sie aus; Plutus, der Gott des Goldes,
Ist sein Verwalter nur: wer ihn beschenkt,
Wird siebenfach belohnt; und keine Gabe,
Die nicht Vergeltung ihrem Geber bringt,
Weit über alles Maß.
Erster Lord
.
Das edelste
Gemüt hat er, das je im Menschen herrschte.
Zweiter Lord
.
Er lebe lang’ und glücklich! Woll’n wir gehn!
Erster Lord
.
Ja, ich begleite Euch.
Sie gehn ab.
¶
Zweite Szene
Prunksaal in Timons Hause.
Hoboen, laute Musik. Ein großes Bankett wird angerichtet.
Flavius und andre Diener. Dann treten auf: Timon, Alcibiades, Lucius Sempronius, Lucullus, Ventidius und andre Senatoren und Gefolge. Zuletzt Apemantus.
Ventidius
.
Erlauchter Timon, Götterratschluß sandte
Zur langen Ruh’ den greisen Vater hin.
Er schied beglückt und hinterließ mich reich:
Drum, wie mich Lieb’ und Dankbarkeit verpflichten,
Erstatt’ ich deiner Großmut die Talente,
Zugleich dir dienstergeben, der durch sie
Mir Freiheit schuf.
Timon
.
O nimmermehr, Ventidius!
Rechtschaffner Mann, da kränkt Ihr meine Liebe;
Ich
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