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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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geist’ge Kraft
    Aus diesem Auge blitzt!
    Wie Phantasie Sich auf der Lippe regt! stumme Gebärdung,
    Die jeder möcht’ in Worten deuten.
    Maler
.
    Wohl leidlich hübsch das Leben nachgeäfft;
    Hier ist ein Zug, der spricht!
    Dichter
.
    Ich möchte sagen,
    Er meistert die Natur: kunstreiches Streben
    Lebt in der Farb’ lebend’ger als das Leben.
    Einige Senatoren treten ein und gehn nach den innern Gemächern.
    Maler
.
    Wie viele Freunde hat der Edle!
    Dichter
.
    Athen’sche Senatoren! – Die Beglückten!
    Maler
.
    Schaut, mehr noch!
    Dichter
.
    Seht den Zusammenfluß, den Schwall der Freunde! –
    In diesem rohen Werk zeichn’ ich ’nen Mann,
    Den diese ird’sche Welt umfängt und hegt
    Mit reichster Gunst; mein freier Zug wird nirgend
    Gehemmt durch einzelnes, nein, segelt fort
    In weiter, klarer See: kein boshaft Zielen
    Vergiftet eine Silbe meiner Fahrt;
    Sie fliegt den Adlerflug, kühn, stets gradaus,
    Kein Wölkchen hinter sich.
    Maler
.
    Wie soll ich Euch verstehn?
    Dichter
.
    Ich will es Euch entriegeln.
    Ihr seht, wie alle Ständ’ und alle Menschen,
    Sowohl von leicht geschmeid’gem Sinn, als auch
    Von strenger, ernster Art, dem Timon weihn
    In Demut ihren Dienst. Sein großer Reichtum,
    Umkleidend seinen adlig güt’gen Sinn,
    Bezwingt und kauft für seine Lieb’ und Herrschaft
    Ein jeglich Herz. Ja, von des Schmeichlers Spiegelantlitz,
    Zu Apemantus selbst, der nichts so liebt,
    Als er sich selber haßt: auch er beugt ihm
    Sein Knie, und kehrt in Frieden heim, bereichert
    Vom Nicken Timons.
    Maler
.
    Ich sah’s, er sprach mit ihm.
    Dichter
.
    Ich stelle dar auf lieblich grünem Hügel
    Fortuna thronend: an dem Fuß des Berges
    Gedrängte Reih’n von jedem Stand und Wesen,
    Die auf der Wölbung dieser Sphäre streben,
    Ihr Glück zu steigern; unter allen diesen,
    Die auf die Königin den Blick geheftet,
    Stell’ ich den einen dar in Timons Bildung,
    Den zu sich winkt Fortunas elfne Hand;
    Die volle Gunst verkehrt in Sklaven völlig,
    Die eben Mitbewerber waren.
    Maler
.
    Herrlich!
    Fortuna und der Thron und Hügel, dünkt mich,
    Der ein’, herauf gewinkt von allen unten,
    Sein Haupt geneigt zum steilen Berg hinan,
    Sein Glück erklimmend, wär’ ein schöner Vorwurf
    Für unsre Kunst.
    Dichter
.
    Nein, hört nur weiter, Freund:
    All jene (die noch eben ihm Kam’raden,
    Ja, manch’ ihm vorzuziehn), von dem Moment
    Folgend nur seinem Pfad; Vorplatz und Hof
    Mit Dienst belagernd;
    Vergötternd Flüstern gießend in sein Ohr,
    Selbst seinen Bügel heil’gend, trinken sie
    Die freie Luft durch ihn.
    Maler
.
    Nun, und was weiter?
    Dichter
.
    Wenn nun Fortun’, in Laun’ und Wankelmut,
    Herab stößt ihren Günstling: all sein Troß,
    Der hinter ihm den Berg hinauf sich mühte,
    Auf Knie’n und Händen selbst, läßt hin ihn stürzen;
    Nicht einer, der ihm folgt in seinem Fall.
    Maler
.
    Das ist gewöhnlich.
    Ich kann der Art Euch tausend Bilder weisen,
    Die auch des Glückes schnellen Wandel malen,
    Lebend’ger als das Wort. Doch tut Ihr wohl,
    Zeigt Ihr Lord Timon, daß geringe Augen
    Den Fuß schon höher als das Haupt gesehn.
    Timon tritt auf mit Begleitung, ein Diener des Ventidius spricht mit ihm.
    Timon
.
    Verhaftet ist er, sagst du?
    Diener
.
    Ja, Herr, und fünf Talent’ ist seine Schuld,
    Klein sein Vermögen, seine Gläub’ger hart;
    Eu’r edles Fürwort spricht er an, bei denen,
    Die ihn gefangen setzten; fehlt ihm dies,
    So stirbt sein Trost.
    Timon
.
    Edler Ventidius! Gut!
    Nicht meine Weis’ ist’s, abzuschütteln Freunde,
    Wenn meiner sie bedürfen. Weiß ich doch,
    Sein edler Sinn ist solcher Hülfe wert:
    Die wird ihm: denn ich zahl’, und er sei frei.
    Diener
.
    Euer Gnaden wird auf ewig ihn verbinden.
    Timon
.
    Empfiehl mich ihm! Gleich send’ ich seine Lösung;
    Nachdem er frei, bitt’ ihn, zu mir zu kommen: –
    Denn nicht genug, dem Schwachen aufzuhelfen,
    Auch stützen muß man ihn. – So fahre wohl!
    Diener
.
    Sei alles Glück mit meinem gnäd’gen Herrn!
    Diener geht ab.
    Ein alter Athenienser tritt auf.
    Athenienser
.
    Lord Timon, hör’ mich an!
    Timon
.
    Sprich, guter Alter
    Athenienser
.
    Du hast ’nen Diener, der Lucilius heißt?
    Timon
.
    So ist’s: Was soll er?
    Athenienser
.
    Höchst edler Timon, lass’ ihn vor dich kommen!
    Timon
.
    Ist er hier im Gefolge? – He, Lucilius!
    Lucilius
vortretend.
    Hier, zu Euer Gnaden Dienst!
    Athenienser
.
    Der Mensch hier, edler Timon, er, dein Knecht,
    Kommt abends oft zu mir. Ich bin ein Mann,
    Der von

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