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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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mit dem Teufel zugehen –
    Clavigo (geht nach dem Tisch) .
    Carlos .
    Höre! Ein Wort! Wenn ich’s so recht bedenke, ist das ein einfältiger Vorschlag. Wer sind wir, um uns gegen einen aufgebrachten Abenteurer zu wagen? Und die Aufführung des Menschen, sein Stand verdient nicht, dass wir ihn für unsresgleichen achten. Also hör’ mich! Wenn ich ihn nun peinlich anklage, dass er heimlich nach Madrid gekommen, sich bei dir unter einem falschen Namen mit einem Helfershelfer anmelden lassen, dich erst mit freundlichen Worten vertraulich gemacht, dann dich unvermutet überfallen, eine Erklärung dir abgenötigt und sie auszustreuen weggegangen ist – das bricht ihm den Hals: Er soll erfahren, was das heißt, einen Spanier mitten in der bürgerlichen Ruhe zu befehden.
    Clavigo .
    Du hast recht.
    Carlos .
    Wenn wir nun aber unterdessen, bis der Prozess eingeleitet ist, bis dahin uns der Herr noch allerlei Streiche machen könnte, das Gewisse spielten und ihn kurz und gut beim Kopfe nähmen?
    Clavigo .
    Ich verstehe und kenne dich, dass du Mann bist, es auszuführen.
    Carlos .
    Nun auch! Wenn ich, der ich schon fünfundzwanzig Jahre mitlaufe und dabei war, da den Ersten unter den Menschen die Angsttropfen auf dem Gesichte standen – wenn ich so ein Possenspiel nicht entwickeln wollte! Und somit lassest du mir freie Hand; du brauchst nichts zu tun, nichts zu schreiben. Wer den Bruder einstecken lässt, gibt pantomimisch zu verstehen, dass er die Schwester nicht mag.
    Clavigo .
    Nein, Carlos: Es gehe, wie es wolle, das kann, das werd’ ich nicht leiden. Beaumarchais ist ein würdiger Mensch, und er soll in keinem schimpflichen Gefängnisse verschmachten um seiner gerechten Sache willen. Einen andern Vorschlag, Carlos, einen andern!
    Carlos .
    Pah! Pah! Kindereien! Wir wollen ihn nicht fressen, er soll wohl aufgehoben und versorgt werden, und lang kann’s auch nicht währen. Denn siehe, wenn er spürt, dass es Ernst ist, kriecht sein theatralischer Eifer gewiss zum Kreuz; er kehrt bedutzt nach Frankreich zurück und dankt auf das höflichste, wenn man ja seiner Schwester ein jährliches Gehalt aussetzen will, warum’s ihm vielleicht einzig und allein zu tun war.
    Clavigo .
    So sei’s denn! Nur verfahrt gut mit ihm.
    Carlos .
    Sei unbesorgt. – Noch eine Vorsicht! Man kann nicht wissen, wie’s verschwätzt wird, wie er Wind kriegt, und er überläuft dich, und alles geht zugrunde. Drum begib dich aus deinem Hause, dass auch kein Bedienter weiß, wohin. Lass nur das Nötigste zusammenpacken. Ich schicke dir einen Burschen, der dir’s forttragen und dich hinbringen soll, wo dich die heilige Hermandad selbst nicht findet. Ich hab’ so ein paar Mauslöcher immer offen. Adieu!
    Clavigo .
    Leb’ wohl!
    Carlos .
    Frisch! Frisch! Wenn’s vorbei ist, Bruder, wollen wir uns laben. (Ab.)
    (Guilberts Wohnung.)
    Sophie Guilbert . Marie Beaumarchais mit Arbeit.
    Marie .
    So ungestüm ist Buenco fort?
    Sophie .
    Das war natürlich. Er liebt dich, und wie konnte er den Anblick des Menschen ertragen, den er doppelt hassen muss?
    Marie .
    Er ist der beste, tugendhafteste Bürger, den ich je gekannt habe. (Ihr die Arbeit zeigend.) Mich dünkt, ich mach’ es so? Ich ziehe das hier ein, und das Ende steck’ ich hinauf. Es wird gut stehen.
    Sophie .
    Recht gut. Und ich will Pailleband zu dem Häubchen nehmen! Es kleidet mich keins besser. Du lächelst?
    Marie .
    Ich lache über mich selbst. Wir Mädchen sind doch eine wunderliche Nation: Kaum heben wir den Kopf nur ein wenig wieder, so ist gleich Putz und Band, was uns beschäftigt.
    Sophie .
    Das kannst du dir nicht nachsagen; seit dem Augenblick, da Clavigo dich verließ, war nichts imstande, dir eine Freude zu machen.
    Marie (fährt zusammen und sieht nach der Tür) .
    Sophie .
    Was hast du?
    Marie (beklemmt) .
    Ich glaubte, es käme jemand! Mein armes Herz! O, es wird mich noch umbringen. Fühl’, wie es schlägt, von dem leeren Schrecken.
    Sophie .
    Sei ruhig. Du siehst blass; ich bitte dich, meine Liebe!
    Marie (auf die Brust deutend) .
    Es drückt mich hier so. – Es sticht mich so. – Es wird mich umbringen.
    Sophie .
    Schone dich.
    Marie .
    Ich bin ein närrisches unglückliches Mädchen. Schmerz und Freude haben mit all ihrer Gewalt mein armes Leben untergraben. Ich sage dir, es ist nur halbe Freude, dass ich ihn wieder habe. Ich werde das Glück wenig genießen, das mich in seinen Armen erwartet; vielleicht gar nicht.
    Sophie .
    Schwester, meine liebe Einzige! Du

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