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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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mir bang!
    Sophie .
    Mein Freund!
    Söller .
    Nein, nun wird’s matt;
    Ich bin der Freundschaft nun in allen Gliedern satt
    Und wollte, weil sie sich doch nichts zu sagen wissen,
    Sie ging’ nun ihrer Weg’ und ließe mir das Küssen!
    Alcest .
    Geliebteste!
    Sophie .
    Mein Freund, noch diesen letzten Kuss,
    Und dann leb’ wohl!
    Acest .
    Du gehst?
    Sophie .
    Ich gehe – denn ich muss.
    Alcest .
    Du liebst mich, und du gehst?
    Sophie .
    Ich geh’ – weil ich dich liebe.
    Ich würde einen Freund verlieren, wenn ich bliebe.
    Es strömt der Klagen Lauf am liebsten in der Nacht,
    An einem sichern Ort, wo nichts uns zittern macht.
    Man wird vertraulicher, je ruhiger man klaget;
    Allein für mein Geschlecht ist es zu viel gewaget.
    Zu viel Gefahren sind in der Vertraulichkeit.
    Ein schmerzerweichtes Herz in dieser sichern Zeit
    Versagt dem Freunde nicht den Mund zu Freundschaftsküssen.
    Ein Freund ist auch ein Mensch –
    Söller .
    Sie scheint es gut zu wissen.
    Sophie .
    Leb’ wohl und glaube mir, dass ich die Deine sei.
    Söller .
    Das Ungewitter zieht mir nah am Kopf vorbei.
    (Sophie ab. Alcest begleitet sie durch die Mitteltür, die offen bleibt. Man sieht sie beide in der Ferne zusammen stehn.)
    Söller .
    Für diesmal nimm fürlieb! Hier ist nicht viel zu sinnen!
    Der Augenblick macht Luft, nur frisch mit dir von hinnen!
    (Aus dem Alkoven und schnell durch die Seitentür ab.)
Fünfter Auftritt
    Söller im Alkoven.
    Alcest (zurückkommend) .
    Was willst du nun, mein Herz! – Es ist doch wunderbar!
    Dir bleibt das liebe Weib noch immer, was sie war.
    Hier ist die Dankbarkeit für jene goldnen Stunden
    Des ersten Liebesglücks nicht ganz hinweg geschwunden.
    Was hab’ ich nicht gedacht! Was hab’ ich nicht gefühlt!
    Und jenes Bild ist hier noch nicht herausgespült,
    Wie mir die Liebe sie vollkommen herrlich zeigte,
    Das Bild, dem sich mein Herz in tiefer Ehrfurcht neigte.
    Wie anders ist mir’s nicht, wie heller seit der Zeit?
    Und doch bleibt ihr ein Rest von jener Helligkeit.
    Bekenn’ es ehrlich nur, was dich hieher getrieben;
    Nun wendet sich das Blatt, fängst wieder an zu lieben,
    Und die Freigeisterei, und was du fern gedacht,
    Der Hohn, den du ihr sprachst, der Plan, den du gemacht –
    Wie anders sieht das aus! Wird dir nicht heimlich bange?
    Gewiss, eh’ du sie fängst, so hat sie dich schon lange!
    Nun das ist Menschenlos! Man rennt wohl öfters an,
    Und wer viel drüber sinnt, ist noch weit übler dran.
    Nur jetzt das Nötigste! Ich muss die Art erdenken,
    Um ihr gleich morgen früh was bares Geld zu schenken.
    Im Grund ist’s doch verflucht – Ihr Schicksal drückt mich sehr:
    Ihr Mann, der Lumpenhund, macht ihr das Leben schwer.
    Ich hab’ just noch so viel. Lass sehn! Ja, es wird reichen.
    Wär’ ich auch völlig fremd, sie müsste mich erweichen;
    Allein es liegt mir nur zu tief in Herz und Sinn,
    Dass ich gar vieles schuld an ihrem Elend bin. –
    Das Schicksal wollt’ es so! Ich konnt’s einmal nicht hindern;
    Was ich nicht ändern kann, das will ich immer lindern.
    (Er macht die Schatulle auf.)
    Was Teufel? Was ist das? Fast die Schatulle leer!
    Von allem Silbergeld ist nicht das Viertel mehr.
    Das Gold hab’ ich bei mir. Ich hab’ die Schlüssel immer!
    Erst seit dem Nachmittag! Wer war denn wohl im Zimmer?
    Sophie? – Pfui! – Ja, Sophie! – Unwürd’ge Grille, fort!
    Mein Diener? – O! Der liegt an einem sichern Ort;
    Er schläft. – Der gute Kerl, er ist gewiss nicht schuldig!
    Allein wer sonst? – Bei Gott! Es macht mich ungeduldig.
     
 * 
Dritter Aufzug
    (Die Wirtsstube.)
Erster Auftritt
    Der Wirt (im Schlafrock, im Sessel neben dem Tisch, worauf ein bald abgebranntes Licht, Kaffeezeug, Pfeifen und die Zeitungen. Nach den ersten Versen steht er auf und zieht sich in diesem Auftritt und dem Anfange des folgenden an) .
    Ach, der verfluchte Brief bringt mich um Schlaf und Ruh!
    Es ging wahrhaftig nicht mit rechten Dingen zu!
    Unmöglich scheint es mir, das Rätsel aufzulösen:
    Wenn man was Böses tut, erschrickt man vor dem Bösen.
    Es war nicht mein Beruf, drum kam die Furcht mich an;
    Und doch für einen Wirt ist es nicht wohlgetan
    Zu zittern, wenn’s im Haus rumort und geht und knistert;
    Denn mit Gespenstern sind die Diebe nah verschwistert.
    Es war kein Mensch zu Haus, nicht Söller, nicht Alcest;
    Der Kellner konnt’s nicht sein, die Mägde schliefen fest.
    Doch halt! – In aller Früh, so zwischen drei und viere,
    Hört’ ich ein leis Geräusch, es

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