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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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ging Sophiens Türe.
    Sie war vielleicht wohl selbst der Geist, vor dem ich floh.
    Es war ein Weibertritt, Sophie geht ebenso.
    Allein, was tat sie da? – Man weiß, wie’s Weiber machen:
    Sie visitieren gern und sehn der Fremden Sachen
    Und Wäsch’ und Kleidergern. Hätt’ ich nur dran gedacht,
    Ich hätte sie erschreckt und dann sie ausgelacht.
    Sie hätte mit gesucht, der Brief wär’ nun gefunden;
    Jetzt ist die schöne Zeit so ungebraucht verschwunden!
    Verflucht! Zur rechten Zeit fällt einem nie was ein,
    Und was man Gutes denkt, kommt meist erst hinterdrein.
Zweiter Auftritt
    Der Wirt . Sophie .
    Sophie .
    Mein Vater! Denken Sie! –
    Wirt .
    Nicht einmal guten Morgen?
    Sophie .
    Verzeihen Sie, Papa! Mein Kopf ist voller Sorgen.
    Wirt .
    Warum?
    Sophie .
    Alcestens Geld, das er nicht lang erhielt,
    Ist miteinander fort.
    Wirt .
    Warum hat er gespielt?
    Sie bleiben nicht davon.
    Sophie .
    Nicht doch! Es ist gestohlen!
    Wirt .
    Wie?
    Sophie .
    Ei, vom Zimmer weg!
    Wirt .
    Den soll der Teufel holen,
    Den Dieb! Wer ist’s? Geschwind!
    Sophie .
    Wer’s wüsste!
    Wirt .
    Hier, im Haus?
    Sophie .
    Ja, von Alcestens Tisch, aus der Schatull’ heraus.
    Wirt .
    Und wann?
    Sophie .
    Heut Nacht!
    Wirt (für sich) .
    Das ist für meiner Neugiersünden!
    Die Schuld kommt noch auf mich, man wird den Wachsstock finden.
    Sophie (für sich) .
    Er ist bestürzt und murrt. Hätt’ er so was getan?
    Im Zimmer war er doch, der Wachsstock klagt ihn an.
    Wirt (für sich) .
    Hat es Sophie wohl selbst? Verflucht! Das wär’ noch schlimmer!
    Sie wollte gestern Geld und war heut Nacht im Zimmer.
    (Laut.)
    Das ist ein dummer Streich! Gib acht! Der tut uns weh;
    Wohlfeil und sicher sein, ist unsre Renommee.
    Sophie .
    Ja! Er verschmerzt es wohl, uns wird es sicher schaden:
    Es wird am Ende doch dem Gastwirt aufgeladen.
    Wirt .
    Das weiß ich nur zu sehr. Es bleibt ein dummer Streich.
    Wenn’s auch ein Hausdieb ist, ja, wer entdeckt ihn gleich?
    Das macht uns viel Verdruss!
    Sophie .
    Es schlägt mich gänzlich nieder.
    Wirt (für sich) .
    Aha, es wird ihr bang.
    (Laut, etwas verdrießlicher.)
    Ich wollt’, er hätt’ es wieder!
    Ich wär’ recht froh.
    Sophie (für sich) .
    Es scheint, die Reue kommt ihm ein.
    (Laut.)
    Und wenn er’s wieder hat, so mag der Täter sein,
    Wer will; man sagt’s ihm nicht, und ihn bekümmert’s weiter
    Auch nicht.
    Wirt (für sich) .
    Wenn sie’s nicht hat, bin ich ein Bärenhäuter!
    (Laut.)
    Du bist ein gutes Kind, und mein Vertraun zu dir –
    Wart’ nur! (Er geht, nach der Türe zu sehn.)
    Sophie (für sich) .
    Bei Gott! Er kommt und offenbart sich mir!
    Wirt .
    Ich kenne dich, Sophie, du pflegtest nie zu lügen –
    Sophie .
    Eh’ hab’ ich aller Welt als Ihnen was verschwiegen.
    Drum hoff’ ich dieses Mal auch zu verdienen –
    Wirt .
    Schön!
    Du bist mein Kind, und was geschehn ist, ist geschehn.
    Sophie .
    Es kann das beste Herz in dunkeln Stunden fehlen.
    Wirt .
    Wir wollen uns nicht mehr mit dem Vergangnen quälen.
    Dass du im Zimmer warst, das weiß kein Mensch als ich.
    Sophie (erschrocken) .
    Sie wissen –?
    Wirt .
    Ich war drin, du kamst, ich hörte dich;
    Ich wusst’ nicht, wer es war, und lief, als käm’ der Teufel.
    Sophie (vor sich) .
    Ja, ja, er hat das Geld! Nun ist es außer Zweifel.
    Wirt .
    Erst jetzo fiel mir ein, ich hört’ dich heute früh.
    Sophie .
    Und was vortrefflich ist, es denkt kein Mensch an Sie.
    Ich fand den Wachsstock –
    Wirt .
    Du?
    Sophie .
    Ich!
    Wirt .
    Schön, bei meinem Leben!
    Nun sag’, wie machen wir’s, dass wir’s ihm wiedergeben?
    Sophie .
    Sie sagen: „Herr Alcest! Verschonen Sie mein Haus,
    Das Geld ist wieder da, ich hab’ den Dieb heraus.
    Sie wissen selbst, wie leicht Gelegenheit verführet;
    Doch kaum war es entwandt, so war er schon gerühret,
    Bekannt’ und gab es mir. Da haben Sie’s! Verzeihn
    Sie ihm!“ – Gewiss, Alcest wird gern zufrieden sein.
    Wirt .
    So was zu fädeln, hast du eine seltne Gabe.
    Sophie .
    Ja, bringen Sie’s ihm so!
    Wirt .
    Gleich! Wenn ich’s nur erst habe.
    Sophie .
    Sie haben’s nicht?
    Wirt .
    Ei nein! Wo hätt’ ich es denn her?
    Sophie .
    Woher?
    Wirt .
    Nun ja! Woher? Gabst du mir’s denn?
    Sophie .
    Und wer
    Hat’s denn?
    Wirt .
    Wer’s hat?
    Sophie .
    Jawohl! Wenn Sie’s nicht haben?
    Wirt .
    Possen!
    Sophie .
    Wo taten Sie’s denn hin?
    Wirt .
    Ich glaub’, du bist geschossen!
    Hast du’s denn nicht?
    Sophie .
    Ich?
    Wirt .
    Ja!
    Sophie .
    Wie käm’ ich denn

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