Sämtliche Werke
Sünden
Musst’ ich mich – welch ein Muss! – Mit einem Vieh verbinden.
Söller .
Ich – Vieh? – Jawohl, ein Vieh, von dem gehörnten Vieh!
Sophie .
Was seh’ ich?
Söller .
Was, Madam?
Sophie .
Des Vaters Wachsstock! Wie
Kam er hieher? – Doch nicht? – Da werd’ ich fliehen müssen;
Vielleicht belauscht er uns! –
Söller .
O, setz’ ihr zu, Gewissen!
Sophie .
Doch das begreif’ ich nicht, wie er ihn hier verlor.
Söller .
Sie scheut den Vater nicht, mal’ ihr den Teufel vor!
Sophie .
Ach nein, das ganze Haus liegt schon in tiefem Schlafe.
Söller .
Die Lust ist mächtiger als alle Furcht der Strafe.
Sophie .
Mein Vater ist zu Bett – Wer weiß, wie es geschah?
Es mag drum sein!
Söller .
O weh!
Sophie .
Alcest ist noch nicht da?
Söller .
O, dürft’ ich sie!
Sophie .
Mein Herz schwimmt noch in seltnem Zweifel:
Ich lieb’ und fürcht’ ihn doch.
Söller .
Ich fürcht’ ihn wie den Teufel
Und mehr noch. Käm’ er nur, der Fürst der Unterwelt,
Ich bät’ ihn: „Hol’ mir sie! Da hast du all das Geld!“
Sophie .
Du bist zu redlich, Herz! Was ist denn dein Verbrechen?
Versprachst du, treu zu sein? Und konntest du versprechen,
Dem Menschen treu zu sein, an dem kein gutes Haar,
Der unverständig, grob, falsch –
Söller .
Das bin ich?
Sophie .
Fürwahr,
Wenn so ein Scheusal nicht den Abscheu gnug entschuldigt,
So lob’ ich mir das Land, wo man dem Teufel huldigt.
Er ist ein Teufel!
Söller .
Was? Ein Teufel? Scheusal? – Ich?
Ich halt’s nicht länger aus!
(Er macht Gebärde hervorzuspringen.)
Vierter Auftritt
Alcest angekleidet, mit Hut und Degen, den Mantel drüber, den er gleich ablegt. Vorige .
Alcest .
Du wartest schon auf mich?
Sophie .
Sophie kam dir zuvor.
Alcest .
Du zitterst?
Sophie .
Die Gefahren!
Alcest .
Nein! Weibchen! Nicht!
Söller .
Du! Dir! Das sind Präliminaren!
Sophie .
Du fühltest, was dies Herz um deinetwillen litt;
Du kennst dies ganze Herz, verzeih ihm diesen Schritt!
Alcest .
Sophie!
Sophie .
Verzeihst du ihm, so fühl’ ich keine Reue.
Söller .
Ja, frage mich einmal, ob ich dir ihn verzeihe?
Sophie .
Was führte mich hierher? Gewiss, ich weiß es kaum.
Söller .
Ich weiß es nur zu wohl!
Sophie .
Es ist mir wie ein Traum.
Söller .
Ich wollt’, ich träumte!
Sophie .
Sieh, ein ganzes Herz voll Plagen
Bring’ ich zu dir.
Alcest .
Der Schmerz vermindert sich im Klagen.
Sophie .
Ein sympathetisch Herz, wie deines, fand ich nie.
Söller .
Wenn ihr zusammen gähnt, das nennt ihr Sympathie!
Vortrefflich!
Sophie .
Musst’ ich nur dich so vollkommen finden,
Um mit dem Widerspiel von dir mich zu verbinden?
Ich hab’ ein Herz, das nicht tot für die Tugend ist.
Alcest .
Ich kenn’s!
Söller .
Ja, ja, ich auch!
Sophie .
So liebenswert du bist,
Du hättest nie von mir ein einzig Wort vernommen,
Wär’ dieses arme Herz nicht hoffnungslos beklommen.
Ich sehe Tag vor Tag die Wirtschaft untergehn,
Das Leben meines Manns! Wie können wir bestehn?
Ich weiß, er liebt mich nicht, er fühlt nicht meine Tränen;
Und wenn mein Vater stürmt, muss ich auch den versöhnen.
Mit jedem Morgen geht ein neues Leiden an.
Söller (gerührt auf seine Art) .
Nein doch, die arme Frau ist wahrlich übel dran!
Sophie .
Mein Mann hat keinen Sinn für halb ein menschlich Leben;
Was hab’ ich nicht geredt, was hab’ ich nachgegeben!
Er säuft den vollen Tag, macht Schulden hier und dort,
Spielt, stänkert, pocht und kriecht, das geht an einem fort!
Sein ganzer Witz erzeugt nur Albernheit und Schwänke;
Was er für Klugheit hält, sind ungeschliffne Ränke;
Er lügt, verleumdet, trügt –
Söller .
Ich seh’, sie sammelt schon
Die Personalien zu meinem Leichsermon.
Sophie .
O, glaub’, ich hätte mich schon lange tot betrübet,
Wüsst’ ich nicht –
Söller .
Nur heraus!
Sophie .
Dass mich Alcest noch liebet.
Alcest .
Er liebt, er klagt wie du.
Sophie .
Das lindert meine Pein,
Von einem wenigstens, von dir beklagt zu sein.
Alcest, bei dieser Hand, der teuern Hand, beschwöre
Ich dich, behalte mir dein Herz beständig!
Söller .
Höre,
Wie schön sie tut!
Sophie .
Dies Herz, das nur für dich gebrannt,
Kennt keinen andern Trost als nur von deiner Hand.
Alcest .
Ich kenne für dein Herz kein Mittel.
(Er fasst Sophien in den Arm und küsst sie.)
Söller .
Weh mir Armen!
Will denn kein Zufall nicht sich über mich erbarmen!
Das Herz, das macht
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