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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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    Charon! He, Charon! Mach’, dass du ’rüber kommst. Geschwind! Meine Leutchen da beklagen sich zum Erbarmen, wie ihnen das Gras die Füße netzt, und sie den Schnuppen kriegen.
    Charon .
    Saubre Nation! Woher? Das ist einmal wieder von der rechten Rasse. Die könnten immer leben.
    Merkurius .
    Droben reden sie umgekehrt. Doch mit allem dem war das Paar nicht unangesehn auf der Oberwelt. Dem Herrn Literator hier fehlt nichts als seine Perücke und seine Bücher, und der Megäre da nur Schminke und Dukaten. Wie steht’s drüben?
    Charon .
    Nimm dich in Acht, sie haben dir’s geschworen, wenn du hinüberkommst.
    Merkurius .
    Wieso?
    Charon .
    Admet und Alceste sind übel auf dich zu sprechen, am ärgsten Euripides. Und Herkules hat dich im Anfall seiner Hitze einen dummen Buben geheißen, der nie gescheit werden würde.
    Merkurius .
    Ich versteh’ kein Wort davon.
    Charon .
    Ich auch nicht. Du hast in Deutschland jetzt ein Geträtsch mit einem gewissen Wieland?
    Merkurius .
    Ich kenn’ so keinen.
    Charon .
    Was schiert’s mich? Gnug, sie sind fuchswild.
    Merkurius .
    Lass mich in Kahn, ich will mit hinüber, muss doch sehn, was gibt. (Sie fahren über.)
    Euripides .
    Es ist nicht fein, dass du’s uns so spielst. Alten guten Freunden und deinen Brüdern und Kindern! Dich mit Kerls zu gesellen, die keine Ader griechisch Blut im Leibe haben, und an uns zu necken und neidschen, als wenn uns noch was übrig wäre außer dem bisschen Ruhm und dem Respekt, den die Kinder droben für unserm Bart haben.
    Merkurius .
    Beim Jupiter, ich versteh’ Euch nicht.
    Literator .
    Sollte etwa die Rede vom „Deutschen Merkur“ sein?
    Euripides .
    Kommt Ihr daher? Ihr bezeugt’s also?
    Literator .
    O ja, das ist jetzo die Wonne und Hoffnung von ganz Deutschland, was der Götterbote für goldne Papierchen der Aristarchen und Aoiden herumträgt.
    Euripides .
    Da hört ihr’s. Und mir ist übel mitgespielt in denen goldnen Blättchens.
    Literator .
    Das nicht sowohl. Herr W. zeigt nur, dass er nach Ihnen habe wagen dürfen, eine „Alceste“ zu schreiben; und dass, wenn er Ihre Fehler vermieden und größere Schönheiten aufempfunden, man die Schuld Ihrem Jahrhunderte und dessen Gesinnungen zuschreiben müsse.
    Euripides .
    Fehler! Schuld! Jahrhundert! O, du hohes herrliches Gewölbe des unendlichen Himmels! Was ist aus uns geworden! Merkur, und du trägst dich damit!
    Merkurius .
    Ich stehe versteinert.
    Alceste .
    Du bist in übler Gesellschaft, und ich werde sie nicht verbessern. Pfui!
    Admet .
    Merkur, das hätt’ ich dir nicht zugetraut.
    Merkurius .
    Redt deutlich, oder ich gehe fort. Was hab’ ich mit Rasenden zu tun!
    Alceste .
    Du scheinst betroffen? So höre denn. Wir gingen neulich, mein Gemahl und ich, in dem Hain jenseits des Cocytus, wo, wie du weißt, die Gestalten der Träume sich lebhaft darstellen und hören lassen. Wir hatten uns eine Weile an den phantastischen Gestalten ergötzt, als ich auf einmal meinen Namen mit einem unleidlichen Tone ausrufen hörte. Wir wandten uns. Da erschienen zwei abgeschmackte, gezierte, hagre blasse Püppchens, die sich einander ‚Alceste!’ ‚Admet!’ nannten, voreinander sterben wollten, ein Geklingele mit ihren Stimmen machten als die Vögel und zuletzt mit einem traurigen Gekrächz’ verschwanden.
    Admet .
    Es war lächerlich anzusehen. Wir verstunden das nicht, bis erst kurz ein junger Studiosus herunterkam, der uns die große Neuigkeit brachte, ein gewisser Wieland habe uns ungebeten wie Euripides die Ehre angetan, dem Volke unsre Masken zu prostituieren. Und der sagte das Stück auswendig von Anfang bis zu Ende her. Es hat’s aber niemand ausgehalten als Euripides, der neugierig und Autor genug dazu war.
    Euripides .
    Ja, und was das Schlimmste ist, so soll er in ebenden Wischen, die du herumträgst, seine Alceste vor der meinigen herausgestrichen, mich herunter und lächerlich gemacht haben.
    Merkurius .
    Wer ist der Wieland?
    Literator .
    Hofrat und Prinzen-Hofmeister zu Weimar.
    Merkurius .
    Und wenn er Ganymeds Hofmeister wäre, sollt’ er mir her. Es ist just Schlafenszeit, und mein Stab führt eine Seele leicht aus ihrem Körper.
    Literator .
    Mir wird’s angenehm sein, solch einen großen Mann bei dieser Gelegenheit kennen zu lernen.
    Wielands Schatten in der Nachtmütze tritt auf.
    Wieland .
    Lassen Sie uns, mein lieber Jacobi.
    Alceste .
    Er spricht im Traum.
    Euripides .
    Man sieht doch, mit was für Leuten er umgeht.
    Merkurius .
    Ermuntert Euch! Es

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