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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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bald gestattet sein. Bis dahin erlaube ich mir nur eine Bemerkung zu meinen Gunsten. Die zwei Bücher, die eigentlich als Corpora delicti wider mich zeugen sollten und worin man die strafbaren Tendenzen finden will, deren man mich bezüchtigt, sind nicht gedruckt, wie ich sie geschrieben habe, und sind von fremder Hand so verstümmelt worden, daß ich zu einer andern Zeit, wo keine Mißdeutung zu befürchten gewesen wäre, ihre Autorschaft abgelehnt hätte. Ich spreche nämlich vom zweiten Teile des »Salon« und von der »Romantischen Schule«. Durch die großen, unzähligen Ausscheidungen, die darin stattfanden, ist die ursprüngliche Tendenz beider Bücher ganz verlorengegangen, und eine ganz verschiedene Tendenz ließ sich später hineinlegen. Worin jene ursprüngliche Tendenz bestand, sage ich nicht; aber soviel darf ich behaupten, daß es keine unpatriotische war. Namentlich im zweiten Teile des »Salon« enthielten die ausgeschiedenen Stellen eine glänzendere Anerkennung deutscher Volksgröße, als jemals der forcierte Patriotismus unserer Teutomanen zu Markte gebracht hat; in der französischen Ausgabe, im Buche »De l’Allemagne«, findet jeder die Bestätigung des Gesagten. Die französische Ausgabe der inkulpierten Bücher wird auch jeden überzeugen, daß die Tendenzen derselben nicht im Gebiete der Religion und der Moral lagen. Ja, manche Zungen beschuldigen mich der Indifferenz in betreff aller Religion- und Moralsysteme und glauben, daß mir jede Doktrin willkommen sei, wenn sie sich nur geeignet zeige, das Völkerglück Europas zu befördern oder wenigstens bei der Erkämpfung desselben als Waffe zu dienen. Man tut mir aber unrecht. Ich würde nie mit der Lüge für die Wahrheit kämpfen.
    Was ist Wahrheit? »Holt mir das Waschbecken«, würde Pontius Pilatus sagen.
    Ich habe diese Vorblätter in einer sonderbaren Stimmung geschrieben. Ich dachte während dem Schreiben mehr an Deutschland als an das deutsche Publikum, meine Gedanken schwebten um liebere Gegenstände, als die sind, womit sich meine Feder soeben beschäftigte… ja, ich verlor am Ende ganz und gar die Schreiblust, trat ans Fenster und betrachtete die weißen Wolken, die eben, wie ein Leichenzug, am nächtlichen Himmel dahinziehen. Eine dieser melancholischen Wolken scheint mir so bekannt und reizt mich unaufhörlich zum Nachsinnen, wann und wo ich dergleichen Luftbildung schon früher einmal gesehen. Ich glaube endlich, es war in Norddeutschland, vor sechs Jahren, kurz nach der Juliusrevolution, an jenem schmerzlichen Abend, wo ich auf immer Abschied nahm von dem treuesten Waffenbruder, von dem uneigennützigsten Freunde der Menschheit. Wohl kannte er das trübe Verhängnis, dem jeder von uns entgegenging. Als er mir zum letzten Male die Hand drückte, hub er die Augen gen Himmel, betrachtete lange jene Wolke, deren kummervolles Ebenbild mich jetzt so trübe stimmt, und wehmütigen Tones sprach er: »Nur die schlechten und die ordinären Naturen finden ihren Gewinn bei einer Revolution. Schlimmsten Falles, wenn sie etwa mißglückt, wissen sie doch immer noch zeitig den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Aber möge die Revolution gelingen oder scheitern, Männer von großem Herzen werden immer ihre Opfer sein.«
    Denen, die da leiden im Vaterlande, meinen Gruß.
    Geschrieben zu Paris, den 24. Januar 1837
    Heinrich Heine
Der Schwabenspiegel
Vorbemerkung
    Die hier mitgeteilten Blätter wurden im Beginn des Frühlings, als Nachrede zum zweiten Teil des »Buchs der Lieder« und mit der Bitte um schleunigsten Abdruck, nach Deutschland gesendet. Ich dachte nun, das Buch sei dort längst erschienen, als mir vor ein paar Wochen mein Verleger meldete, in einem süddeutschen Staate, wo er das Manuskript zur Zensur gegeben, habe man ihn während der ganzen Zeit mit dem Imprimatur hingehalten, und er schlüge mir vor, die Nachrede als besonderen Artikel in einer periodischen Publikation vorweg abdrucken zu lassen. Indem ich sie also in solcher Weise dem verehrungswürdigen Leser mitteile, glaube ich, daß er, ohne große Anstrengung seines Scharfsinns, erraten wird, warum ich seit zweiundeinhalb Jahren so vielen Schlichen und Ränken begegne, wenn ich jene Denunziatoren besprechen will, die ihrerseits, ganz ohne alle Zensur- und Redaktionsbeschränkung, den größten Teil der deutschen Pressen mißbrauchen dürfen.
    Paris, im Spätherbst 1838
    Nach Brauch und Sitte deutscher Dichterschaft sollte ich meiner Gedichtsammlung, die den Titel »Buch der

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