Sämtliche Werke
Behauptungen widersprechen konnten; wie unsicher der Boden, auf dem Ihre Gründe umherschwanken; und wie endlich Ihre Glaubwürdigkeit da aufhört, wo der fremde Einfluß anfängt. Wäre es mir bloß darum zu tun gewesen, den letzteren zu konstatieren und zu beweisen, daß Ihre Erklärung nur ein Produkt der Unfreiheit sei, wahrlich, zu solcher Beweisführung brauchte ich keines anderen Aktenstücks als eben jener Erklärung selbst. Denn ich frage Sie: was ist der Zweck dieser Erklärung? Hegten Sie etwa die Besorgnis, daß man die Verstümmelung meines Aufsatzes Ihnen zuschreiben könnte? In diesem Falle war die erste Hälfte der Erklärung hinreichend, und es bedurfte nicht des Zusatzes: »Wir bemerken dieses deswegen, um den Gegnern Heinrich Heines deutlich zu machen,
was
sie unter der ›heimlichen Betriebsamkeit ihrer Wahlverwandten‹ zu verstehen haben.« Oder, lieber Campe, sind Sie von meinen Gegnern so hart bedrängt worden, daß Sie ihnen durch jenen Zusatz eine persönliche Genugtuung geben mußten? Das ist auch nicht der Fall, denn Sie sind ja der große Schütz; auch hätten Sie zuviel Mut, um sich eine Erklärung abdrohen zu lassen; und am allerwenigsten würden Sie sich vor Maikäfern fürchten und vor Wolfgang Menzel, dem Achilles! Oder schrieben Sie jene Erklärung aus geheimem Haß gegen mich, um mir in der öffentlichen Meinung zu schaden? Nein, wir sind die besten Freunde, und es wäre schändlich von mir, wenn ich Ihnen die Tücke zutraute, im Mantel der Freundschaft einen meuchlenden Dolch zu verbergen! Oder erzielten Sie durch jene Erklärung irgendeinen irdischen Vorteil, und, vielleicht mit blutendem Herzen, opferten Sie den Freund einem höheren, nämlich einem merkantilischen Interesse? Nein, das kann es auch nicht sein; aus jener Erklärung dürfte Ihnen vielmehr ein pekuniärer Schaden erblühen… Mein Grundsatz: »Je mehr wir den Menschen kosten, desto mehr lieben sie uns!« könnte mich nämlich auf den Gedanken führen, Ihre Freundschaftsgefühle indirekt zu steigern und für meine nächsten Werke das doppelte Honorar zu fordern.
Wenn also weder Delikatesse noch Furcht noch Haß noch Vorteil bei Ihrer Erklärung im Spiele sein konnte, so wird jene Erklärung nur erklärlich durch die geheimen Umtriebe jener schwäbischen Wahlverwandten, denen Sie, liebster Campe, unbewußt als Werkzeug dienen, und eben die Worte, womit Sie mir widersprachen, enthalten eine Bestätigung meiner Angaben.
Paris, den 3. April 1839
Heinrich Heine
Erklärung
Es ist mir leid, durch Hrn. Heine in Paris, der sich einen unerhörten Mißbrauch mit ihm anvertrauten Briefgeheimnissen in den neuesten Nummern der »Zeitung für die elegante Welt« erlaubt hat, zu folgender Erklärung aufgefordert zu werden. Herr Heine (dessen seit einigen Jahren verbleichter Ruhm von jeher weniger in dichterischer Größe und Charakterfestigkeit als in einer ihm ganz eigentümlichen Keckheit Nahrung gefunden hat) erweiset mir – ich möchte fast sagen – die Ehre, mich, Ludwig Wihl und Karl Gutzkow auf die gehässigste Weise anzutasten. Wie dieser den Neid des Herrn Heine auf seine seit dem Erscheinen des »Blasedow« immer fester im Herzen der Nation wurzelnde Stellung, den Neid auf das frische, lebenskräftige Gedeihen des »Telegraphen«, den Neid auf dichterische Entwickelungen, die der Protektion des Hrn. Heine in Paris nicht bedürfen, entlarvt hat, zeigen die neuesten Nummern jener trefflichen Zeitschrift. Ich für mein Teil würde jene Befleckung meiner Ehre, wie die gefeierten Namen Platen, Tieck, Schlegel, Schelling, Hegel und Ludwig Wihl, die Hr. Heine beschmutzte, mit derselben ruhigen Verachtung über mich ergehen lassen, könnte ich mich vor der Welt auch nur im entferntesten ähnlicher Taten, wie jene, rühmen. Ja, nicht einmal einem Ludwig Wihl darf ich mich gleichstellen; denn ich bin nur ein Hund im wirklichen Sinne des Worts, ich bin nämlich der geschmähte Nachfolger jenes Sarras, jenes ehrlichen, treuen, tugendhaften Pudels, der freilich Herrn Heines Immoralität verabscheute, aber keineswegs Gelegenheit gab, ihn des hämischen Anbellens zu beschuldigen. Hr. Heine entblödete sich in seinem offenen Briefe an meinen Herrn Julius Campe folgende Schandworte auszusprechen: »Wer aber hat meinen ›Schwabenspiegel‹ verstümmelt im Interesse der Schwaben oder, um mich genauer auszudrücken, im Interesse einiger Redakteure Cottascher Zeitschriften? Wäre Sarras, Ihr zottiger Jagdgenosse, noch am Leben, auf ihn
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