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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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ohne Land,
    »Mich rufen hohe Zwecke;
    Ein andres Weidwerk harret mein,
    Ich schieße jetzt andre Böcke.
    Ich laß dir mein Jagdhorn zurück, du kannst
    Mit Tuten, wenn ich entfernet,
    Die Zeit vertreiben; du hast ja zu Haus
    Das Posthorn blasen gelernet.
    Ich laß dir auch meinen Hund zurück,
    Daß er die Burg behüte;
    Mich selbst bewache mein deutsches Volk
    Mit pudeltreuem Gemüte.
    Sie bieten mir an die Kaiserkron’,
    Die Liebe ist kaum zu begreifen;
    Sie tragen mein Bild in ihrer Brust
    Und auf den Tabakspfeifen.
    Ihr Deutschen seid ein großes Volk,
    So simpel und doch so begabet!
    Man sieht euch wahrhaftig nicht an, daß ihr
    Das Pulver erfunden habet.
    Nicht Kaiser, Vater will ich euch sein,
    Ich werde euch glücklich machen –
    O schöner Gedanke! er macht mich so stolz,
    Als wär ich die Mutter der Gracchen.
    Nicht mit dem Verstand, nein, mit dem Gemüt
    Will ich mein Volk regieren;
    Ich bin kein Diplomatikus
    Und kann nicht politisieren.
    Ich bin ein Jäger, ein Mensch der Natur,
    Im Walde aufgewachsen
    Mit Gemsen und Schnepfen, mit Rehbock und Sau,
    Ich mache nicht Worte, nicht Faxen.
    Ich ködre durch keine Proklamation,
    Durch keinen gedruckten Lockwisch;
    Ich sage: Mein Volk, es fehlt der Lachs,
    Begnüge dich heut mit dem Stockfisch.
    Gefall ich dir nicht als Kaiser, so nimm
    Den ersten besten Lausangel;
    Ich habe zu essen auch ohne dich,
    Ich litt in Tirol nicht Mangel.
    So red ich; doch jetzt, mein Weib, leb wohl!
    Ich kann nicht länger weilen;
    Des Schwiegervaters Postillion
    Erwartet mich schon mit den Gäulen.
    Reich mir geschwind die Reisemütz’
    Mit dem schwarzrotgoldnen Bande –
    Bald siehst du mich mit dem Diadem
    Im alten Kaisergewande.
    Bald schaust du mich in dem Pluvial,
    Dem Purpurtalar, dem schönen,
    Den weiland dem Kaiser Otto geschenkt
    Der Sultan der Sarazenen.
    Darunter trag ich die Dalmatika,
    Worin gestickt mit Juwelen
    Ein Zug von fabelhaftem Getier,
    Von Löwen und Kamelen.
    Ich trage die Stola auf der Brust,
    Die ist gezieret bedeutsam
    Mit schwarzen Adlern im gelben Grund;
    Die Tracht ist äußerst kleidsam.
    Leb wohl! Die Nachwelt wird sagen, daß ich
    Verdiente, die Krone zu tragen –
    Wer weiß? Die Nachwelt wird vielleicht
    Halt gar nichts von mir sagen.«
    20
Erinnerung aus Krähwinkels Schreckenstagen
    Wir, Bürgermeister und Senat,
    Wir haben folgendes Mandat
    Stadtväterlichst an alle Klassen
    Der treuen Bürgerschaft erlassen.
    »Ausländer, Fremde, sind es meist,
    Die unter uns gesät den Geist
    Der Rebellion. Dergleichen Sünder,
    Gottlob! sind selten Landeskinder.
    Auch Gottesleugner sind es meist;
    Wer sich von seinem Gotte reißt,
    Wird endlich auch abtrünnig werden
    Von seinen irdischen Behörden.
    Der Obrigkeit gehorchen, ist
    Die erste Pflicht für Jud’ und Christ.
    Es schließe jeder seine Bude,
    Sobald es dunkelt, Christ und Jude.
    Wo ihrer drei beisammenstehn,
    Da soll man auseinandergehn.
    Des Nachts soll niemand auf den Gassen
    Sich ohne Leuchte sehen lassen.
    Es liefre seine Waffen aus
    Ein jeder in dem Gildenhaus;
    Auch Munition von jeder Sorte
    Wird deponiert am selben Orte.
    Wer auf der Straße räsoniert,
    Wird unverzüglich füsiliert;
    Das Räsonieren durch Gebärden
    Soll gleichfalls hart bestrafet werden.
    Vertrauet eurem Magistrat,
    Der fromm und liebend schützt den Staat
    Durch huldreich hochwohlweises Walten;
    Euch ziemt es, stets das Maul zu halten.«
21
Die Audienz
    Eine alte Fabel
    »Ich laß nicht die Kindlein, wie Pharao,
    Ersäufen im Nilstromwasser;
    Ich bin auch kein Herodestyrann,
    Kein Kinderabschlachtenlasser.
    Ich will, wie einst mein Heiland tat,
    Am Anblick der Kinder mich laben;
    Laß zu mir kommen die Kindlein, zumal
    Das große Kind aus Schwaben.«
    So sprach der König; der Kämmerer lief,
    Und kam zurück und brachte
    Herein das große Schwabenkind,
    Das seinen Diener machte.
    Der König sprach: »Du bist wohl ein Schwab’?
    Das ist just keine Schande.«
    »Geraten!« erwidert der Schwab’, »ich bin
    Geboren im Schwabenlande.«
    »Stammst du von den Sieben Schwaben ab?«
    Frug jener. »Ich tu abstammen
    Nur von einem einz’gen«, erwidert der Schwab’,
    »Doch nicht von allen zusammen.«
    Der König frug ferner: »Sind dieses Jahr
    Die Knödel in Schwaben geraten?«
    »Ich danke der Nachfrag’«, antwortet der Schwab’,
    »Sie sind sehr gut geraten.«
    »Habt ihr noch große Männer?« frug
    Der König. »Im Augenblicke
    Fehlt es an großen«, erwidert der Schwab’,
    »Wir haben jetzt nur

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