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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Zwerchsack weiter.
    Oh, die hübschen Waisenkinder!
    Einen goldnen Louisdor
    Gibt ein frommer Herr; zuvor
    Guckt er in die Himmelshöhe,
    Ob der liebe Gott ihn sähe?
    Oh, die hübschen Waisenkinder!
    Litzenbrüder, Arbeitsleut’,
    Hausknecht’, Küper feiern heut;
    Werden manche Flasche leeren
    Auf das Wohlsein dieser Gören –
    Oh, die hübschen Waisenkinder!
    Schutzgöttin Hammonia
    Folgt dem Zug inkognita,
    Stolz bewegt sie die enormen
    Massen ihrer hintern Formen –
    Oh, die hübschen Waisenkinder!
    Vor dem Tor, auf grünem Feld,
    Rauscht Musik im hohen Zelt,
    Das bewimpelt und beflittert;
    Dorten werden abgefüttert
    Diese hübschen Waisenkinder.
    Sitzen dort in langer Reih’,
    Schmausen gütlich süßen Brei,
    Torten, Kuchen, leckre Speischen,
    Und sie knuspern wie die Mäuschen,
    Diese hübschen Waisenkinder.
    Leider kommt mir in den Sinn
    Jetzt ein Waisenhaus, worin
    Kein so fröhliches Gastieren;
    Gar elendig lamentieren
    Dort Millionen Waisenkinder.
    Die Montur ist nicht egal,
    Manchem fehlt das Mittagsmahl;
    Keiner geht dort mit dem andern,
    Einsam, kummervoll dort wandern
    Viel Millionen Waisenkinder.
    17
Schnapphahn und Schnapphenne
    Derweilen auf dem Lotterbette
    Mich Lauras Arm umschlang – der Fuchs,
    Ihr Herr Gemahl, aus meiner Buchs’
    Stibitzt er mir die Bankbillette.
    Da steh ich nun mit leeren Taschen!
    War Lauras Kuß gleichfalls nur Lug?
    Ach! Was ist Wahrheit? Also frug
    Pilat und tät die Händ’ sich waschen.
    Die böse Welt, die so verdorben,
    Verlaß ich bald, die böse Welt.
    Ich merke: hat der Mensch kein Geld,
    So ist der Mensch schon halb gestorben.
    Nach euch, ihr ehrlich reinen Seelen,
    Die ihr bewohnt das Reich des Lichts,
    Sehnt sich mein Herz. Dort braucht ihr nichts,
    Und braucht deshalb auch nicht zu stehlen.
    18
Jung-Katerverein für Poesiemusik
    Der philharmonische Katerverein
    War auf dem Dache versammelt
    Heut nacht – doch nicht aus Sinnenbrunst;
    Da ward nicht gebuhlt und gerammelt.
    Es paßt kein Sommernachthochzeitstraum,
    Es passen nicht Lieder der Minne
    Zur Winterjahrzeit, zu Frost und Schnee;
    Gefroren war jede Rinne.
    Auch hat überhaupt ein neuer Geist
    Der Katzenschaf sich bemeistert;
    Die Jugend zumal, der Jung – Kater ist
    Für höheren Ernst begeistert.
    Die alte frivole Generation
    Verröchelt; ein neues Bestreben,
    Ein Katzenfrühling der Poesie
    Regt sich in Kunst und Leben.
    Der philharmonische Katerverein,
    Er kehrt zur primitiven
    Kunstlosen Tonkunst jetzt zurück,
    Zum schnauzenwüchsig Naiven.
    Er will die Poesiemusik,
    Rouladen ohne Triller,
    Die Instrumental- und Vokalpoesie,
    Die keine Musik ist, will er.
    Er will die Herrschaft des Genies,
    Das freilich manchmal stümpert,
    Doch in der Kunst oft unbewußt
    Die höchste Staffel erklimpert.
    Er huldigt dem Genie, das sich
    Nicht von der Natur entfernt hat,
    Sich nicht mit Gelehrsamkeit brüsten will
    Und wirklich auch nichts gelernt hat.
    Dies ist das Programm des Katervereins,
    Und voll von diesem Streben
    Hat er sein erstes Winterkonzert
    Heut nacht auf dem Dache gegeben.
    Doch schrecklich war die Exekution
    Der großen Idee, der pompösen –
    Häng dich, mein teurer Berlioz,
    Daß du nicht dabeigewesen!
    Das war ein Charivari, als ob
    Einen Kuhschwanzhopsaschleifer
    Plötzlich aufspielten, branntweinberauscht,
    Drei Dutzend Dudelsackpfeifer.
    Das war ein Tauhu-Wauhu, als ob
    In der Arche Noäh anfingen,
    Sämtliche Tiere unisono
    Die Sündflut zu besingen.
    Oh, welch ein Krächzen und Heulen und Knurr’n,
    Welch ein Miau’n und Gegröle!
    Die alten Schornsteine stimmten ein
    Und schnauften Kirchenchoräle.
    Zumeist vernehmbar war eine Stimm’,
    Die kreischend zugleich und matte
    Wie einst die Stimme der Sontag war,
    Als sie keine Stimme mehr hatte.
    Das tolle Konzert! Ich glaube, es ward
    Ein großes Tedeum gesungen,
    Zur Feier des Siegs, den über Vernunft
    Der frechste Wahnsinn errungen.
    Vielleicht auch ward vom Katerverein
    Die große Oper probieret,
    Die Ungarns größer Pianist
    Für Charenton komponieret.
    Es hat bei Tagesanbruch erst
    Der Sabbat ein Ende genommen;
    Eine schwangere Köchin ist dadurch
    Zu früh in die Wochen gekommen.
    Die sinnebetörte Wöchnerin
    Hat ganz das Gedächtnis verloren;
    Sie weiß nicht mehr, wer der Vater ist
    Des Kindes, das sie geboren.
    »War es der Peter? War es der Paul?
    Sag, Liese, wer ist der Vater?«
    Die Liese lächelt verklärt und spricht:
    »Oh, Liszt! du himmlischer Kater!«
    19
Hans ohne Land
    »Leb wohl, mein Weib«, sprach Hans

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