Sämtliche Werke
will. Und sie verdient es, wahrhaftig! denn wenn es in Windsor nur irgend eine gutmütige Frau gibt, so ist sie’s. Es hilft nichts, Ihr müßt ihr Euren Knaben schicken.
Die lustigen Weiber von Windsor (Akt II, Szene II)
Frau Ford
FALSTAFF.
Jetzt keine Possen, Pistol! Freilich geht mein Wanst zwei Ellen hinaus; aber jetzt will ich nicht auf unnützen Aufwand, sondern auf gute Wirtschaft hinaus. Kurz, ich beabsichtige einen Liebeshandel mit Fords Frau. Ich spüre Unterhaltung bei ihr. Sie schwatzt, sie schneidet vor, und ihre Blicke sind einladend. Ich kann mir den Inhalt ihrer vertraulichen Gespräche erklären, und der ungünstigste Ausdruck ihres Betragens ist in deutlichen Worten: Ich bin Sir John Falstaffs.
Die lustigen Weiber von Windsor (Akt I, Szene III)
Anna Page
ANNA.
Nun? Ist’s Euch nicht auch gefällig hereinzukommen, hochgeehrter Herr?
SLENDER.
Nein! Ich danke Euch! Wahrhaftig! Von ganzem Herzen! Ich befinde mich hier recht wohl!
ANNA.
Man wartet mit dem Essen auf Euch, lieber Herr!
SLENDER.
Ich bin gar nicht so hungrig! Ich danke Euch, wahrhaftig!
Zu Simpel:
Geh, Bursche! und wenn du gleich mein Diener bist, so warte dennoch meinem Herrn Vetter Shallow auf. Ein Friedensrichter kann manchmal seinem Freunde um eines Dieners willen verpflichtet werden. Bis zum Tode meiner Mutter halte ich mir nur noch drei Leute und einen Burschen. Wenn das aber auch ist, so leb ich doch immer noch so gut als ein armer Junker.
ANNA.
Ohne Euer Gestrengen darf ich nicht hineinkommen. Man wird sich nicht eher setzen, als bis Ihr kommt.
Die lustigen Weiber von Windsor (Akt I, Szene I)
Katharina
PETRUCHIO.
Nimm an, sie schmält; nun, ruhig sag ich ihr,
Sie singe lieblich wie die Nachtigall.
Nimm an, sie mault; ich sag, ihr Blick sei klar
Wie Morgenrosen, frisch getränkt vom Tau.
Nimm an, sie muckt und redet nicht ein Wort;
Dann preis ich ihre Zungenfertigkeit
Und ihres Vertrags zaubrische Gewalt.
Ruft sie mir: »Packt Euch fort!«, ich sag ihr Dank,
Als ob sie sagte: »Bleib die Woche hier!«
Schlägt sie die Heirat ab; »wann«, frag ich, »soll
Das Aufgebot sein, wann der Hochzeittag?« –
Doch seht, sie kommt; nun sprich, Petruchio.
Guten Morgen, Käth’; ich hör’, Eu’r Nam’ ist das.
KATHARINA.
Ihr hörtet recht, obgleich halbtaubes Ohrs,
Man sagt Kathrina, redet man von mir.
PETRUCHIO.
Ihr lügt fürwahr; bloß Käthe nennt man Euch,
Und rasche Käth’, auch wohl erzböse Käth’.
Die gezähmte Keiferin (Akt II, Szene I)
[Schluß]
In den einleitenden Blättern dieses Bildersaals habe ich berichtet, auf welchen Wegen sich die Popularität Shakespeares in England und Deutschland verbreitete und wie hier und dort ein Verständnis seiner Werke befördert ward. Leider konnte ich in bezug auf romanische Länder keine so erfreuliche Nachrichten mitteilen: in Spanien ist der Name unseres Dichters bis auf heutigen Tag ganz unbekannt geblieben; Italien ignoriert ihn vielleicht absichtlich, um den Ruhm seiner großen Poeten vor transalpinischer Nebenbuhlerschaft zu beschützen; und Frankreich, die Heimat des herkömmlichen Geschmacks und des gebildeten Tons, glaubte lange Zeit den großen Briten hinlänglich zu ehren, wenn es ihn einen genialen Barbaren nannte und über seine Roheit sowenig als möglich spöttelte. Indessen die politische Revolution, welche dieses Land erlebte, hat auch eine literarische hervorgebracht, die vielleicht an Terrorismus die erstere überbietet, und Shakespeare ward bei dieser Gelegenheit aufs Schild gehoben. Freilich, wie in ihren politischen Umwälzungsversuchen, sind die Franzosen selten ganz ehrlich in ihren literarischen Revolutionen; wie dort, so auch hier, preisen und feiern sie irgendeinen Helden, nicht ob seinem wahren inwohnenden Werte, sondern wegen des momentanen Vorteils, den ihre Sache durch solche Anpreisung und Feier gewinnen kann; und so geschieht es, daß sie heute emporrühmen, was sie morgen wieder herabwürdigen müssen, und umgekehrt. Shakespeare ist seit zehn Jahren in Frankreich, für die Partei, welche die literarische Revolution durchkämpft, ein Gegenstand der blindesten Anbetung. Aber ob er bei diesen Männern der Bewegung eine wirkliche gewissenhafte Anerkennung oder gar ein richtiges Verständnis gefunden hat, ist die große Frage. Die Franzosen sind zu sehr die Kinder ihrer Mütter, sie haben zu sehr die gesellschaftliche Lüge mit der Ammenmilch eingesogen, als daß sie dem Dichter, der die Wahrheit der Natur in jedem
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