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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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den er ritt, war weiß,
    Wie alle Schimmel, worauf die Götter
    Und Helden geritten, die längst verschimmelt;
    Begeistrung jauchzte dem Vaterlandsretter.
    Er war ein reitender Virtuos,
    Ein Liszt zu Pferde, ein somnambüler
    Marktschreier, Hansnarr, Philistergünstling,
    Ein miserabler Heldenspieler!
    Als Amazone ritt neben ihm
    Die Gattin mit der langen Nase;
    Sie trug auf dem Hut eine kecke Feder,
    Im schönen Auge blitzte Ekstase.
    Die Sage geht, es habe die Frau
    Vergebens bekämpft den Kleinmut des Gatten,
    Als Flintenschüsse seine zarten
    Unterleibsnerven erschüttert hatten.
    Sie sprach zu ihm: »Sei jetzt kein Has’,
    Entmemme dich deiner verzagten Gefühle.
    Jetzt gilt es zu siegen oder zu sterben –
    Die Kaiserkrone steht auf dem Spiele.
    Denk an die Not des Vaterlands
    Und an die eignen Schulden und Nöten.
    In Frankfurt laß ich dich krönen, und Rothschild
    Borgt dir wie andren Majestäten.
    Wie schön der Mantel von Hermelin
    Dich kleiden wird! Das Vivatschreien,
    Ich hör es schon; ich seh auch die Mädchen,
    Die weißgekleidet dir Blumen streuen« –
    Vergebliches Mahnen! Antipathien
    Gibt es, woran die Besten siechen,
    Wie Goethe nicht den Rauch des Tabaks,
    Kann unser Held kein Pulver riechen.
    Die Schüsse knallen – der Held erblaßt,
    Er stottert manche unsinnige Phrase,
    Er phantasieret gelb – die Gattin
    Hält sich das Tuch vor der langen Nase.
    So geht die Sage – Ist sie wahr?
    Wer weiß es? Wir Menschen sind nicht vollkommen.
    Sogar der große Horatius Flaccus
    Hat in der Schlacht Reißaus genommen.
    Das ist auf Erden des Schönen Los!
    Die Feinen gehn unter, ganz wie die Plumpen;
    Ihr Lied wird Makulatur, sie selber,
    Die Dichter, werden am Ende Lumpen.
    Erlauschtes
    »O kluger Jekef, wieviel hat dir
    Der lange Christ gekostet,
    Der Gatte deines Töchterleins?
    Sie war schon ein bißchen verrostet.
    Du zahltest sechzig tausend Mark?
    Du zahltest vielleicht auch siebzig?
    Ist nicht zu viel für Christenfleisch -
    Dein Töchterlein war so schnippsig.
    Ich bin ein Schlemihl! Wohl doppelt soviel
    Hat man mir abgenommen,
    Und hab für all mein schönes Geld
    Nur Schund, nur Schofel bekommen.«
    Der kluge Jekef lächelt so klug,
    Und spricht wie Nathan der Weise:
    »Du gibst zu viel und zu rasch, mein Freund,
    Und du verdirbst uns die Preise.
    Du hast nur dein Geschäft im Kopf,
    Denkst nur an Eisenbahne;
    Doch ich bin ein Müßiggänger, ich geh
    Spazieren und brüte Plane.
    Wir überschätzen die Christen zu sehr,
    Ihr Wert hat abgenommen;
    Ich glaube, für hundert tausend Mark
    Kannst du einen Papst bekommen.
    Ich hab für mein zweites Töchterlein
    Jetzt einen Bräutgam im petto,
    Der ist Senator und mißt sechs Fuß,
    Hat keine Cousinen im Ghetto.
    Nur vierzig tausend Mark Kurant
    Geb ich für diesen Christen;
    Die Hälfte der Summe zahl ich komptant,
    Den Rest verzinst in Fristen.
    Mein Sohn wird Bürgermeister einst,
    Trotz seinem hohen Rücken;
    Ich setz es durch - der Wandrahm soll
    Sich vor meinem Samen bücken.
    Mein Schwager, der große Spitzbub, hat
    Mir gestern zugeschworen:
    Du kluger Jekef, es geht an dir
    Ein Talleyrand verloren.«
    Das waren die Worte, die mir einst,
    Als ich spazieren gegangen
    Zu Hamburg auf dem Jungfernstieg,
    Ans Ohr vorüber klangen.

Lyrischer Nachlaß
    ~
    Bimini
    Zeitgedichte
    Fabeln
    Zum Lazarus
    An die Mouche
    Vermischte Gedichte
    ~
Bimini
    Ende 1852.
    ~
    Prolog
    I.
    II.
    III.
    IV.
    V.
    ~
Prolog
    Wunderglaube, blaue Blume,
    Die verschollen jetzt, wie prachtvoll
    Blühte sie im Menschenherzen
    Zu der Zeit von der wir singen.
    Wunderglaubenszeit! Ein Wunder
    War sie selbst. So viele Wunder
    Gab es damals, daß der Mensch
    Sich nicht mehr darob verwundert
    Wie im kühlsten Werkeltagslicht
    Der Gewohnheit sah der Mensch
    Manchmal Dinge, Wunderdinge
    Welche überflügeln konnten
    In der Tollheit selbst die tollsten
    Fabeleyen in Legenden
    Frommer hirnverbrannter Mönche
    Und in alten Ritterbüchern.
    Eines Morgens, bräutlich blühend,
    Tauchte aus des Oceanes
    Blauen Fluthen ein Meerwunder,
    Eine ganze neue Welt –
    Eine neue Welt mit neuen
    Menschensorten, neuen Bestien,
    Neuen Bäumen, Blumen, Vögeln
    Und mit neuen Weltkrankheiten!
    Unterdessen unsre alte
    Unsre eigne alte Welt
    Umgestaltet ganz verwandelt
    Wunderbarlich wurde sie
    Durch Erfindnisse des Geistes
    Des modernen Zaubergeistes
    Durch die Schwarzkunst Berthold Schwarzes
    Und die noch viel schlimmre Schwarzkunst
    Eines Mainzer Teufelbaners
    So wie auch durch die Magie
    Welche waltet

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