Sämtliche Werke
den er ritt, war weiß,
Wie alle Schimmel, worauf die Götter
Und Helden geritten, die längst verschimmelt;
Begeistrung jauchzte dem Vaterlandsretter.
Er war ein reitender Virtuos,
Ein Liszt zu Pferde, ein somnambüler
Marktschreier, Hansnarr, Philistergünstling,
Ein miserabler Heldenspieler!
Als Amazone ritt neben ihm
Die Gattin mit der langen Nase;
Sie trug auf dem Hut eine kecke Feder,
Im schönen Auge blitzte Ekstase.
Die Sage geht, es habe die Frau
Vergebens bekämpft den Kleinmut des Gatten,
Als Flintenschüsse seine zarten
Unterleibsnerven erschüttert hatten.
Sie sprach zu ihm: »Sei jetzt kein Has’,
Entmemme dich deiner verzagten Gefühle.
Jetzt gilt es zu siegen oder zu sterben –
Die Kaiserkrone steht auf dem Spiele.
Denk an die Not des Vaterlands
Und an die eignen Schulden und Nöten.
In Frankfurt laß ich dich krönen, und Rothschild
Borgt dir wie andren Majestäten.
Wie schön der Mantel von Hermelin
Dich kleiden wird! Das Vivatschreien,
Ich hör es schon; ich seh auch die Mädchen,
Die weißgekleidet dir Blumen streuen« –
Vergebliches Mahnen! Antipathien
Gibt es, woran die Besten siechen,
Wie Goethe nicht den Rauch des Tabaks,
Kann unser Held kein Pulver riechen.
Die Schüsse knallen – der Held erblaßt,
Er stottert manche unsinnige Phrase,
Er phantasieret gelb – die Gattin
Hält sich das Tuch vor der langen Nase.
So geht die Sage – Ist sie wahr?
Wer weiß es? Wir Menschen sind nicht vollkommen.
Sogar der große Horatius Flaccus
Hat in der Schlacht Reißaus genommen.
Das ist auf Erden des Schönen Los!
Die Feinen gehn unter, ganz wie die Plumpen;
Ihr Lied wird Makulatur, sie selber,
Die Dichter, werden am Ende Lumpen.
Erlauschtes
»O kluger Jekef, wieviel hat dir
Der lange Christ gekostet,
Der Gatte deines Töchterleins?
Sie war schon ein bißchen verrostet.
Du zahltest sechzig tausend Mark?
Du zahltest vielleicht auch siebzig?
Ist nicht zu viel für Christenfleisch -
Dein Töchterlein war so schnippsig.
Ich bin ein Schlemihl! Wohl doppelt soviel
Hat man mir abgenommen,
Und hab für all mein schönes Geld
Nur Schund, nur Schofel bekommen.«
Der kluge Jekef lächelt so klug,
Und spricht wie Nathan der Weise:
»Du gibst zu viel und zu rasch, mein Freund,
Und du verdirbst uns die Preise.
Du hast nur dein Geschäft im Kopf,
Denkst nur an Eisenbahne;
Doch ich bin ein Müßiggänger, ich geh
Spazieren und brüte Plane.
Wir überschätzen die Christen zu sehr,
Ihr Wert hat abgenommen;
Ich glaube, für hundert tausend Mark
Kannst du einen Papst bekommen.
Ich hab für mein zweites Töchterlein
Jetzt einen Bräutgam im petto,
Der ist Senator und mißt sechs Fuß,
Hat keine Cousinen im Ghetto.
Nur vierzig tausend Mark Kurant
Geb ich für diesen Christen;
Die Hälfte der Summe zahl ich komptant,
Den Rest verzinst in Fristen.
Mein Sohn wird Bürgermeister einst,
Trotz seinem hohen Rücken;
Ich setz es durch - der Wandrahm soll
Sich vor meinem Samen bücken.
Mein Schwager, der große Spitzbub, hat
Mir gestern zugeschworen:
Du kluger Jekef, es geht an dir
Ein Talleyrand verloren.«
Das waren die Worte, die mir einst,
Als ich spazieren gegangen
Zu Hamburg auf dem Jungfernstieg,
Ans Ohr vorüber klangen.
Lyrischer Nachlaß
~
Bimini
Zeitgedichte
Fabeln
Zum Lazarus
An die Mouche
Vermischte Gedichte
~
Bimini
Ende 1852.
~
Prolog
I.
II.
III.
IV.
V.
~
Prolog
Wunderglaube, blaue Blume,
Die verschollen jetzt, wie prachtvoll
Blühte sie im Menschenherzen
Zu der Zeit von der wir singen.
Wunderglaubenszeit! Ein Wunder
War sie selbst. So viele Wunder
Gab es damals, daß der Mensch
Sich nicht mehr darob verwundert
Wie im kühlsten Werkeltagslicht
Der Gewohnheit sah der Mensch
Manchmal Dinge, Wunderdinge
Welche überflügeln konnten
In der Tollheit selbst die tollsten
Fabeleyen in Legenden
Frommer hirnverbrannter Mönche
Und in alten Ritterbüchern.
Eines Morgens, bräutlich blühend,
Tauchte aus des Oceanes
Blauen Fluthen ein Meerwunder,
Eine ganze neue Welt –
Eine neue Welt mit neuen
Menschensorten, neuen Bestien,
Neuen Bäumen, Blumen, Vögeln
Und mit neuen Weltkrankheiten!
Unterdessen unsre alte
Unsre eigne alte Welt
Umgestaltet ganz verwandelt
Wunderbarlich wurde sie
Durch Erfindnisse des Geistes
Des modernen Zaubergeistes
Durch die Schwarzkunst Berthold Schwarzes
Und die noch viel schlimmre Schwarzkunst
Eines Mainzer Teufelbaners
So wie auch durch die Magie
Welche waltet
Weitere Kostenlose Bücher