Sämtliche Werke
einjagen.
Ein treues Abbild von meinem Steiß,
Vermach ich der schwäbischen Schule; ich weiß,
Ihr wolltet mein Gesicht nicht haben,
Nun könnt ihr am Gegenteil euch laben.
Zwölf Krüge Seidlitzer Wasser vermach
Ich dem edlen Dichtergemüt, das, ach!
Seit Jahren leidet an Sangesverstopfung;
Ihn tröstete Liebe, Glaube und Hoffnung.
Und dieses ist ein Kodizill:
Für den Fall, daß keiner annehmen will
Die erwähnten Legate, so sollen sie alle
Der römisch-katholischen Kirche verfallen.
An einen politischen Dichter
Du singst, wie einst Tyrtäus sang,
Von Heldenmut beseelet,
Doch hast du schlecht dein Publikum
Und deine Zeit gewählet.
Beifällig horchen sie dir zwar,
Und loben, schier begeistert:
Wie edel dein Gedankenflug,
Wie du die Form bemeistert.
Sie pflegen auch beim Glase Wein
Ein Vivat dir zu bringen
Und manchen Schlachtgesang von dir
Lautbrüllend nachzusingen.
Der Knecht singt gern ein Freiheitslied
Des Abends in der Schenke:
Das fördert die Verdauungskraft,
Und würzet die Getränke.
An Georg Herwegh
Herwegh, du eiserne Lerche,
Mit klirrendem Jubel steigst du empor
Zum heiligen Sonnenlichte!
Ward wirklich der Winter zunichte?
Steht wirklich Deutschland im Frühlingsflor?
Herwegh, du eiserne Lerche,
Weil du so himmelhoch dich schwingst,
Hast du die Erde aus dem Gesichte
Verloren – Nur in deinem Gedichte
Lebt jener Lenz, den du besingst.
[O Hoffmann, deutscher Brutus]
O Hoffmann, deutscher Brutus,
Wie bist du mutig und kühn,
Du setzest Läuse den Fürsten
In den Pelz, in den Hermelin.
Und wen es jückt, der kratzt sich,
Sie kratzen sich endlich tot,
Die sechsunddreißig Tyrannen,
Und es endigt unsre Not.
O Hoffmann, deutscher Brutus,
Von Fallersleben genannt,
Mit deinem Ungeziefer
Befreist du das Vaterland.
[Im lieben Deutschland daheime]
Im lieben Deutschland daheime,
Da wachsen viel Lebensbäume;
Doch lockt die Kirsche noch so sehr,
Die Vogelscheuche schreckt noch mehr.
Wir lassen uns wie Spatzen
Einschüchtern von Teufelsfratzen;
Wie auch die Kirsche lacht und blüht,
Wir singen ein Entsagungslied:
Die Kirschen sind von außen rot,
Doch drinnen steckt als Kern der Tod;
Nur droben, wo die Sterne,
Gibts Kirschen ohne Kerne.
Gott Vater, Gott Sohn, Gott heiliger Geist,
Die unsere Seele lobt und preist -
Nach diesen sehnet ewiglich
Die arme deutsche Seele sich.
Nur wo die Engel fliegen,
Da wächst das ewge Vergnügen;
Hier unten ist alles Sünd und Leid
Und saure Kirsche und Bitterkeit.
[Die Eule studierte Pandekten]
Die Eule studierte Pandekten,
Kanonisches Recht und die Glossa,
Und als sie kam nach Welschland,
Sie frug: Wo liegt Canossa?
Die alten, matten Raben
Sie ließen die Flügel hangen,
Sie sprachen: Das alte Canossa
Ist längstens untergegangen.
Wir möchten ein neues bauen,
Doch fehlt dazu das Beste:
Die Marmorblöcke, die Quadern,
Und die gekrönten Gäste.
Nachlese
Romanzero
~
Schloßlegende
Michel nach dem März
Festgedicht
Diesseits und jenseits des Rheins
Lebewohl
Morphine
~
Schloßlegende
Zu Berlin im alten Schlosse,
Sehen wir, aus Stein gemetzt,
Wie ein Weib mit einem Rosse
Sodomitisch sich ergötzt.
Und es heißt: daß jene Dame
Die erlauchte Mutter ward
Unsres Fürstenstamms; der Same
Schlug fürwahr nicht aus der Art.
Ja, sie hatten alle wenig
Von der menschlichen Natur!
Und an jedem Preußenkönig
Merkte man die Pferdespur.
Stets brutal zugleich und blöde,
Stallgedanken, jammervoll,
Ein Gewieher ihre Rede,
Eine Bestie jeder Zoll.
Du allein, du des Geschlechtes
Letzter Sprößling, fühlst und denkst
Wie ein Mensch, und hast ein echtes
Christenherz, und bist kein Hengst.
Michel nach dem März
Solang ich den deutschen Michel gekannt,
War er ein Bärenhäuter;
Ich dachte im März, er hat sich ermannt
Und handelt fürder gescheuter.
Wie stolz erhob er das blonde Haupt
Vor seinen Landesvätern!
Wie sprach er – was doch unerlaubt –
Von hohen Landesverrätern.
Das klang so süß zu meinem Ohr
Wie märchenhafte Sagen,
Ich fühlte, wie ein junger Tor,
Das Herz mir wieder schlagen.
Doch als die schwarzrotgoldne Fahn’,
Der altgermanische Plunder,
Aufs neu’ erschien, da schwand mein Wahn
Und die süßen Märchenwunder.
Ich kannte die Farben in diesem Panier
Und ihre Vorbedeutung:
Von deutscher Freiheit brachten sie mir
Die schlimmste Hiobszeitung.
Schon sah ich den Arndt, den Vater Jahn –
Die Helden aus andern Zeiten
Aus ihren Gräbern wieder nahn
Und
Weitere Kostenlose Bücher