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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Schnaphahn,
    Und flöhest du bis China, Japan!
    Denn überall wohin du reist
    Sitzt ja im Herzchen dir mein Geist
    Hier träumt er seine tollsten Träume
    Hier schlägt er seine Burzelbäume.
    Hörst du? Er musiziret jetzt –
    Die Flöh in deinem Hemd ergetzt
    So sehr sein Saitenspiel und Singen,
    Daß sie vor Wonne hochaufspringen.
    1855-56.
[Laß mich mit glühnden Zangen kneipen]
    Laß mich mit glühnden Zangen kneipen,
    Laß grausam schinden mein Gesicht;
    Laß mich mit Ruthen peitschen, stäupen,
    Doch warten, warten laß mich nicht!
    Laß mit Torturen aller Arten
    Verränken, brechen mein Gebein –
    Doch laß mich nicht vergebens warten,
    Denn Warten ist die schlimmste Pein!
    Den ganzen Nachmittag bis sechse
    Hab Gestern ich umsonst geharrt –
    Umsonst – du kamest nicht, O Hexe,
    So daß ich schier wahnsinnig ward!
    Die Ungeduld hielt mich umringelt
    Wie Schlangen, jeden Augenblick
    Fuhr ich empor wenn man geklingelt –
    Doch kamst du nicht, ich fiel zurück!
    Du kamest nicht – ich rase, schnaube,
    Und Satanas raunt mir ins Ohr:
    Die holde Lotosblum, ich glaube
    Moquirt sich deiner, alter Thor!
    1855-56.
[Wahrhaftig wir beide bilden]
    Wahrhaftig wir beide bilden
    Ein kurioses Paar
    Die Liebste ist schwach auf den Beinen
    Der Liebhaber lahm sogar.
    Sie ist ein leidendes Kätzchen
    Und Er ist krank wie ein Hund;
    Ich glaube im Kopfe sind beide
    Nicht sonderlich gesund.
    Sie sey eine Lotosblume
    Bildet die Liebste sich ein;
    Doch Er, der blasse Geselle,
    Vermeint der Mond zu seyn.
    Vertraut sind ihre Seelen,
    Doch jedem von beiden bleibt fremd
    Was bey dem andern befindlich
    Wohl zwischen Seel und Hemd!
    Die Lotosblume erschließet
    Ihr Kelchlein im Mondenlicht;
    Doch statt des befruchtenden Lebens
    Empfängt sie nur ein Gedicht!
    1855-56.
[Es träumte mir von einer Sommernacht]
    Es träumte mir von einer Sommernacht
    Wo bleich verwittert in dem Mondenglanze
    Bauwerke lagen, Reste alter Pracht
    Ruinen aus der Zeit der Renaissance.
    Nur hie und da mit dorisch ernstem Knauf
    Hebt aus dem Schutt sich einzeln eine Säule
    Und schaut zum Firmament hinauf
    Als ob sie spotte seiner Donnerkeile.
    Gebrochen an dem Boden liegen rings
    Portale, Giebeldächer mit Skulpturen
    Wo Mensch und Thier vermischt, Centaur und Sphynx,
    Satyr, Chimäre, Fabelzeitfiguren.
    Auch manches Frauenbild von Stein liegt hier
    Unkraut umwuchert in dem hohen Grase;
    Die Zeit, die schlimmste Syphilis, hat ihr
    Geraubt ein Stück der edlen Nymphennase.
    Es steht ein offner Marmor-Sarkophag
    Ganz unverstümmelt unter den Ruinen,
    Und gleichfalls unversehrt im Sarge lag
    Ein todter Mann mit leidend sanften Mienen –
    Karyatiden mit gerecktem Hals
    Scheinen mühsam das Monument zu halten;
    An beiden Seiten sah man ebenfalls
    Viel bas-relief gemeißelte Gestalten.
    Hier sah man des Olympos Herrlichkeit
    Mit seinen liederlichen Heidengöttern;
    Adam und Eva stehn dabey, sind beid
    Versehn mit keuschem Schurz von Feigenblättern.
    Hier sah man Troyas Untergang und Brand
    Paris und Helena, auch Hektor sah man,
    Moses und Aaron gleich daneben stand,
    Auch Judith, Holophern und Haman.
    Desgleichen war zu sehn der Gott Amour
    Phöbus Apoll, Vulkanus und Frau Venus,
    Pluto und Proserpine und Merkur,
    Gott Bachus mit Priapus und Silenus.
    Daneben stand der Esel Barlaams,
    (Der Esel war zum Sprechen gut getroffen)
    Dort sah man auch die Prüfung Abrahams
    Und Loth, der mit den Töchtern sich besoffen.
    Hier war zu schaun der Tanz Herodias
    Das Haupt des Täufers trägt man auf der Schüssel;
    Die Hölle sah man hier und Satanas,
    Und Petrus mit dem großen Himmelsschlüssel.
    Abwechselnd wieder sah man hier skulptirt
    Des geilen Jovis Brunst und Frevelthaten,
    Wie er als Schwan die Leda hat verführt,
    Die Danae als Regen von Dukaten.
    Hier war zu sehn Dianas wilde Jagd,
    Ihr folgen hochgeschürzte Nymphen, Doggen;
    Hier sah man Herkules in Frauentracht
    Die Spindel drehend, hielt im Arm den Rocken.
    Daneben ist der Sinai zu sehn
    Am Berg steht Israel mit seinen Ochsen;
    Man schaut den Herrn als Kind im Tempel stehn,
    Und disputiren mit den Orthodoxen.
    Die Gegensätze sind hier grell gepaart:
    Des Griechen Lustsinn und der Gottgedanke
    Judäas! Und in Arabeskenart
    Um beide schlingt das Epheu seine Ranke.
    Doch wunderbar! derweilen solcherley
    Bildwerke träumend ich betrachtet habe
    Wird plötzlich mir zu Sinn, ich selber sey
    Der todte Mann im schönen Marmorgrabe.
    Zu Häupten aber meiner Ruhestätt
    Stand eine Blume räthselhaft gestaltet,
    Die

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