Sämtliche Werke
Himmel Sonne Mond und Stern
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Für das Album von Elisabeth Friedländer
Ich seh’ dich an und glaub’ es kaum –
Es war ein schöner Rosenbaum –
Die Düfte stiegen mir lockend zu Häupten,
Daß sie mir zuweilen das Hirn betäubten –
Es blüht hervor die Erinnerung –
Ach! damals war ich närrisch und jung –
Jetzt bin ich alt und närrisch – Ein Stechen
Fühl ich im Aug’ – Nun muß ich sprechen
In Reimen sogar – es wird mir schwer,
Das Herz ist voll, der Kopf ist leer!
Du kleine Cousinenknospe! es zieht
Bey deinem Anblick durch mein Gemüth
Gar seltsame Trauer, in seinen Tiefen
Erwachen Bilder die lange schliefen –
Syrenenbilder, sie schlagen auf
Die lachenden Augen, sie schwimmen herauf
Lustplätschernd – Die Schönste der Schaar
Die gleicht dir selber auf ein Haar! –
Das ist der Jugend Frühlingstraum –
Ich seh’ dich an und glaub’ es kaum!
Das sind die Züge der theuren Syrene,
Das sind die Blicke, das sind die Töne –
Sie hat ein süßkrötiges Stimmelein,
Bezaubernd die Herzen groß und klein –
Die Schmeicheläuglein spielen in’s Grüne,
Meerwunderlich mahnend an Delphine –
Ein bischen spärlich die Augenbrau’n,
Doch hochgewölbt und anzuschau’n
Wie anmuthstolze Siegesbogen –
Auch Grübchenringe, lieblich gezogen,
Dicht unter dem Aug’, in den rosigen Wänglein –
Doch leider weder Menschen noch Englein
Sind ganz vollkommen – Das herrlichste Wesen
Hat seine Fehler, wie wir lesen
In allen Mährchen. Herr Lusignan,
Der einst die schönste Meerfee gewann,
Hat doch an ihr, in manchen Stunden,
Den heimlichen Schlangenschwanz gefunden.
5. 9. 1844
Warnung
Verletze nicht durch kalten Ton
Den Jüngling, welcher dürftig, fremd,
Um Hülfe bittend, zu dir kömmt –
Er ist vielleicht ein Göttersohn.
Siehst du ihn wieder einst, sodann
Die Gloria sein Haupt umflammt;
Den strengen Blick, der dich verdammt,
Dein Auge nicht ertragen kann.
[Ewigkeit! wie bist du lang]
Ewigkeit! wie bist du lang
Länger noch als tausend Jahr
Tausend Jahre brat ich schon,
Ach! Und ich bin noch nicht gar.
Ewigkeit! wie bist du lang
Länger noch als 1000 Jahr,
Und der Satan komt am End
Frist mich auf mit Haut und Haar.
Der Helfer
Du frohlockst, Plantagenet, und glaubst
Daß du die letzte Hoffnung uns raubst,
Weil deine Knechte ein Grabmal fanden,
Worauf der Name »Arthur« gestanden.
Arthur ist nicht gestorben, es barg
Nicht seinen Leichnam der steinerne Sarg.
Ich selber sah ihn vor wenig Tagen
Lebendigen Leibes im Walde jagen.
Er trug ein Kleid von grünem Sammt,
Die Lippe lacht, das Auge flammt.
Er kam mit seinen Jagdgenossen
Einhergeritten auf stolzen Rossen.
Wie allgewaltig sein Hüfthorn schallt,
Trara – trara – durch Thal und Wald!
Die Zauberklänge, die Wundertöne,
Sie sind verständlich für Kornwalls Söhne.
Sie melden, die Zeit ist noch nicht da,
Doch kommt sie bald – Trara – trara! –
Und König Arthur mit seinen Getreuen,
Wird von den Normannen das Land befreyen.
1849-51.
Razionalistische Exegese
Nicht v o n Raben, nein m i t Raben
Wurde Elias ernähret –
Also ohne Wunder haben
Wir die Stelle uns erkläret.
Ja, anstatt gebratner Tauben,
Gab man ihm gebratne Raben,
Wie wir deren selbst mit Glauben
Zu Berlin gespeiset haben.
1850.
[Unbequemer neuer Glauben]
Unbequemer neuer Glauben!
Wenn sie uns den Hergott rauben,
Hat das Fluchen auch ein End –
Himmel – Herrgott – Sakrament!
Wir entbehren leicht das Beten,
Doch das Fluchen ist von Nöthen
Wenn man gegen Feinde rennt –
Himmel – Herrgott – Sakrament!
Nicht zum Lieben, nein, zum Hassen,
Sollt Ihr uns den Herrgott lassen,
Weil man sonst nicht fluchen könnt’–
Himmel – Herrgott – Sakrament!
Ab 1850.
[Beine hat uns zwey gegeben]
Beine hat uns zwey gegeben
Gott der Herr, um fortzustreben,
Wollte nicht daß an der Scholle
Unsre Menschheit kleben solle.
Um ein Stillstandsknecht zu seyn
Gnügte uns ein einzges Bein.
Augen gab uns Gott ein Paar
Daß wir schauen rein und klar;
Um zu glauben was wir lesen,
Wär e i n Auge g’nug gewesen.
Gott gab uns die Augen beide,
Daß wir schauen und begaffen
Wie er hübsch die Welt erschaffen
Zu des Menschen Augenweide.
Doch beim Gaffen in den Gassen
Sollen wir die Augen brauchen
Und uns dort nicht treten lassen
Auf die armen Hühneraugen,
Die uns ganz besonders plagen
Wenn wir enge Stiefel
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