Sämtliche Werke
Blätter schwefelgelb und violet,
Doch wilder Liebreitz in der Blume waltet.
Das Volk nennt sie die Blume der Passion
Und sagt, sie sey dem Schädelberg entsprossen,
Als man gekreuzigt hat den Gottessohn,
Und dort sein welterlösend Blut geflossen.
Blutzeugniß, heißt es, gebe diese Blum
Und alle Marterinstrumente welche
Den Henkern dienten bey dem Martyrthum
Trage sie konterfeit in ihrem Kelche.
Ja, alle Requisiten der Passion
Sähe man hier, die ganze Folterkammer,
Zum Beyspiel, Geißel, Stricke, Dornenkron,
Das Kreuz, den Kelch, Nägel und Hammer.
Solch eine Blum an meinem Grabe stand,
Sich über meinen Leichnam niederbeugend
Wie Frauentrauer, küßt sie mir die Hand,
Küßt Stirne mir und Augen trostlos schweigend.
Doch Zauberey des Traumes! Seltsamlich
Die Blume der Passion, die schwefelgelbe
Verwandelt in ein Frauenbildniß sich –
Und das ist Sie, die Liebste, ja dieselbe.
Du warst die Blume, du, geliebtes Kind
An deinen Küssen mußt ich dich erkennen –
So zärtlich keine Blumenlippen sind,
So feurig keine Blumenthränen brennen!
Geschlossen war mein aug, doch angeblickt
Hat meine Seel beständig dein Gesichte;
Du sahst mich an, beseligt und verzückt
Und geisterhaft beglänzt vom Mondenlichte.
Wir sprachen nicht. Jedoch mein Herz vernahm
Was du verschwiegen dachtest im Gemüthe –
Das ausgesprochne Wort ist ohne Schaam,
Das Schweigen ist der Liebe keusche Blüthe.
Und wie beredsam dieses Schweigen ist!
Man sagt sich alles ohne Metaphoren,
Ganz ohne Feigenblatt, ganz ohne List
Des Silbenfalls, des Wohllauts der Rhetoren.
Lautloses Zwiegespräch! man glaubt es kaum,
Wie bey dem stummen zärtlichen Geplauder,
So schnell die Zeit verstreicht im schönen Traum
Der Sommernacht, gewebt aus Lust und Schauder!
Was wir gesprochen? frag es niemals, ach!
Den Glühwurm frag was er den Gräsern glimmert?
Die Welle frage was sie rauscht im Bach?
Frage den Westwind was er weht und wimmert?
Frag was er stralet der Karfunkelstein?
Frag was sie düfteln, Nachtviol und Rosen?
Doch frage nie wovon im Mondenschein
Die Marterblume und ihr Todter kosen!
Ich weiß es nicht wie lange ich genoß
In meiner schlummerkühlen Marmortruhe
Den schönen Friedenstraum – Ach, es zerfloß
Die Wonne meiner ungestörten Ruhe!
O Tod! mit deiner Grabesstille, du,
Nur du kannst uns die beste Wollust geben –
Den Krampf der Leidenschaft, Lust ohne Ruh
Giebt uns für Glück das albern blöde Leben!
Doch wehe mir! Es schwand die Seligkeit,
Als draußen plötzlich sich ein Lärm erhoben,
Es war ein scheltend, stampfend wüster Streit –
Ach! meine Blum verscheuchte dieses Toben.
Ja draußen sich erhob mit wildem Grimm
Ein Zanken, ein Gekeife, ein Gekläffe!
Ich glaubte zu erkennen manche Stimm –
Es waren meines Grabmals Bas-Relieffe.
Spukt in dem Stein der alte Glaubenswahn?
Und disputiren diese Marmorschemen?
Der Schreckensruf des grimmen Waldgotts Pan
Wetteifert wild mit Mosis Anathemen.
O dieser Streit wird end’gen nimmermehr,
Stets wird die Wahrheit hadern mit dem Schönen,
Stets wird geschieden seyn der Menschheit Heer
In zwey Parthey’n, Barbaren und Helenen.
Das fluchte, schimpfte! gar kein Ende nahm’s
Mit dieser Controverse, der langweil’gen!
Da war zumal der Esel Barlaams,
Der überschrie die Götter und die Heilgen.
Mit diesem I-A! I-A! dem Gewiehr
Dem rülpsend ekelhaften Mißlaut brachte
Mich zur Verzweiflung fast das dumme Thier –
Ich selbst zuletzt schrie auf – und ich erwachte.
1855.
[Worte! Worte! keine Thaten!]
Worte! Worte! keine Thaten!
Nimals Fleisch, geliebte Puppe,
Immer Geist und keinen Braten,
Keine Knödel in der Suppe!
Doch vielleicht ist dir zuträglich
Nimmermehr die Lendenkraft
Welche gallopiret täglich
Auf dem Roß der Leidenschaft
Ja, ich fürchte fast, es riebe
Zartes Kind, dich endlich auf
Jene wilde Jagd der Liebe
Amors
Steeple race
Wettlauf
Viel gesunder glaub ich schier
Ist für dich ein kranker Mann
Als Liebhaber, der gleich mir
Kaum ein Glied bewegen kann
Deßhalb unsrem Herzensbund
Liebste, widme deine Triebe
Solches ist dir sehr gesund,
Eine Art Gesundheitsliebe.
1855.
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