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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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ausgeübet
    Luthers Wahlspruch: wer nicht liebet
    Wein und Weiber und Gesang,
    Bleibt ein Narr sein lebelang.
    Möge, Max, das Glück bekränzen
    Stets dein Haupt und dir kredenzen
    Täglich seinen Festpokal
    In des Lebens Kuhschwanzsaal!
    1852.
Citronia
    Das war in jener Kinderzeit,
    Als ich noch trug ein Flügelkleid
    Und in die Kinderschule ging,
    Wo ich das A B C anfing –
    Ich war das einz’ge kleine Bübchen
    In jenem Vogelkäfigstübchen.
    Ein Dutzend Mädchen, allerliebst
    Wie Vöglein haben dort gepiepst,
    Gezwitschert und getirilirt,
    Auch ganz erbärmlich buchstabirt.
    Frau Hindermans im Lehnstuhl saß,
    Die Brille auf der langen Nas’,
    (Ein Eulenschnabel wars vielmehr.)
    Das Köpflein wackelnd hin und her,
    Und in der Hand die Birkenruth’,
    Womit sie schlug die kleine Brut,
    Das weinend kleine arme Ding,
    Das harmlos einen Fehl beging –
    Das Röcklein wurde aufgehoben
    Nach hinten, und die kleinen Globen,
    Die dort sich wölben rührend schön,
    Manchmal wie Rosen anzusehn,
    Manchmal wie Liljen, wie die gelben
    Violen manchmal, ach! dieselben
    Sie wurden von der alten Frau
    Geschlagen bis sie braun und blau!
    Mißhandelt und beschimpft zu werden,
    Das ist des Schönen Loos auf Erden.
    Citronia hab ich genannt
    Das wunderbare Zauberland,
    Das ich einst bey der Hindermans
    Erblickt im goldnen Sonnenglanz –
    Es war so zärtlich ideal,
    Zitronenfarbig und oval,
    So anmuthvoll und freundlich mild
    Und stolz empört zugleich – dein Bild,
    Du erste Blüthe meiner Minne!
    Es kam mir niemals aus dem Sinne.
    Das Kind ward Jüngling und jetzunder
    Bin ich ein Mann sogar – O Wunder,
    Der goldne Traum der Kinderzeit
    Taucht wieder auf in Wirklichkeit!
    Was ich gesucht die Kreuz und Quer,
    Es wandelt leiblich vor mir her,
    Ich hauche ein der holden Nähe
    Gewürzten Odem – doch, o Wehe!
    Ein Vorhang von schwarzbrauner Seide
    Raubt mir die süße Augenweide!
    Der dumme Lappen, der so dünne
    Wie das Gewebe einer Spinne,
    Verhüllet mir die Gloria
    Des Zauberlands Citronia!
    Ich bin wie König Tantalus,
    Mich lockt und neckt zugleich Genuß:
    Der Trunk, wonach die Lippen dürsten
    Entgleitet mir wie jenem Fürsten;
    Die Frucht, die ich genösse gern,
    Sie ist mir nah und doch so fern!
    Ein Fluch dem Wurme, welcher spann
    Die Seide, und ein Fluch dem Mann,
    Dem Weber, welcher wob den Taft,
    Woraus der dunkle, schauderhaft
    Infame Vorhang ward gemacht,
    Der mir verfinstert alle Pracht
    Und allen goldnen Sonnenglanz
    Zitronias, des Zauberlands!
    Manchmal, mit toller Fieberglut,
    Faßt mich ein Wahnsinnübermuth –
    O die verwünschte Scheidewand!
    Es treibt mich dann mit kecker Hand
    Die seidne Hülle abzustreifen,
    Nach meinem nackten Glück zu greifen –
    Jedoch aus allerley Rücksichten
    Muß ich auf solche That verzichten; –
    Auch ist dergleichen Dreistigkeit
    Nicht mehr im Geiste unsrer Zeit –
    Es heiligt jetzt der Sitte Codex
    Die Unantastbarkeit des Podex.
    Nachwort
    Unverblümt an andern Orten
    Werdet Ihr in klaren Worten
    Später ganz ausführlich lesen
    Was Citronia gewesen.
    Unterdeß, wer ihn versteht,
    Einen Meister nie verräth –
    Wißt ihr doch, daß jede Kunst
    Ist am End ein blauer Dunst.
    Was war jene Blume, welche
    Weiland mit dem blauen Kelche
    So romantisch süß geblüht
    In des Ofterdingen Lied?
    Wars vielleicht die blaue Nase
    Seiner mitschwindsücht’gen Base,
    Die im Adelsstifte starb?
    Mag vielleicht von blauer Farb’
    Ein Strumpfband gewesen seyn,
    Das beim Hofball fiel vom Bein
    Einer Dame – Firlefanz!
    Honny soit qui mal y pense!
    1852-54.
[Welcher Frevel! Freund! Abtrünnig]
    Welcher Frevel! Freund! Abtrünnig
    Wirst du deiner fetten Hanne,
    Und du liebst jetzt jene spinnig
    Dürre, magre Mariane!
    Läßt man sich vom Fleische locken,
    Das ist immer noch verzeihlich;
    Aber Buhlschaft mit den Knochen,
    Diese Sünde ist abscheulich!
    Das ist Satans böse Tücke,
    Er verwirret unsre Sinne!
    Wir verlassen eine Dicke,
    Und wir nehmen eine Dünne!
    Ab 1850.
Eduard
    Panaschirter Leichenwagen,
    Schwarzbehängte Trauerpferde!
    Ihm, den sie zu Grabe tragen,
    Glückte nichts auf dieser Erde.
    War ein junger Mann. Er hätte
    Gern wie Andre sich erquicket
    An dem irdischen Bankette,
    Doch es ist ihm nicht geglücket.
    Lieblich ward ihm eingeschenket
    Der Champagner, perlenschäumend;
    Doch er saß, das Haupt gesenket,
    Melancholisch ernst und träumend.
    Manchmal ließ er in den Becher
    Eine stille Thräne fließen,
    Während rings umher die Zecher
    Ihre Lust erschallen

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