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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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ich bin es,
    Bin die ungeschlachte Bestie,
    Bin das plumpe Trampeltier
    Eures Hohnes, eures Lächelns!
    Bin die Zielscheib’ eures Witzes,
    Bin das Ungetüm, womit
    Ihr die Kinder schreckt des Abends,
    Die unart’gen Menschenkinder.
    Bin das rohe Spottgebilde
    Eurer Ammenmärchen, bin es,
    Und ich ruf es laut hinunter
    In die schnöde Menschenwelt.
    Hört es, hört, ich bin ein Bär,
    Nimmer schäm ich mich des Ursprungs,
    Und bin stolz darauf, als stammt’ ich
    Ab von Moses Mendelssohn!«
    Caput X
    Zwo Gestalten, wild und mürrisch,
    Und auf allen vieren rutschend,
    Brechen Bahn sich durch den dunklen
    Tannengrund, um Mitternacht.
    Das ist Atta Troll, der Vater,
    Und sein Söhnchen, Junker Einohr.
    Wo der Wald sich dämmernd lichtet,
    Bei dem Blutstein, stehn sie stille.
    »Dieser Stein« – brummt Atta Troll –
    »Ist der Altar, wo Druiden
    In der Zeit des Aberglaubens
    Menschenopfer abgeschlachtet.
    O der schauderhaften Greuel!
    Denk ich dran, sträubt sich das Haar
    Auf dem Rücken mir – Zur Ehre
    Gottes wurde Blut vergossen!
    Jetzt sind freilich aufgeklärter
    Diese Menschen, und sie töten
    Nicht einander mehr aus Eifer
    Für die himmlischen Intressen; –
    Nein, nicht mehr der fromme Wahn,
    Nicht die Schwärmerei, nicht Tollheit,
    Sondern Eigennutz und Selbstsucht
    Treibt sie jetzt zu Mord und Totschlag.
    Nach den Gütern dieser Erde
    Greifen alle um die Wette,
    Und das ist ein ew’ges Raufen,
    Und ein jeder stiehlt für sich!
    Ja, das Erbe der Gesamtheit
    Wird dem einzelnen zur Beute,
    Und von Rechten des Besitzes
    Spricht er dann, von Eigentum!
    Eigentum! Recht des Besitzes!
    O des Diebstahls! O der Lüge!
    Solch Gemisch von List und Unsinn
    Konnte nur der Mensch erfinden.
    Keine Eigentümer schuf
    Die Natur, denn taschenlos,
    Ohne Taschen in den Pelzen,
    Kommen wir zur Welt, wir alle.
    Keinem von uns allen wurden
    Angeboren solche Säckchen
    In dem äußern Leibesfelle,
    Um den Diebstahl zu verbergen.
    Nur der Mensch, das glatte Wesen,
    Das mit fremder Wolle künstlich
    Sich bekleidet, wußt auch künstlich
    Sich mit Taschen zu versorgen.
    Eine Tasche! Unnatürlich
    Ist sie wie das Eigentum,
    Wie die Rechte des Besitzes –
    Taschendiebe sind die Menschen!
    Glühend haß ich sie! Vererben
    Will ich dir, mein Sohn, den Haß.
    Hier auf diesem Altar sollst du
    Ew’gen Haß den Menschen schwören!
    Sei der Todfeind jener argen
    Unterdrücker, unversöhnlich,
    Bis ans Ende deiner Tage –
    Schwör es, schwör es hier, mein Sohn!«
    Und der Jüngling schwur, wie eh’mals
    Hannibal. Der Mond beschien
    Gräßlich gelb den alten Blutstein
    Und die beiden Misanthropen. – –
    Später wollen wir berichten,
    Wie der Jungbär treu geblieben
    Seinem Eidschwur; unsre Leier
    Feiert ihn im nächsten Epos.
    Was den Atta anbetrifft,
    So verlassen wir ihn gleichfalls,
    Doch um später ihn zu treffen,
    Desto sichrer, mit der Kugel.
    Deine Untersuchungsakten,
    Hochverräter an der Menschheit
    Majestät! sind jetzt geschlossen;
    Morgen wird auf dich gefahndet.
    Caput XI
    Wie verschlafne Bajaderen
    Schaun die Berge, stehen fröstelnd
    In den weißen Nebelhemden,
    Die der Morgenwind bewegt.
    Doch sie werden bald ermuntert
    Von dem Sonnengott, er streift
    Ihnen ab die letzte Hülle
    Und bestrahlt die nackte Schönheit!
    In der Morgenfrühe war ich
    Mit Laskaro ausgezogen
    Auf die Bärenjagd. Um Mittag
    Kamen wir zum Pont d’Espagne.
    So geheißen ist die Brücke,
    Die aus Frankreich führt nach Spanien,
    Nach dem Land der Westbarbaren,
    Die um tausend Jahr’ zurück sind.
    Sind zurück um tausend Jahre
    In moderner Weltgesittung –
    Meine eignen Ostbarbaren
    Sind es nur um ein Jahrhundert.
    Zögernd, fast verzagt, verließ ich
    Den geweihten Boden Frankreichs,
    Dieses Vaterlands der Freiheit
    Und der Frauen, die ich liebe.
    Mitten auf dem Pont d’Espagne
    Saß ein armer Spanier. Elend
    Lauschte aus des Mantels Löchern,
    Elend lauschte aus den Augen.
    Eine alte Mandoline
    Kneipte er mit magern Fingern;
    Schriller Mißlaut, der verhöhnend
    Aus den Klüften widerhallte.
    Manchmal beugt’ er sich hinunter
    Nach dem Abgrund, und er lachte,
    Klimperte nachher noch toller,
    Und er sang dabei die Worte:
    »Mitten drin in meinem Herzen
    Steht ein kleines güldnes Tischchen,
    Um das kleine güldne Tischchen
    Stehn vier kleine güldne Stühlchen.
    Auf den güldnen Stühlchen sitzen
    Kleine Dämchen, güldne Pfeile
    Im Chignon; sie spielen Karten,
    Aber Klara nur gewinnt.
    Sie gewinnt und lächelt schalkhaft.
    Ach, in meinem

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