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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Herzen, Klara,
    Wirst du jedesmal gewinnen,
    Denn du hast ja alle Trümpfe.« –
    Weiterwandernd, zu mir selber
    Sprach ich: ›Sonderbar, der Wahnsinn
    Sitzt und singt auf jener Brücke,
    Die aus Frankreich führt nach Spanien.
    Ist der tolle Bursch das Sinnbild
    Vom Ideentausch der Länder?
    Oder ist er seines Volkes
    Sinnverrücktes Titelblatt?‹
    Gegen Abend erst erreichten
    Wir die klägliche Posada,
    Wo die Ollea Potrida
    Dampfte in der schmutz’gen Schüssel.
    Dorten aß ich auch Garbanzos,
    Groß und schwer wie Flintenkugeln,
    Unverdaulich selbst dem Deutschen,
    Der mit Klößen aufgewachsen.
    Und ein Seitenstück der Küche
    War das Bett. Ganz mit Insekten
    Wie gepfeffert – Ach! die Wanzen
    Sind des Menschen schlimmste Feinde.
    Schlimmer als der Zorn von tausend
    Elefanten ist die Feindschaft
    Einer einz’gen kleinen Wanze,
    Die auf deinem Lager kriecht.
    Mußt dich ruhig beißen lassen –
    Das ist schlimm – Noch schlimmer ist es,
    Wenn du sie zerdrückst: der Mißduft
    Quält dich dann die ganze Nacht.
    Ja, das Schrecklichste auf Erden
    Ist der Kampf mit Ungeziefer,
    Dem Gestank als Waffe dient –
    Das Duell mit einer Wanze!
    Caput XII
    Wie sie schwärmen, die Poeten,
    Selbst die zahmen! und sie singen
    Und sie sagen: die Natur
    Sei ein großer Tempel Gottes;
    Sei ein Tempel, dessen Prächte
    Von dem Ruhm des Schöpfers zeugten,
    Sonne, Mond und Sterne hingen
    Dort als Lampen in der Kuppel.
    Immerhin, ihr guten Leute!
    Doch gesteht, in diesem Tempel
    Sind die Treppen unbequem –
    Niederträchtig schlechte Treppen!
    Dieses Ab- und Niedersteigen,
    Bergaufklimmen und das Springen
    Über Blöcke, es ermüdet
    Meine Seel’ und meine Beine.
    Neben mir schritt der Laskaro,
    Blaß und lang, wie eine Kerze;
    Niemals spricht er, niemals lacht er,
    Er, der tote Sohn der Hexe.
    Ja, es heißt, er sei ein Toter,
    Längst verstorben, doch der Mutter,
    Der Uraka, Zauberkünste
    Hielten scheinbar ihn am Leben. –
    Die verwünschten Tempeltreppen!
    Daß ich stolpernd in den Abgrund
    Nicht den Hals gebrochen mehrmals,
    Ist mir heut noch unbegreiflich.
    Wie die Wasserstürze kreischten!
    Wie der Wind die Tannen peitschte,
    Daß sie heulten! Plötzlich platzten
    Auch die Wolken – schlechtes Wetter!
    In der kleinen Fischerhütte,
    An dem Lac de Gobe fanden
    Wir ein Obdach und Forellen;
    Diese aber schmeckten köstlich.
    In dem Polsterstuhle lehnte,
    Krank und grau, der alte Fährmann.
    Seine beiden schönen Nichten,
    Gleich zwei Engeln, pflegten seiner.
    Dicke Engel, etwas flämisch,
    Wie entsprungen aus dem Rahmen
    Eines Rubens: goldne Locken,
    Kerngesunde, klare Augen,
    Grübchen in Zinnoberwangen,
    Drin die Schalkheit heimlich kichert,
    Und die Glieder stark und üppig,
    Lust und Furcht zugleich erregend.
    Hübsche, herzliche Geschöpfe,
    Die sich köstlich disputierten:
    Welcher Trank dem siechen Oheim
    Wohl am besten munden würde?
    Reicht die eine ihm die Schale
    Mit gekochten Lindenblüten,
    Dringt die andre auf ihn ein
    Mit Holunderblumenaufguß.
    »Keins von beiden will ich saufen«
    Rief der Alte ungeduldig –
    »Holt mir Wein, daß ich den Gästen
    Einen bessern Trunk kredenze!«
    Ob es wirklich Wein gewesen,
    Was ich trank am Lac de Gobe,
    Weiß ich nicht. In Braunschweig hätt ich
    Wohl geglaubt, es wäre Mumme.
    Von dem besten schwarzen Bocksfell
    War der Schlauch; er stank vorzüglich.
    Doch der Alte trank so freudig,
    Und er ward gesund und heiter.
    Er erzählte uns die Taten
    Der Banditen und der Schmuggler,
    Die da hausen, frei und frank,
    In den Pyrenäenwäldern.
    Auch von älteren Geschichten
    Wußt er viele, unter andern
    Auch die Kämpfe der Giganten
    Mit den Bären in der Vorzeit.
    Ja, die Riesen und die Bären
    Stritten weiland um die Herrschaft
    Dieser Berge, dieser Täler,
    Eh’ die Menschen eingewandert.
    Bei der Menschen Ankunft flohen
    Aus dem Lande fort die Riesen,
    Wie verblüfft; denn wenig Hirn
    Steckt in solchen großen Köpfen.
    Auch behauptet man: die Tölpel,
    Als sie an das Meer gelangten
    Und gesehn, wie sich der Himmel
    In der blauen Flut gespiegelt,
    Hätten sie geglaubt, das Meer
    Sei der Himmel, und sie stürzten
    Sich hinein mit Gottvertrauen;
    Seien sämtlich dort ersoffen.
    Was die Bären anbeträfe,
    So vertilge jetzt der Mensch
    Sie allmählich, jährlich schwände
    Ihre Zahl in dem Gebirge.
    »So macht einer« – sprach der Alte –
    »Platz dem andern auf der Erde.
    Nach dem Untergang der Menschen
    Kommt die Herrschaft an die Zwerge,
    An die winzig klugen

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