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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Leutchen,
    Die im Schoß der Berge hausen,
    In des Reichtums goldnen Schachten,
    Emsig klaubend, emsig sammelnd.
    Wie sie lauern aus den Löchern,
    Mit den pfiffig kleinen Köpfchen,
    Sah ich selber oft im Mondschein,
    Und mir graute vor der Zukunft!
    Vor der Geldmacht jener Knirpse!
    Ach, ich fürchte, unsre Enkel
    Werden sich wie dumme Riesen
    In den Wasserhimmel flüchten!«
    Caput XIII
    In dem schwarzen Felsenkessel
    Ruht der See, das tiefe Wasser.
    Melancholisch bleiche Sterne
    Schaun vom Himmel. Nacht und Stille.
    Nacht und Stille. Ruderschläge.
    Wie ein plätscherndes Geheimnis
    Schwimmt der Kahn. Des Fährmanns Rolle
    Übernahmen seine Nichten.
    Rudern flink und froh. Im Dunkeln
    Leuchten manchmal ihre stämmig
    Nackten Arme, sternbeglänzt,
    Und die großen blauen Augen.
    Mir zur Seite sitzt Laskaro,
    Wie gewöhnlich blaß und schweigsam.
    Mich durchschauert der Gedanke:
    Ist er wirklich nur ein Toter?
    Bin ich etwa selbst gestorben,
    Und ich schiffe jetzt hinunter,
    Mit gespenstischen Gefährten,
    In das kalte Reich der Schatten?
    Dieser See, ist er des Styxes
    Düstre Flut? Läßt Proserpine,
    In Errnangelung des Charon,
    Mich durch ihre Zofen holen?
    Nein, ich bin noch nicht gestorben
    Und erloschen – in der Seele
    Glüht mir noch und jauchzt und lodert
    Die lebend’ge Lebensflamme.
    Diese Mädchen, die das Ruder
    Lustig schwingen und auch manchmal
    Mit dem Wasser, das herabträuft,
    Mich bespritzen, lachend, schäkernd –
    Diese frischen, drallen Dirnen
    Sind fürwahr nicht geisterhafte
    Kammerkatzen aus der Hölle,
    Nicht die Zofen Proserpinens!
    Daß ich ganz mich überzeuge
    Ihrer Oberweltlichkeit,
    Und der eignen Lebensfülle
    Auch tatsächlich mich versichre,
    Drückt ich hastig meine Lippen
    Auf die roten Wangengrübchen,
    Und ich machte den Vernunftschluß:
    Ja, ich küsse, also leb ich!
    Angelangt ans Ufer, küßt ich
    Noch einmal die guten Mädchen;
    Nur in dieser Münze ließen
    Sie das Fährgeld sich bezahlen.
    Caput XIV
    Aus dem sonn’gen Goldgrund lachen
    Violette Bergeshöhen,
    Und am Abhang klebt ein Dörfchen,
    Wie ein keckes Vogelnest.
    Als ich dort hinaufklomm, fand ich,
    Daß die Alten ausgeflogen
    Und zurückgeblieben nur
    Junge Brut, die noch nicht flügge.
    Hübsche Bübchen, kleine Mädchen,
    Fast vermummt in scharlachroten
    Oder weißen wollnen Kappen;
    Spielten Brautfahrt, auf dem Marktplatz.
    Ließen sich im Spiel nicht stören,
    Und ich sah, wie der verliebte
    Mäuseprinz pathetisch kniete
    Vor der Katzenkaiserstochter.
    Armer Prinz! Er wird vermählt
    Mit der Schönen. Mürrisch zankt sie,
    Und sie beißt ihn, und sie frißt ihn;
    Tote Maus, das Spiel ist aus.
    Fast den ganzen Tag verweilt ich
    Bei den Kindern, und wir schwatzten
    Sehr vertraut. Sie wollten wissen,
    Wer ich sei und was ich triebe?
    »Lieben Freunde« – sprach ich –, »Deutschland
    Heißt das Land, wo ich geboren;
    Bären gibt es dort in Menge,
    Und ich wurde Bärenjäger.
    Manchem zog ich dort das Fell
    Über seine Bärenohren.
    Wohl mitunter ward ich selber
    Stark gezaust von Bärentatzen.
    Doch mit schlechtgeleckten Tölpeln
    Täglich mich herumzubalgen
    In der teuren Heimat, dessen
    Ward ich endlich überdrüssig.
    Und ich bin hierhergekommen,
    Beßres Weidwerk aufzusuchen;
    Meine Kraft will ich versuchen
    An dem großen Atta Troll.
    Dieser ist ein edler Gegner,
    Meiner würdig. Ach! in Deutschland
    Hab ich manchen Kampf bestanden,
    Wo ich mich des Sieges schämte.« – –
    Als ich Abschied nahm, da tanzten
    Um mich her die kleinen Wesen
    Eine Ronde, und sie sangen:
    »Girofflino, Girofflette!«
    Keck und zierlich trat zuletzt
    Vor mir hin die Allerjüngste,
    Knickste zweimal, dreimal, viermal,
    Und sie sang mit feiner Stimme:
    »Wenn der König mir begegnet,
    Mach ich ihm zwei Reverenzen,
    Und begegnet mir die Kön’gin,
    Mach ich Reverenzen drei.
    Aber kommt mir gar der Teufel
    In den Weg mit seinen Hörnern,
    Knicks ich zweimal, dreimal, viermal –
    Girofflino, Girofflette!«
    »Girofflino, Girofflette!«
    Wiederholt’ das Chor, und neckend
    Wirbelte um meine Beine
    Sich der Ringeltanz und Singsang.
    Während ich ins Tal hinabstieg,
    Scholl mir nach, verhallend lieblich,
    Immerfort, wie Vogelzwitschern:
    »Girofflino, Girofflette!«
    Caput XV
    Riesenhafte Felsenblöcke,
    Mißgestaltet und verzerrt,
    Schaun mich an gleich Ungetümen,
    Die versteinert, aus der Urzeit.
    Seltsam! Graue Wolken schweben
    Drüber hin, wie Doppelgänger;
    Sind ein blödes Konterfei
    Jener wilden Steinfiguren.
    In

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