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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Höh’,
    Auf einer Stange sitzen,
    Und ich rufe zum lustigen Schießen herbei
    Die rheinischen Vogelschützen.
    Wer mir den Vogel herunterschießt,
    Mit Zepter und Krone belehn ich
    Den wackern Mann! Wir blasen Tusch
    Und rufen: »Es lebe der König!«
    Caput IV
    Zu Köllen kam ich spätabends an,
    Da hörte ich rauschen den Rheinfluß,
    Da fächelte mich schon deutsche Luft,
    Da fühlt ich ihren Einfluß –
    Auf meinen Appetit. Ich aß
    Dort Eierkuchen mit Schinken,
    Und da er sehr gesalzen war,
    Mußt ich auch Rheinwein trinken.
    Der Rheinwein glänzt noch immer wie Gold
    Im grünen Römerglase,
    Und trinkst du etwelche Schoppen zuviel,
    So steigt er dir in die Nase.
    In die Nase steigt ein Prickeln so süß,
    Man kann sich vor Wonne nicht lassen!
    Es trieb mich hinaus in die dämmernde Nacht,
    In die widerhallenden Gassen.
    Die steinernen Häuser schauten mich an,
    Als wollten sie mir berichten
    Legenden aus altverschollener Zeit,
    Der heil’gen Stadt Köllen Geschichten.
    Ja, hier hat einst die Klerisei
    Ihr frommes Wesen getrieben,
    Hier haben die Dunkelmänner geherrscht,
    Die Ulrich von Hutten beschrieben.
    Der Cancan des Mittelalters ward hier
    Getanzt von Nonnen und Mönchen;
    Hier schrieb Hochstraaten, der Menzel von Köln,
    Die gift’gen Denunziatiönchen.
    Die Flamme des Scheiterhaufens hat hier
    Bücher und Menschen verschlungen;
    Die Glocken wurden geläutet dabei
    Und Kyrie eleison gesungen.
    Dummheit und Bosheit buhlten hier
    Gleich Hunden auf freier Gasse;
    Die Enkelbrut erkennt man noch heut
    An ihrem Glaubenshasse. –
    Doch siehe! dort im Mondenschein
    Den kolossalen Gesellen!
    Er ragt verteufelt schwarz empor,
    Das ist der Dom von Köllen.
    Er sollte des Geistes Bastille sein,
    Und die listigen Römlinge dachten:
    In diesem Riesenkerker wird
    Die deutsche Vernunft verschmachten!
    Da kam der Luther, und er hat
    Sein großes »Halt!« gesprochen –
    Seit jenem Tage blieb der Bau
    Des Domes unterbrochen.
    Er ward nicht vollendet – und das ist gut.
    Denn eben die Nichtvollendung
    Macht ihn zum Denkmal von Deutschlands Kraft
    Und protestantischer Sendung.
    Ihr armen Schelme vom Domverein,
    Ihr wollt mit schwachen Händen
    Fortsetzen das unterbrochene Werk,
    Und die alte Zwingburg vollenden!
    O törichter Wahn! Vergebens wird
    Geschüttelt der Klingelbeutel,
    Gebettelt bei Ketzern und Juden sogar;
    Ist alles fruchtlos und eitel.
    Vergebens wird der große Franz Liszt
    Zum Besten des Doms musizieren,
    Und ein talentvoller König wird
    Vergebens deklamieren!
    Er wird nicht vollendet, der Kölner Dom,
    Obgleich die Narren in Schwaben
    Zu seinem Fortbau ein ganzes Schiff
    Voll Steine gesendet haben.
    Er wird nicht vollendet, trotz allem Geschrei
    Der Raben und der Eulen,
    Die, altertümlich gesinnt, so gern
    In hohen Kirchtürmen weilen.
    Ja, kommen wird die Zeit sogar,
    Wo man, statt ihn zu vollenden,
    Die inneren Räume zu einem Stall
    Für Pferde wird verwenden.
    »Und wird der Dom ein Pferdestall,
    Was sollen wir dann beginnen
    Mit den Heil’gen Drei Kön’gen, die da ruhn
    Im Tabernakel da drinnen?«
    So höre ich fragen. Doch brauchen wir uns
    In unserer Zeit zu genieren?
    Die Heil’gen Drei Kön’ge aus Morgenland,
    Sie können woanders logieren.
    Folgt meinem Rat und steckt sie hinein
    In jene drei Körbe von Eisen,
    Die hoch zu Münster hängen am Turm,
    Der Sankt Lamberti geheißen.
    Der Schneiderkönig saß darin
    Mit seinen beiden Räten,
    Wir aber benutzen die Körbe jetzt
    Für andre Majestäten.
    Zur Rechten soll Herr Balthasar,
    Zur Linken Herr Melchior schweben,
    In der Mitte Herr Gaspar – Gott weiß, wie einst
    Die drei gehaust im Leben!
    Die Heil’ge Allianz des Morgenlands,
    Die jetzt kanonisieret,
    Sie hat vielleicht nicht immer schön
    Und fromm sich aufgeführet.
    Der Balthasar und der Melchior,
    Das waren vielleicht zwei Gäuche,
    Die in der Not eine Konstitution
    Versprochen ihrem Reiche,
    Und später nicht Wort gehalten – Es hat
    Herr Gaspar, der König der Mohren,
    Vielleicht mit schwarzem Undank sogar
    Belohnt sein Volk, die Toren!
    Caput V
    Und als ich an die Rheinbrück’ kam,
    Wohl an die Hafenschanze,
    Da sah ich fließen den Vater Rhein
    Im stillen Mondenglanze.
    »Sei mir gegrüßt, mein Vater Rhein,
    Wie ist es dir ergangen?
    Ich habe oft an dich gedacht
    Mit Sehnsucht und Verlangen.«
    So sprach ich, da hört ich im Wasser tief
    Gar seltsam grämliche Töne,
    Wie Hüsteln eines alten Manns,
    Ein Brümmeln und weiches Gestöhne:
    »Willkommen, mein Junge,

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