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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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der Hölle, erlustigen können. Letztere tragen gewöhnlich die altspanisch burgundische Hoftracht, doch entweder von ganz schwarzer oder gar zu schreiend heller Farbe, und auf ihrem Barette schwankt die unerläßliche blutrote Hahnenfeder. So wohlgestaltet und schöngekleidet diese Kavaliere beim ersten Anblick erscheinen, so ist es doch auffallend, daß ihnen immer ein gewisses »finished« fehlt und sich bei näherer Betrachtung in ihrem ganzen Wesen eine Disharmonie verrät, welche Auge und Ohr beleidigt: sie sind entweder etwas zu mager oder etwas zu korpulent, ihr Gesicht ist entweder zu blaß oder zu rot, die Nase zu kurz oder ein bißchen zu lang, und dabei kommen manchmal Finger wie Vogelkrallen, wo nicht gar ein Pferdefuß, zum Vorschein. Nach Schwefel riechen sie nicht, wie die Liebhaber der armen Volksweiber, die sich, wie gesagt, mit allerlei ordinären Kobolden, mit Ofenheizern der Hölle, abgeben müssen. Aber gemein ist allen Teufeln eine fatale Infirmität, worüber die Hexen jedes Ranges in den gerichtlichen Verhandlungen Klage führten, nämlich die Eiskälte ihrer Umarmungen und Liebesergüsse.
    Luzifer, von Gottes Ungnaden König der Finsternis, präsidiert dem Hexenkonvente in Gestalt eines schwarzen Bocks mit einem schwarzen Menschengesichte und einem Lichte zwischen den zwei Hörnern. Inmitten des Schauplatzes der Versammlung steht Seine Majestät auf einem hohen Postamente, oder einem steinernen Tische, und sieht sehr ernsthaft und melancholisch aus, wie einer, der sich schmählich ennuyiert. Ihm, dem Oberherrn, huldigen alle versammelten Hexen, Zauberer, Teufel und sonstige Vasallen, indem sie, mit brennenden Kerzen in der Hand, paarweise vor ihm das Knie beugen und nachher andächtig sein Hinterteil küssen. Auch dieses Homagium scheint ihn wenig zu erheitern, und er bleibt melancholisch und ernsthaft, während jubelnd die ganze vermischte Gesellschaft um ihn herumtanzt. Diese Ronde ist nun jener berühmte Hexentanz, dessen charakteristische Eigentümlichkeit darin besteht, daß die Tänzer ihre Gesichter alle nach außen kehren, so daß sie sich einander nur den Rücken zeigen und keiner des andern Antlitz schaut. Dies ist gewiß eine Vorsichtsmaßregel und geschieht, damit die Hexen, die später gerichtlich eingezogen werden möchten, bei der peinlichen Frage nicht so leicht die Gefährtinnen angeben können, mit welchen sie den Sabbat begangen. Aus Furcht vor solcher Angeberei besuchen vornehme Damen den Ball mit verlarvtem Gesichte. Viele tanzen im bloßen Hemde, viele entäußern sich auch dieses Gewandes. Manche verschränken im Tanzen ihre Hände, einen Kreis mit den Armen bildend, oder sie strecken einen Arm weit aus; manche schwingen ihren Besenstiel und jauchzen: »Har! Har! Sabbat! Sabbat!« Es ist ein böses Vorzeichen, wenn man während des Tanzes zur Erde fällt. Verliert die Hexe gar im Tanztumult einen Schuh, so bedeutet dieser Umstand, daß sie noch in demselben Jahre den Scheiterhaufen besteigen müsse.
    Die Musikanten, welche zum Tanze aufspielen, sind entweder höllische Geister in fabelhafter Fratzenbildung oder vagabundierende Virtuosen, die von der Landstraße aufgegriffen worden. Am liebsten nimmt man dazu Fiedler oder Flötenspieler, welche blind sind, damit sie nicht vor Entsetzen im Musizieren gestört werden, wenn sie die Greuel der Sabbatfeier sähen. Zu diesen Greueln gehört namentlich die Aufnahme neuer Hexen in den schwarzen Bund, wo die Novize eingeweiht wird in die grausenhaftesten Mysterien. Sie wird gleichsam offiziell mit der Hölle vermählt, und der Teufel, ihr finsterer Gatte, gibt ihr bei dieser Gelegenheit auch einen neuen Namen, einen nom d’amour, und brennt ihr ein geheimes Merkmal ein, als ein Andenken seiner Zärtlichkeit. Besagtes Merkmal ist so verborgen, daß der Untersuchungsrichter bei den Hexenprozessen oft seine liebe Not hatte, dasselbe aufzufinden und deshalb der Inquisitin von der Hand des Büttels alle Haare vom Leibe abschneiden ließ.
    Der Fürst der Hölle besitzt aber unter den Hexen der Versammlung noch eine Auserwählte, welche den Titel Oberste Braut, »Archi-sposa«, führt und gleichsam seine Leihmätresse ist. Ihr Ballkostüm ist sehr einfach, mehr als einfach, denn es besteht aus einem einzigen goldnen Schuh, weshalb sie auch die Domina mit dem güldenen Schuh genannt wird. Sie ist ein schönes, großes, beinahe kolossales Weib, denn der Teufel ist nicht bloß ein Kenner schöner Formen, ein Artist, sondern auch ein

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