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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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aus Gräcia
    Bin ich verbannt, vertrieben –
    Doch ist mein Herz in Gräcia,
    In Gräcia geblieben.«
    3.
    In der Tracht der Beguinen,
    In dem Mantel mit der Kappe
    Von der gröbsten schwarzen Serge,
    Ist vermummt die junge Nonne.
    Hastig längs des Rheines Ufern
    Schreitet sie hinab die Landstraß’,
    Die nach Holland führt, und hastig
    Fragt sie jeden, der vorbeikommt:
    »Habt Ihr nicht gesehn Apollo?
    Einen roten Mantel trägt er,
    Lieblich singt er, spielt die Leier,
    Und er ist mein holder Abgott.«
    Keiner will ihr Rede stehen,
    Mancher dreht ihr stumm den Rücken,
    Mancher glotzt sie an und lächelt,
    Mancher seufzet: »Armes Kind!«
    Doch des Wegs herangetrottelt
    Kommt ein schlottrig alter Mensch,
    Fingert in der Luft, wie rechnend,
    Näselnd singt er vor sich hin.
    Einen schlappen Quersack trägt er,
    Auch ein klein dreieckig Hütchen;
    Und mit schmunzelnd klugen Äuglein
    Hört er an den Spruch der Nonne:
    »Habt Ihr nicht gesehn Apollo?
    Einen roten Mantel trägt er,
    Lieblich singt er, spielt die Leier,
    Und er ist mein holder Abgott.«
    Jener aber gab zur Antwort,
    Während er sein Köpfchen wiegte
    Hin und her, und gar possierlich
    Zupfte an dem spitzen Bärtchen:
    »Ob ich ihn gesehen habe?
    Ja, ich habe ihn gesehen
    Oft genug zu Amsterdam,
    In der deutschen Synagoge.
    Denn er war Vorsänger dorten,
    Und da hieß er Rabbi Faibisch,
    Was auf Hochdeutsch heiße Apollo –
    Doch mein Abgott ist er nicht.
    Roter Mantel? Auch den roten
    Mantel kenn ich. Echter Scharlach,
    Kostet acht Florin die Elle,
    Und ist noch nicht ganz bezahlt.
    Seinen Vater Moses Jitscher
    Kenn ich gut. Vorhautabschneider
    Ist er bei den Portugiesen.
    Er beschnitt auch Souveräne.
    Seine Mutter ist Cousine
    Meines Schwagers, und sie handelt
    Auf der Gracht mit sauern Gurken
    Und mit abgelebten Hosen.
    Haben kein Pläsier am Sohne.
    Dieser spielt sehr gut die Leier,
    Aber leider noch viel besser
    Spielt er oft Tarock und L’hombre.
    Auch ein Freigeist ist er, aß
    Schweinefleisch, verlor sein Amt,
    Und er zog herum im Lande
    Mit geschminkten Komödianten.
    In den Buden, auf den Märkten,
    Spielte er den Pickelhering,
    Holofernes, König David,
    Diesen mit dem besten Beifall.
    Denn des Königs eigne Lieder
    Sang er in des Königs eigner
    Muttersprache, tremulierend
    In des Nigens alter Weise.
    Aus dem Amsterdamer Spielhuis
    Zog er jüngst etwelche Dirnen,
    Und mit diesen Musen zieht er
    Jetzt herum als ein Apollo.
    Eine dicke ist darunter,
    Die vorzüglich quiekt und grünzelt;
    Ob dem großen Lorbeerkopfputz
    Nennt man sie die grüne Sau.«
    Kleines Volk
    In einem Pißpott kam er geschwommen,
    Hochzeitlich geputzt, hinab den Rhein.
    Und als er nach Rotterdam gekommen,
    Da sprach er: »Juffräuken, willst du mich frein?
    Ich führe dich, geliebte Schöne,
    Nach meinem Schloß, ins Brautgemach;
    Die Wände sind eitel Hobelspäne,
    Aus Häckerling besteht das Dach.
    Da ist es so puppenniedlich und nette,
    Da lebst du wie eine Königin!
    Die Schale der Walnuß ist unser Bette,
    Von Spinnweb sind die Laken drin.
    Ameiseneier, gebraten in Butter,
    Essen wir täglich, auch Würmchengemüs’,
    Und später erb ich von meiner Frau Mutter
    Drei Nonnenfürzchen, die schmecken so süß.
    Ich habe Speck, ich habe Schwarten,
    Ich habe Fingerhüte voll Wein,
    Auch wächst eine Rübe in meinem Garten,
    Du wirst wahrhaftig glücklich sein!«
    Das war ein Locken und ein Werben!
    Wohl seufzte die Braut: »Ach Gott! ach Gott!«
    Sie war wehmütig, wie zum Sterben –
    Doch endlich stieg sie hinab in den Pott.
    Sind Christenleute oder Mäuse
    Die Helden des Lieds? Ich weiß es nicht mehr.
    Im Beverland hört ich die schnurrige Weise,
    Es sind nun dreißig Jahre her.
    Zwei Ritter
    Crapülinski und Waschlapski,
    Polen aus der Polackei,
    Fochten für die Freiheit, gegen
    Moskowitertyrannei.
    Fochten tapfer und entkamen
    Endlich glücklich nach Paris –
    Leben bleiben, wie das Sterben
    Für das Vaterland, ist süß.
    Wie Achilles und Patroklus,
    David und sein Jonathan,
    Liebten sich die beiden Polen,
    Küßten sich: »Kochan! Kochan!«
    Keiner je verriet den andern,
    Blieben Freunde, ehrlich, treu,
    Ob sie gleich zwei edle Polen,
    Polen aus der Polackei.
    Wohnten in derselben Stube,
    Schliefen in demselben Bette;
    Eine Laus und eine Seele,
    Kratzten sie sich um die Wette.
    Speisten in derselben Kneipe,
    Und da keiner wollte leiden,
    Daß der andre für ihn zahle,
    Zahlte keiner von den beiden.
    Auch dieselbe Henriette
    Wäscht für beide edle

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