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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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sich sein Geist in all seiner angeborenen Kühnheit, und mit gewaltiger Hand zog er die Kunst aus der tändelnden, parfümierten Schäferei, worin sie versunken, und er erhob sie in die ernsten Regionen des antiken Heldentums. Die Reaktion war unbarmherzig wie jede Reaktion, und David betrieb sie bis zum Äußersten. Es begann durch ihm ein Terrorismus auch in der Malerei.«
    Über Davids Schaffen und Wirken ist Deutschland hinlänglich unterrichtet. Unsere französischen Gäste haben uns während der Kaiserzeit oft genug von dem großen David unterhalten. Ebenfalls von seinen Schülern, die ihn, jeder in seiner Weise, fortgesetzt, von Gérard, Gros, Girodet und Guérin, haben wir vielfach reden hören. Weniger weiß man bei uns von einem anderen Manne, dessen Name ebenfalls mit einem G anfängt und welcher, wenn auch nicht der Stifter, doch der Eröffner einer neuen Malerschule in Frankreich. Das ist Géricault.
    Von dieser neuen Malerschule habe ich in den vorstehender Blättern unmittelbare Kunde gegeben. Indem ich die besten Stücke des Salon von 1831 beschrieben, lieferte ich auch zu gleicher Zeit eine tatsächliche Charakteristik der neuen Meister. Jener Salon war nach dem allgemeinen Urteil der außerordentlichste, den Frankreich je geliefert, und er bleibt denkwürdig in den Annalen der Kunst. Die Gemälde, die ich eine Beschreibung würdigte, werden sich Jahrhunderte erhalten und mein Wort ist vielleicht ein nützlicher Beitrag zur Geschichte der Malerei.
    Von jener unermeßlichen Bedeutung des Salon von 1831 habe ich mich dieses Jahr vollauf überzeugen können, als die Säle des Louvre, welche während zwei Monat geschlossen waren, sich den ersten April wieder öffneten und uns die neuesten Produkte der französischen Kunst entgegengrüßten. Wie gewöhnlich hatte man die alten Gemälde, welche die Nationalgalerie bilden, durch spanische Wände verdeckt, und an letzteren hingen die neuen Bilder, so daß zuweilen hinter der gotischen Abgeschmacktheiten eines neuromantischen Malers gar lieblich die mythologischen altitalienischen Meisterwerke hervorlauschten. Die ganze Ausstellung glich einem Codex palimpsestus, wo man sich über den neubarbarischen Text um so mehr ärgerte, wenn man wußte, welche griechische Götterpoesie damit übersudelt worden.
    Wohl gegen viertehalbtausend Gemälde waren ausgestellt, und es befand sich darunter fast kein einziges Meisterstück. War das die Folge einer allzu großen Ermüdung nach einer allzu großen Aufregung? Beurkundete sich in der Kunst der Nationalkatzenjammer, den wir jetzt, nachdem der übertolle Freiheitsrausch verdampft, auch im politischen Leben der Franzosen bemerken? War die diesjährige Ausstellung nur ein buntes Gähnen? nur ein farbiges Echo der diesjährigen Kammer? Wenn der Salon von 1831 noch von der Sonne des Julius durchglüht war, so tröpferte in dem Salon 1833 noch der trübe Regen des Junius. Die beiden gefeierten Helden des vorigen Salon, Delaroche und Robert, traten diesmal gar nicht in die Schranken, und die übrigen Maler, die ich früher gerühmt, gaben dies Jahr nichts Vorzügliches. Mit Ausnahme eines Bildes von Tony Johannot, einem Deutschen, hat kein einziges Gemälde dieses Salons mich gemütlich angesprochen. Herr Scheffer gab wieder eine Margarete, die von großen Fortschritten im Technischen zeugte, aber doch nicht viel bedeutete. Es war dieselbe Idee, glühender gemalt und frostiger gedacht. Auch Horaz Vernet gab wieder ein großes Bild, worauf jedoch nur schöne Einzelheiten. Decamps hat sich wohl über den Salon und sich selber lustig machen wollen, und er gab meistens Affenstücke; darunter ein ganz vortrefflicher Affe, der ein Historienbild malt. Das deutschchristlich langherabhängende Haar desselben mahnte mich ergötzlich an überrheinische Freunde.
    Am meisten besprochen und durch Lob und Widerspruch gefeiert wurde dieses Jahr Herr Ingres. Er gab zwei Stücke; das eine war das Porträt einer jungen Italienerin, das andere war das Porträt des Herrn Bertin l’aîné, eines alten Franzosen.
    Wie Ludwig Philipp im Reiche der Politik, so war Herr Ingres dieses Jahr König im Reiche der Kunst. Wie jener in den Tuilerien, so herrschte dieser im Louvre. Der Charakter des Herren Ingres ist ebenfalls Justemilieu, er ist nämlich ein Justemilieu zwischen Mieris und Michelangelo. In seinen Gemälden findet man die heroische Kühnheit des Mieris und die feine Farbengebung des Michelangelo.
    In demselben Maße, wie die Malerei in der

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