Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
Vom Netzwerk:
Beziehung der deutschen sehr nachstehen muß; in letzterer milderte der Stil überall die Herbheiten des Stoffes. Es ist hart, sehr hart, wenn man in so schlechtem Anzug der eleganten Lutetia an dem Seinefluß seine Aufwartung machen muß, während man die schönsten Röcke und manche prachtvoll gestickte Weste daheim in der deutschen Kommode liegen hat.
    Nein, Lutetia, ich habe dich nie schmähen wollen, und wenn Dir böse Zungen das Gegenteil insinuieren, so zweifle nicht an der Aufrichtigkeit der Liebe, die ich für Dich hege. In keinem Fall haben niedrige Motive meine […] [Du bist wahrlich immer noch hübsch genug, um nicht fürchten zu müssen, aus anderen Gründen als Deiner schönen Augen wegen geliebt zu werden.
    Ich habe soeben erwähnt, daß die Briefe, die mein Buch »Lutetia« bilden, anonym in der »Augsburger Allgemeinen Zeitung« erschienen sind. Sie trugen allerdings eine Chiffre; aber diese bezeugte keineswegs eindeutig, daß ich der Verfasser war. Ich habe diesen Umstand in einer der deutschen Fassung meines Buches hinzugefügten Notiz im einzelnen erläutert und übernehme hier den Hauptabschnitt daraus:
    Die Redaktion der Augsburger Zeitung pflegte meine Artikel ebenso wie die der anderen anonymen Mitarbeiter mit einer Chiffre zu bezeichnen, um administrativen Bedürfnissen zu begegnen, um z.B. die Komptabilität zu erleichtern, keineswegs aber, um einem verehrungswürdigen Publiko, wie eine leicht erratbare Scharade, den Namen des Verfassers sub rosa zuzuflüstern. Da nur die Redaktion und nicht der eigentliche Verfasser für jeden anonymen Artikel verantwortlich bleibt; da die Redaktion gezwungen ist, das Journal, sowohl der tausendköpfigen Leserwelt als auch manchen ganz kopflosen Behörden gegenüber, zu vertreten; da sie mit unzähligen Hindernissen, materiellen und moralischen, täglich zu kämpfen hat: so muß ihr wohl die Erlaubnis anheimgestellt werden, jeden Artikel, den sie aufnimmt, ihren jedesmaligen Tagesbedürfnissen anzumodeln, nach Gutdünken durch Ausmerzen, Ausscheiden, Hinzufügen und Umänderungen jeder Art den Artikel druckbar zu machen, und gehe auch dabei die gute Gesinnung und der noch bessere Stil des Verfassers sehr bedenklich in die Krümpe. Ein in jeder Hinsicht politischer Schriftsteller muß der Sache wegen, die er verficht, der rohen Notwendigkeit manche bittere Zugeständnisse machen. Es gibt obskure Winkelblätter genug, worin wir unser ganzes Herz mit allen seinen Zornbränden ausschütten könnten – aber sie haben nur ein sehr dürftiges und einflußloses Publikum, und es wäre ebensogut, als wenn wir in der Bierstube oder im Kaffeehause vor den respektiven Stammgästen schwadronierten, gleich andern großen Patrioten. Wir handeln weit klüger, wenn wir unsre Glut mäßigen, und mit nüchternen Worten, wo nicht gar unter einer Maske, in einer Zeitung uns aussprechen, die mit Recht eine allgemeine Weltzeitung genannt wird, und vielen hunderttausend Lesern in allen Landen belehrsam zu Händen kommt. Selbst in seiner trostlosen Verstümmlung kann hier das Wort gedeihlich wirken; die notdürftigste Andeutung wird zuweilen zu ersprießlicher Saat in unbekanntem Boden. Beseelte mich nicht dieser Gedanke, so hätte ich mir wahrlich nie die Selbsttortur angetan, für die ›Allgemeine Zeitung‹ zu schreiben. Da ich von dem Treusinn und der Redlichkeit jenes innigst geliebten Jugendfreundes und Waffenbruders, der die Redaktion der Zeitung leitet, zu jeder Zeit unbedingt überzeugt war, so konnte ich mir auch wohl manche erschreckliche Nachqual der Umarbeitung und Verballhornung meiner Artikel gefallen lassen; – sah ich doch immer die ehrlichen Augen des Freundes, welcher dem Verwundeten zu sagen schien: Liege ich denn etwa] auf Rosen?
    Indem ich die Briefe, die ich vor geraumer Zeit anonym erscheinen ließ, jetzt unter meinem eignen Namen herausgebe, bin ich wohl berechtigt, bei dieser Anerkennung meiner Autorschaft das sogenannte beneficium inventarii in Anspruch zu nehmen, wie bei einer bedenklichen Erbschaft. Von der Billigkeit des Lesers erwarte ich, daß er sowohl die örtlichen als die zeitlichen Schwierigkeiten beachte, mit welchen ich zu kämpfen hatte, als ich jene Briefe zuerst drucken ließ. Für die Wahrheit dessen, was ich sagte, will ich allenfalls verantwortlich sein, nicht aber für die Art und Weise, wie ich die Dinge sagte. Wer sich an das bloße Wort hält, dem wird es leicht werden, in meinen Berichten eine Menge von Widersprüchen und

Weitere Kostenlose Bücher