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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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zurückkommen lassen und im Invalidenhause der Tonkunst, in der Académie royale de musique, feierlich beisetzen. –
    Das Alpha und Omega aller Spontinischen Beklagnisse ist Meyerbeer. Als mir hier in Paris der Ritter die Ehre seines Besuches schenkte, war er unerschöpflich an Geschichten, die geschwollen von Gift und Galle. Er kann die Tatsache nicht ableugnen, daß der König von Preußen unsern großen Giacomo mit Ehrenbezeugungen überhäuft und darauf bedacht ist, denselben mit hohen Ämtern und Würden zu betrauen, aber er weiß dieser königlichen Huld die schnödesten Motive anzudichten. Am Ende glaubt er selbst seine eignen Erfindungen, und mit einer Miene der tiefsten Überzeugung versicherte er mir: als er einst bei Sr. Majestät dem König gespeist, habe Allerhöchstderselbe nach der Tafel mit heiterer Offenherzigkeit gestanden, daß er den Meyerbeer tun jeden Preis an Berlin fesseln wolle, damit dieser Millionär sein Vermögen nicht im Auslande verzehre. Da die Musik, die Sucht, als Opernkomponist zu glänzen, eine bekannte Schwäche des reichen Mannes sei, suche er, der König, diese schwache Seite zu benutzen, um den Ehrgeizigen durch Auszeichnungen zu ködern. – »Es ist traurig«, soll der König hinzugesetzt haben, »daß ein vaterländisches Talent, das ein so großes, fast geniales Vermögen besitzt, in Italien und Paris seine guten preußischen harten Taler vergeuden mußte, um als Komponist gefeiert zu werden – was man für Geld haben kann, ist auch bei uns in Berlin zu haben, auch in unsern Treibhäusern wachsen Lorbeerbäume für den Narren, der sie bezahlen will, auch unsre Journalisten sind geistreich und lieben ein gutes Frühstück oder gar ein gutes Mittagessen, auch unsre Eckensteher und Sauregurkenhändler haben zum Beifallklatschen ebenso derbe Hände wie die Pariser Claque – ja wenn unsre Tagediebe, statt in der Tabagie, ihre Abende im Opernhause zubrächten, um die ›Hugenotten‹ zu applaudieren, würde auch ihre Ausbildung dadurch gewinnen – die niedern Klassen müssen sittlich und ästhetisch gehoben werden, und die Hauptsache ist, daß Geld unter die Leute komme, zumal in der Hauptstadt.« – Solcherweise, versicherte Spontini, habe sich Se. Majestät geäußert, um sich gleichsam zu entschuldigen, daß er ihn, den Verfasser der »Vestalin«, dem Meyerbeer sakrifiziere. Als ich bemerkte, daß es im Grunde sehr löblich sei, wenn ein Fürst ein solches Opfer bringe, um den Wohlstand seiner Hauptstadt zu fördern – da fiel mir Spontini in die Rede: »Oh, Sie irren sich, der König von Preußen protegiert die schlechte Musik nicht aus staatsökonomischen Gründen, sondern vielmehr, weil er die Tonkunst haßt und wohl weiß, daß sie zugrunde gehen muß durch Beispiel und Leitung eines Mannes, der ohne Sinn für Wahrheit und Adel nur der rohen Menge schmeicheln will.«
    Ich konnte nicht umhin, dem hämischen Italiener offen zu gestehen, daß es nicht klug von ihm sei, dem Nebenbuhler alles Verdienst abzusprechen. – »Nebenbuhler!« rief der Wütende und wechselte zehnmal die Farbe, bis endlich die gelbe wieder die Oberhand behielt – dann aber, sich fassend, frug er mit höhnischem Zähnefletschen: »Wissen Sie ganz gewiß, daß Meyerbeer wirklich der Komponist der Musik ist, die unter seinem Namen aufgeführt wird?« Ich stutzte nicht wenig ob dieser Tollhausfrage, und mit Erstaunen hörte ich, Meyerbeer habe in Italien einigen armen Musikern ihre Kompositionen abgekauft und daraus Opern verfertigt, die aber durchgefallen seien, weil der Quark, den man ihm geliefert, gar zu miserabel war. Später habe er von einem talentvollen Abate zu Venedig etwas Besseres erstanden, welches er dem »Crociato« einverleibte. Er besitze auch Webers hinterlassene Manuskripte, die er der Witwe abgeschwatzt und woraus er gewiß später schöpfen werde. »Robert le Diable« und die »Hugenotten« seien größtenteils die Produktion eines Franzosen, welcher Gouin heiße und herzlich gern unter Meyerbeers Namen seine Opern zur Aufführung bringe, um nicht sein Amt eines Chef de bureau an der Post einzubüßen, da seine Vorgesetzten gewiß seinem administrativen Eifer mißtrauen würden, wenn sie wüßten, daß er ein träumerischer Komponist; die Philister halten praktische Funktionen für unvereinbar mit artistischer Begabnis, und der Postbeamte Gouin ist klug genug, seine Autorschaft zu verschweigen und allen Weltruhm seinem ehrgeizigen Freund Meyerbeer zu überlassen. Daher die

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