Sämtliche Werke
einst sein Siegesbanner aufpflanzen werde auf die Türme der großen Moschee von Byzanz – ja, das ist ihr politischer wie ihr religiöser Glaube, und sie träumen eine russisch-griechisch-orthodoxe Weltherrschaft, die von dem Bosporus aus über Europa, Asien und Afrika ihre Arme ausbreiten werde. – Und was das schrecklichste ist, dieser Traum ist keine Seifenblase, die ein Windzug vernichtet, es lauert darin eine Möglichkeit, die versteinernd uns angrinst, wie das Haupt der Medusa!
Die Worte Napoleons auf Sankt Helena, daß in baldiger Zukunft die Welt eine amerikanische Republik oder eine russische Universalmonarchie sein werde, sind eine sehr entmutigende Prophezeiung. Welche Aussicht! Günstigenfalls als Republikaner vor monotoner Langeweile sterben! Arme Enkel!
Ich habe oben erwähnt, wie die Engländer viel besser als die Franzosen über alle orientalischen Zustände unterrichtet sind. Mehr als je wimmelt es in der Levante von britischen Agenten, die über jeden Beduinen, ja über jedes Kamel das durch die Wüste zieht, Erkundigungen einziehen. Wieviel Zechinen Mehemed Ali in der Tasche, wieviel Gedärme dieser Vizekönig von Ägypten im Bauche hat, man weiß es ganz genau in den Bureaux von Downing Street. Hier glaubt man nicht den Mirakelhistörchen frommer Schwärmer; hier glaubt man nur an Tatsachen und Zahlen. Aber nicht bloß im Orient, auch im Okzident hat England seine zuverlässigsten Agenten, und hier begegnen wir nicht selten Leuten, die mit ihrer geheimen Mission auch die Korrespondenz für Londoner aristokratische oder ministerielle Blätter verbinden; letztere sind darum nicht minder gut unterrichtet. Bei der Schweigsamkeit der Briten erfährt das Publikum selten das Gewerbe jener geheimen Berichterstatter, die selbst den höchsten Staatsbeamten Englands unbekannt bleiben; nur der jedesmalige Minister der äußern Angelegenheiten kennt sie und überliefert diese Kenntnis seinem Nachfolger. Der Bankier im Ausland, der einem englischen Agenten irgendeine Auszahlung zu machen hat, erfährt nie seinen Namen, er erhält nur die Order, den Betrag einer angegebenen Summe derjenigen Person auszuzahlen, die sich durch Vorzeigen einer Karte, worauf nur eine Nummer steht, legitimieren werde.
Spätere Notiz
Mai 1854
Der vorstehende Bericht ist von der Redaktion der »Allgemeinen Zeitung« nicht aufgenommen worden, und wir drucken ihn hier nach alten Brouillons, die der Zufall erhalten. Indem aus diesem Berichte hervorgeht, wie unverdient die Rüge war, welche ein früherer Artikel über den Deputierten Benoît Fould aussprach, zeigen wir, wie wenig es uns zu jener Zeit einfiel, in jenem Artikel eine Ungerechtigkeit zu begehen. Es kam uns damals ebenfalls nicht in den Sinn, die persönliche Erscheinung des erwähnten Deputierten zu verunglimpfen und zu diesem Behufe ein Spottwort des »Nationals« zu zitieren. Schwärmerische Freunde des Herrn Benoît Fould (und welcher reiche Mann besäße nicht einen Schwarm von Freunden, die für ihn schwärmen!) behaupteten zwar zu jener Zeit, am Schlusse eines Artikels in der »Allgemeinen Zeitung«, der meine Chiffre trage und also meiner Autorschaft zugeschrieben werden müsse, hätten sie eine boshafte Zitation aus dem »National« gelesen, welche den Generaladvokaten Hébert und Herrn Benoît Fould betreffe und dahin laute, »daß letzterer der einzige gewesen, der dem Generaladvokaten in der Kammer die Hand gereicht habe, und daß er selber wie der Diskurs eines accusateur public aussähe«! Wahrlich, einen sehr schwächlichen Begriff von meinem Geiste und meiner Vernunft hegen jene guten Leute, welche glauben konnten, daß ich einen Angriff auf einen Mann wie B. Fould wagen würde, wenn ich meine Pfeile dem albernen Köcher des »Nationals« entlehnen müßte! Eine solche Annahme war wirklich beleidigend für den Verfasser der »Reisebilder«! Nein, jene Zitation, jene misère, floß nicht aus meiner Feder, und gar in bezug auf Herrn Hébert hätte ich mir keine Ungezogenheit damals erlaubt, aus ganz begreiflichen Gründen. Ich wollte nie mit der schrecklichen Person eines Generaladvokaten, dessen diskretionäre Befugnisse selbst die des Ministers übertrafen, etwas zu schaffen haben; es gibt Personen, die man gar nicht erwähnen muß, wenn man nicht speziell das Metier eines Demagogen treibt und nach dem Ruhm des Eingesperrtwerden schmachtet. Ich sage dieses jetzt, wo eine solche Erklärung von meinen mutigen und kampflustigen Kommilitonen nicht mißdeutet
Weitere Kostenlose Bücher