Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
Tochter Ares, Königinn,
Im Kampf auf einen Namen sich zu stellen?
(zu einer Amazone)
Fleuch gleich, Arsinoe, vor ihr Antlitz hin,
Und sag’ in meiner Göttinn Namen ihr,
Mars habe seinen Bräuten sich gestellt:
Ich forderte, bei ihrem Zorn sie auf,
Den Gott begränzt zur Heimath jetzt zu führen,
Und unverzüglich ihm, in ihrem Tempel,
Das heil’ge Fest der Rosen zu eröffnen!
(die Amazone ab)
Ward solch ein Wahnsinn jemals noch erhört!
Die erste Priesterinn.
Ihr Kinder! Seht ihr noch die Königinn nicht?
Das erste Mädchen. (auf dem Hügel)
Wohl, wohl! Das ganze Feld erglänzt – da ist sie!
Die erste Priesterinn.
Wo zeigt sie sich?
Das Mädchen.
An aller Jungfrau’n Spitze!
Seht, wie sie in dem goldnen Kriegsschmuck funkelnd,
Voll Kampflust ihm entgegen tanzt! Ist’s nicht,
Als ob sie, heiß von Eifersucht gespornt,
Die Sonn’ im Fluge übereilen wollte,
Die seine jungen Scheitel küßt! O seht!
Wenn sie zum Himmel auf sich schwingen wollte,
Der hohen Nebenbuhl’rinn gleich zu sein,
Der Perser könnte, ihren Wünschen fröhnend,
Geflügelter sich in die Luft nicht heben!
Die Oberpriesterinn. (zur Hauptmänninn)
War keine unter allen Jungfrau’n denn,
Die sie gewarnt, die sie zurückgehalten?
Die Hauptmännin.
Es warf ihr ganzes fürstliches Gefolge
Sich in den Weg ihr: hier auf diesem Platze
Hat Prothoe ihr Aeußerstes gethan.
Jedwede Kunst der Rede ward erschöpft.
Nach Themiscyra sie zurückzuführen.
Doch taub schien sie der Stimme der Vernunft:
Vom giftigsten der Pfeile Amors sei,
Heißt es, ihr jugendliches Herz getroffen.
Die Oberpriesterinn.
Was sagst du?
Das erste Mädchen. (auf dem Hügel)
Ha, jetzt treffen sie einander!
Ihr Götter! Haltet eure Erde fest –
Jetzt, eben jetzt, da ich dies sage, schmettern
Sie, wie zwei Sterne, auf einander ein!
Die Oberpriesterinn. (zur Hauptmänninn)
Die Königinn, sagst du? Unmöglich, Freundinn!
Von Amors Pfeil getroffen – wann? Und wo?
Die Führerinn des Diametengürtels?
Die Tochter Mars, der selbst der Busen fehlt,
Das Ziel der giftgefiederten Geschosse?
Die Hauptmännin.
So sagt des Volkes Stimme mindestens,
Und Meroe hat es eben mir vertraut.
Die Oberpriesterinn.
Es ist entsetzlich!
Die Amazone. (kehrt wieder zurück)
Die erste Priesterinn.
Nun? was bringst du? Rede!
Die Oberpriesterinn.
Ist es bestellt? Sprachst du die Königinn?
Die Amazone.
Es war zu spät, Hochheilige, vergieb.
Ich konnte sie, die von dem Troß der Frauen
Umschwärmt, bald hier, bald dort erschien, nicht treffen.
Wohl aber Prothoe, auf einen Augenblick,
Traf ich, und sagt’ ihr, was dein Wille sei;
Doch sie entgegnete – ein Wort, nicht weiß ich,
Ob ich in der Verwirrung recht gehört.
Die Oberpriesterinn.
Nun, welch ein Wort?
Die Amazone. Sie hielt, auf ihrem Pferde
Und sah, es schien, mit thränenvollen Augen,
Der Königinn zu. Und als ich ihr gesagt,
Wie du entrüstet, daß die Sinnberaubte
Den Kampf noch um ein einzeln Haupt verlängre,
Sprach sie: geh hin zu deiner Priesterinn,
Und heiße sie daniederknieen und beten,
Daß ihr dies eine Haupt im Kampf noch falle;
Sonst keine Rettung giebt’s, für sie und uns.
Die Oberpriesterinn.
O sie geht steil-bergab den Pfad zum Orkus!
Und nicht dem Gegner, wenn sie auf ihn trifft,
Dem Feind’ in ihrem Busen wird sie sinken.
Uns alle reißt sie in den Abgrund hin;
Den Kiel seh’ ich, der uns Gefesselte
Nach Hellas trägt, geschmückt mit Bändern höhnend
Im Geiste schon den Hellespont durchschäumen.
Die erste Priesterinn.
Was gilt’s? Dort naht die Unheilskunde schon.
Achter Auftritt.
Eine Oberste (tritt auf) die Vorigen.
Die Oberste.
Flieh! Rette die Gefangnen, Priesterinn!
Das ganze Heer der Griechen stürzt heran.
Die Oberpriesterinn.
Ihr Götter des Olymps! Was ist geschehn?
Die erste Priesterinn.
Wo ist die Königinn?
Die Oberste. Im Kampf gefallen,
Das ganze Amazonenheer zerstreut.
Die Oberpriesterinn.
Du Rasende! Was für ein Wort sprachst du?
Die erste Priesterinn. (zu den bewaffneten Amazonen)
Bringt die Gefangenen fort!
(Die Gefangenen werden abgeführt.)
Die Oberpriesterinn. Sag an: wo? wann?
Die Oberste.
Laß kurz das Ungeheuerste dir melden!
Achill und sie, mit vorgelegten Lanzen,
Begegnen beide sich, zween Donnerkeile,
Die aus Gewölken in einander fahren;
Die Lanzen, schwächer als die Brüste, splittern:
Er, der
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