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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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Pelide, steht, Penthesilea,
Sie sinkt, die Todumschattete, vom Pferd.
Und da sie jetzt, der Rache preisgegeben,
Im Staub sich vor ihm wälzt, denkt jeglicher,
Zum Orkus völlig stürzen wird er sie;
Doch bleich selbst steht der Unbegreifliche,
Ein Todesschatten da, ihr Götter! ruft er,
Was für ein Blick der Sterbenden traf mich!
Vom Pferde schwingt er eilig sich herab;
Und während, von Entsetzen noch gefesselt,
Die Jungfraun stehn, des Wortes eingedenk
Der Königinn, kein Schwerdt zu rühren wagen,
Dreist der Erblaßten naht er sich, er beugt
Sich über sie, Penthesilea! ruft er,
In seinen Armen hebt er sie empor,
Und laut die That, die er vollbracht, verfluchend,
Lockt er ins Leben jammernd sie zurück!
     
    Die Oberpriesterinn.
Er – was? Er selbst?
     
    Die Oberste.      Hinweg, Verhaßter! donnert
Das ganze Heer ihm zu; dankt mit dem Tod’ ihm,
Ruft Prothoe, wenn er vom Platz nicht weicht:
Den Treffendsten der Pfeile über ihn!
Und mit des Pferdes Huftritt ihn verdrängend,
Reißt sie die Königinn ihm aus dem Arm.
Indeß erwacht die Unglückseelige,
Man führt sie röchelnd, mit zerrißner Brust
Das Haar verstöhrt vom Scheitel niederflatternd,
Den hintern Reih’n zu, wo sie sich erholt;
Doch er, der unbegriff’ne Doloper –
Ein Gott hat, in der erzgekeilten Brust,
Das Herz in Liebe plötzlich ihm geschmelzt –
Er ruft: verweilet, meine Freundinnen!
Achilles grüßt mit ew’gem Frieden euch!
Und wirft das Schwerdt hinweg, das Schild hinweg,
Die Rüstung reißt er von der Brust sich nieder,
Und folgt – mit Keulen könnte man, mit Händen ihn,
Wenn man ihn treffen dürfte, niederreißen –
Der Kön’ginn unerschrocknen Schrittes nach:
Als wüßt’ er schon, der Rasende, Verwegne,
Daß unserm Pfeil sein Leben heilig ist.
     
    Die Oberpriesterinn.
Und wer gab den wahnsinnigen Befehl?
     
    Die Oberste.
Die Königinn! Wer sonst?
     
    Die Oberpriesterinn.      Es ist entsetzlich!
     
    Die erste Priesterinn.
Seht, seht! Da wankt, geführt von Prothoe,
Sie selbst, das Bild des Jammers, schon heran!
     
    Die Zweite.
Ihr ew’gen Himmelsgötter! Welch ein Anblick!
     

Neunter Auftritt.
     
    Penthesilea (geführt von) Prothoe und Meroe.
Gefolge (treten auf)
     
    Penthesilea (mit schwacher Stimme)
Hetzt alle Hund’ auf ihn! Mit Feuerbränden
Die Elephanten peitschet auf ihn los!
Mit Sichelwagen schmettert auf ihn ein,
Und mähet seine üpp’gen Glieder nieder!
     
    Prothoe.
Geliebte! Wir beschwören dich –
     
    Meroe.     Hör’ uns!
     
    Prothoe.
Er folgt dir auf dem Fuße, der Pelide;
Wenn dir dein Leben irgend lieb, so flieh!
     
    Penthesilea.
Mir diesen Busen zu zerschmettern, Prothoe! –
Ist’s nicht, als ob ich eine Leier zürnend
Zertreten wollte, weil sie still für sich,
Im Zug des Nachtwinds, meinen Namen flüstert?
Dem Bären kauert’ ich zu Füssen mich,
Und streichelte das Pantherthier, das mir
In solcher Regung nahte, wie ich ihm.
     
    Meroe.
So willst du nicht entweichen?
     
    Prothoe.   Willst nicht fliehen?
     
    Meroe.
Willst dich nicht retten?
     
    Prothoe. Was kein Name nennt,
Auf diesem Platz hier soll es sich vollbringen?
     
    Penthesilea.
Ist’s meine Schuld, daß ich im Feld der Schlacht
Um sein Gefühl mich kämpfend muß bewerben?
Was will ich denn, wenn ich das Schwerdt ihm zücke?
Will ich ihn denn zum Orkus niederschleudern?
Ich will ihn ja, ihr ew’gen Götter, nur
An diese Brust will ich ihn niederziehn!
     
    Prothoe.
Sie ras’t –
     
    Die Oberpriesterinn.
       Unglückliche!
     
    Prothoe.   Sie ist von Sinnen!
     
    Die Oberpriesterinn.
Sie denkt nichts, als den Einen nur.
     
    Prothoe.     Der Sturz
Hat völlig ums Bewußtsein sie gebracht.
     
    Penthesilea (mit erzwungener Fassung)
Gut. Wie ihr wollt. Sei’s drum. Ich will mich fassen.
Dies Herz, weil es sein muß, bezwingen will ich’s,
Und thun mit Grazie, was die Noth erheischt.
Recht habt ihr auch. Warum auch wie ein Kind gleich,
Weil sich ein flücht’ger Wunsch mir nicht gewährt,
Mit meinen Göttern brechen? Kommt hinweg.
Das Glück, gesteh’ ich, wär mir lieb gewesen;
Doch fällt es mir aus Wolken nicht herab,
Den Himmel drum erstürmen will ich nicht.
Helft mir nur fort von hier, schafft mir ein Pferd,
So will ich euch zurück zur Heimath führen.
     
    Prothoe.
Geseegnet sei, o Herrscherinn, dreimal
Ein Wort, so würdig königlich, als dies.
Komm, alles steht zur Flucht bereit –
     
    Penthesilea (da sie die Rosenkränze in der Kinder Händen erblickt, mit plötzlich

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