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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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aufflammendem Gesicht)
        Ha, sieh!
Wer gab Befehl, die Rosen einzupflücken?
     
    Das erste Mädchen.
Das fragst du noch, Vergeßene? Wer sonst,
Als nur –
     
    Penthesilea.    Als wer?
     
    Die Oberpriesterinn.   – Das Siegsfest sollte sich,
Das heißersehnte, deiner Jungfraun feiern!
War’s nicht dein eigner Mund, der’s so befahl?
     
    Penthesilea.
Verflucht mir diese schnöde Ungeduld!
Verflucht, im blutumschäumten Mordgetümmel,
Mir der Gedanke an die Orgien!
Verflucht, im Busen keuscher Arestöchter,
Begierden, die, wie losgelaßne Hunde,
Mir der Drommete erzne Lunge bellend,
Und aller Feldherrn Rufen, überschrei’n!
Der Sieg, ist er erkämpft mir schon, daß mit
Der Hölle Hohn schon der Triumph mir naht?
– Mir aus den Augen!
    (sie zerhaut die Rosenkränze)
     
    Das erste Mädchen.     Herrscherinn! Was thust du?
     
    Das Zweite. (die Rosen wieder aufsuchend)
Der Frühling bringt dir rings, auf Meilenferne,
Nichts für das Fest mehr –
     
    Penthesilea.       Daß der ganze Frühling
Verdorrte! Daß der Stern, auf dem wir athmen,
Geknickt, gleich dieser Rosen einer, läge!
Daß ich den ganzen Kranz der Welten so,
Wie dies Geflecht der Blumen, lösen könnte!
– O Aphrodite!
     
    Die Oberpriesterinn. Die Unseelige!
     
    Die erste Priesterinn.
Verloren ist sie!
     
    Die Zweite.     Den Erynnien
Zum Raub ist ihre Seele hingegeben!
     
    Eine Priesterinn (auf dem Hügel)
Der Peleïd’, ihr Jungfrau’n, ich beschwör’ euch,
Im Schuß der Pfeile naht er schon heran!
     
    Prothoe.
So fleh’ ich dich auf Knieen – rette dich!
     
    Penthesilea.
Ach, meine Seel’ ist matt bis in den Tod!
    (sie setzt sich)
     
    Prothoe.
Entsetzliche! Was thust du?
     
    Penthesilea. Flieht, wenn ihr wollt.
     
    Prothoe.
Du willst? –
     
    Meroe.     Du säumst – ?
     
    Prothoe.    Du willst – ?
     
    Penthesilea.      Ich will hier bleiben.
     
    Prothoe.
Wie, Rasende!
     
    Penthesilea.    Ihr hört’s. Ich kann nicht stehen.
Soll das Gebein mir brechen? Laßt mich sein.
     
    Prothoe.
Verlorenste der Frau’n! Und der Pelide,
Er naht, du hörst, im Pfeilschuß –
     
    Penthesilea.   Laßt ihn kommen.
Laßt ihn den Fuß gestählt, es ist mir recht,
Auf diesen Nacken setzen. Wozu auch sollen
Zwei Wangen länger, blüh’nd wie diese, sich
Vom Korb, aus dem sie stammen, unterscheiden?
Laßt ihn mit Pferden häuptlings heim mich schleifen,
Und diesen Leib hier, frischen Lebens voll,
Auf offnem Felde schmachvoll hingeworfen,
Den Hunden mag er ihn zur Morgenspeise,
Dem scheußlichen Geschlecht der Vögel, bieten.
Staub lieber, als ein Weib sein, das nicht reizt.
     
    Prothoe.
O Königinn!
     
    Penthesilea (indem sie sich den Halsschmuck abreißt)
       Weg ihr verdammten Flittern!
     
    Prothoe.
Ihr ew’gen Götter dort! Ist das die Fassung,
Die mir dein Mund so eben angelobt?
     
    Penthesilea.
Vom Haupt, ihr auch – was nickt ihr? Seid verflucht mir,
Hülflosere, als Pfeil und Wangen, noch!
– Die Hand verwünsch’ ich, die zur Schlacht mich heut
Geschmückt, und das verrätherische Wort,
Das mir gesagt, es sei zum Sieg, dazu.
Wie sie mit Spiegeln mich, die Gleißnerinnen,
Umstanden, rechts und links, der schlanken Glieder
In Erz gepreßte Götterbildung preisend. –
Die Pest in eure wilden Höllenkünste!
     
    Griechen. (ausserhalb der Scene)
Vorwärts, Pelide, vorwärts! Sei getrost!
Nur wenig Schritte noch, so hast du sie.
     
    Die Priesterinn. (auf dem Hügel)
Diana! Königinn! Du bist verloren,
Wenn du nicht weichst!
     
    Prothoe.       Mein Schwesterherz! Mein Leben!
Du willst nicht fliehn? nicht gehn?
     
    Penthesilea. (die Thränen stürzen ihr aus den Augen, sie lehnt sich an einen Baum)
     
    Prothoe (plötzlich gerührt, indem sie sich neben ihr niedersetzt)
     Nun, wie du willst.
Wenn du nicht kannst, nicht willst – sei’s! Weine nicht.
Ich bleibe bei dir. Was nicht möglich ist,
Nicht ist, in deiner Kräfte Kreis nicht liegt,
Was du nicht leisten kannst : die Götter hüten,
Daß ich es von dir fordre! Geht, ihr Jungfrau’n,
Geht; kehrt in eure Heimathsflur zurück:
Die Königinn und ich, wir bleiben hier.
     
    Die Oberpriesterinn.
Wie, du Unseel’ge? Du bestärkst sie noch?
     
    Meroe.
Unmöglich wär’s ihr, zu entfliehn?
     
    Die Oberpriesterinn. Unmöglich,
Da nichts von außen sie, kein Schicksal, hält,
Nichts als ihr thörigt Herz –
     
    Prothoe.   Das ist ihr Schicksal!
Dir scheinen Eisenbanden unzerreißbar,
Nicht wahr? Nun

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