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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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wieder verschwunden sei.
     
    Kunigunde. Und nun meinst du, diese Kaisertochter sei ich?
     
    Brigitte. Wer sonst?
     
    Rosalie. Das sag ich auch.
     
    Brigitte. Die ganze Strahlburg, bei Eurem Einzug, als sie erfuhr, wer Ihr seid, schlug die Hände über den Kopf zusammen und rief: sie ists!
     
    Rosalie. Es fehlte nichts, als daß die Glocken ihre Zungen gelöst, und gerufen hätten: ja, ja, ja!
     
    Kunigunde (steht auf). Ich danke dir, Mütterchen, für deine Erzählung. Inzwischen nimm diese Ohrringe zum Andenken, und entferne dich.
     
    (Brigitte ab.)
     

Zehnter Auftritt
     
    Kunigunde und Rosalie.
     
    Kunigunde (nachdem sie sich im Spiegel betrachtet, geht gedankenlos ans Fenster und öffnet es. – Pause.)
Hast du mir alles dort zurecht gelegt,
Was ich dem Grafen zugedacht, Rosalie?
Urkunden, Briefe, Zeugnisse?
     
    Rosalie (am Tisch zurück geblieben). Hier sind sie.
In diesem Einschlag liegen sie beisammen.
     
    Kunigunde.
Gib mir doch – (Sie nimmt eine Leimrute, die draußen befestigt ist, herein.)
     
    Rosalie.      Was, mein Fräulein?
     
    Kunigunde (lebhaft).   Schau, o Mädchen!
Ist dies die Spur von einem Fittich nicht?
     
    Rosalie (indem sie zu ihr geht).
Was habt ihr da?
     
    Kunigunde.      Leimruten, die, ich weiß
Nicht wer? an diesem Fenster aufgestellt! –
Sieh, hat hier nicht ein Fittich schon gestreift?
     
    Rosalie. Gewiß! Da ist die Spur. Was wars? Ein Zeisig?
     
    Kunigunde.
Ein Finkenhähnchen wars, das ich vergebens
Den ganzen Morgen schon herangelockt.
     
    Rosalie.
Seht nur dies Federchen. Das ließ er stecken!
     
    Kunigunde (gedankenvoll).
Gib mir doch –
     
    Rosalie.     Was, mein Fräulein? Die Papiere?
     
    Kunigunde (lacht und schlägt sie).
Schelmin! – Die Hirse will ich, die dort steht.
     
    (Rosalie lacht, und geht und holt die Hirse.)
     

Eilfter Auftritt
     
    Ein Bedienter tritt auf. Die Vorigen.
     
    Der Bediente. Graf Wetter vom Strahl, und die Gräfin seine Mutter!
     
    Kunigunde (wirft alles aus der Hand). Rasch! Mit den Sachen weg.
     
    Rosalie. Gleich, gleich! (Sie macht die Toilette zu und geht ab.)
     
    Kunigunde. Sie werden mir willkommen sein.
     

Zwölfter Auftritt
     
    Gräfin Helena, der Graf vom Strahl treten auf. Fräulein Kunigunde.
     
    Kunigunde (ihnen entgegen).
Verehrungswürdge! Meines Retters Mutter,
Wem dank ich, welchem Umstand, das Vergnügen,
Daß ihr mir Euer Antlitz schenkt, daß Ihr
Vergönnt, die teuren Hände Euch zu küssen?
     
    Gräfin.
Mein Fräulein, Ihr demütigt mich. Ich kam,
Um Eure Stirn zu küssen, und zu fragen,
Wie Ihr in meinem Hause Euch befindet?
     
    Kunigunde.
Sehr wohl. Ich fand hier alles, was ich brauchte.
Ich hatte nichts von Eurer Huld verdient,
Und Ihr besorgtet mich, gleich einer Tochter.
Wenn irgend etwas mir die Ruhe störte
So war es dies beschämende Gefühl;
Doch ich bedurfte nur den Augenblick,
Um diesen Streit in meiner Brust zu lösen.
    (Sie wendet sich zum Grafen.)
Wie stehts mit Eurer linken Hand, Graf Friedrich?
     
    Der Graf vom Strahl.
Mit meiner Hand? mein Fräulein! Diese Frage,
Ist mir empfindlicher als ihre Wunde!
Der Sattel wars, sonst nichts, an dem ich mich
Unachtsam stieß, Euch hier vom Pferde hebend.
     
    Gräfin.
Ward sie verwundet? – Davon weiß ich nichts.
     
    Kunigunde.
Es fand sich, als wir dieses Schloß erreichten,
Daß ihr, in hellen Tropfen, Blut entfloß.
     
    Der Graf vom Strahl.
Die Hand selbst, seht Ihr, hat es schon vergessen.
Wenns Freiburg war, dem ich im Kampf um Euch,
Dies Blut gezahlt, so kann ich wirklich sagen:
Schlecht war der Preis, um den er Euch verkauft.
     
    Kunigunde.
Ihr denkt von seinem Werte so – nicht ich.
    (Indem sie sich zur Mutter wendet.)
- Doch wie? Wollt Ihr Euch, Gnädigste, nicht setzen?
     
    (Sie holt einen Stuhl, der Graf bringt die andern. Sie lassen sich sämtlich nieder.)
     
    Gräfin.
Wie denkt Ihr, über Eure Zukunft, Fräulein?
Habt Ihr die Lag, in die das Schicksal Euch
Versetzt, bereits erwogen? Wißt Ihr schon,
Wie Euer Herz darin sich fassen wird?
     
    Kunigunde (bewegt).
Verehrungswürdige und gnädge Gräfin,
Die Tage, die mir zugemessen, denk ich
In Preis und Dank, in immer glühender
Erinnrung des, was jüngst für mich geschehn,
In unauslöschlicher Verehrung Eurer,
Und Eures Hauses, bis auf den letzten Odem,
Der meine Brust bewegt, wenns mir vergönnt ist,
In Thurneck bei den Meinen hinzubringen. (Sie weint.)
     
    Gräfin.
Wann denkt Ihr zu den Euren aufzubrechen?
     
    Kunigunde.
Ich wünsche –

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