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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
Autoren: Heinrich von Kleist
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warte nur ein Weilchen,
Ich tue alles, wie dus willst.
     
    Ottokar.    Es ist
So gut, wie Arzenei.
     
    Agnes.       Fürs Elend.
     
    Ottokar.    – Wie?
     
    Agnes.
Nun, setz dich zu mir, bis mir besser worden.
Ein Arzt, wie du, dient nicht für Geld, er hat
An der Genesung seine eigne Freude.
     
    Ottokar.
Wie meinst du das – für Geld –
     
    Agnes.    Komm, laß uns plaudern,
Vertreibe mir die Zeit, bis ichs vollendet,
Du weißt, es sind Genesende stets schwatzhaft.
     
    Ottokar.
– Du scheinst so seltsam mir verändert –
     
    Agnes.       Schon?
Wirkt es so schnell! So muß ich, was ich dir
Zu sagen habe, wohl beschleunigen.
     
    Ottokar.
Du mir zu sagen –
     
    Agnes.       Weißt du, wie ich heiße?
     
    Ottokar.
Du hast verboten mir, danach zu forschen.
     
    Agnes.
Das heißt, du weißt es nicht. Meinst du,
Daß ich dirs glaube?
     
    Ottokar. Nun, ich wills nicht leugnen. –
     
    Agnes.
Wahrhaftig? Nun ich weiß auch, wer du bist!
     
    Ottokar.
Nun?
     
    Agnes.   Ottokar von Schroffenstein.
     
    Ottokar.    Wie hast
Du das erfahren?
     
    Agnes.      Ist gleichviel. Ich weiß noch mehr.
Du hast beim Abendmahle mir den Tod
Geschworen.
     
    Ottokar.     Gott! O Gott!
     
    Agnes.    Erschrick doch nicht.
Was macht es aus, ob ichs jetzt weiß? Das Gift
Hab ich getrunken, du bist quitt mit Gott.
     
    Ottokar.
Gift?
     
    Agnes.    Hier ists übrige, ich will es leeren.
     
    Ottokar.
Nein, halt! – Es ist genug für dich. Gib mirs,
Ich sterbe mit dir. (Er trinkt.)
     
    Agnes.       Ottokar!
(Sie fällt ihm um den Hals.)
   Ottokar!
O wär es Gift, und könnt ich mit dir sterben!
Denn ist es keins, mit dir zu leben, darf
Ich dann nicht hoffen, da ich so unwürdig
An deiner Seele mich vergangen habe.
     
    Ottokar.
Willst dus?
     
    Agnes.      Was meinst du?
     
    Ottokar.    Mit mir leben?
Fest an mir halten? Dem Gespenst des Mißtrauns,
Das wieder vor mir treten könnte, kühn
Entgegenschreiten? Unabänderlich,
Und wäre der Verdacht auch noch so groß,
Dem Vater nicht, der Mutter nicht so traun,
Als mir?
     
    Agnes.    O Ottokar! Wie sehr beschämst
Du mich.
     
    Ottokar.    Willst dus? Kann ich dich ganz mein nennen?
     
    Agnes.
Ganz deine, in der grenzenlosesten
Bedeutung.
     
    Ottokar.    Wohl, das steht nun fest und gilt
Für eine Ewigkeit. Wir werdens brauchen.
Wir haben viel einander zu erklären,
Viel zu vertraun. – Du weißt mein Bruder ist –
Von deinem Vater hingerichtet.
     
    Agnes.     Glaubst dus?
     
    Ottokar.
Es gilt kein Zweifel, denk ich, denn die Mörder
Gestandens selbst.
     
    Agnes. So mußt dus freilich glauben.
     
    Ottokar.
Und nicht auch du?
     
    Agnes.       Mich überzeugt es nicht.
Denn etwas gibts, das über alles Wähnen,
Und Wissen hoch erhaben – das Gefühl
Ist es der Seelengüte andrer.
     
    Ottokar.    Höchstens
Gilt das für dich. Denn nicht wirst du verlangen,
Daß ich mit deinen Augen sehen soll.
     
    Agnes.
Und umgekehrt.
     
    Ottokar.      Wirst nicht verlangen, daß
Ich meinem Vater weniger, als du
Dem deinen, traue.
     
    Agnes. Und so umgekehrt.
     
    Ottokar.
O Agnes, ist es möglich? Muß ich dich
So früh schon mahnen? Hast du nicht versprochen,
Mir deiner heimlichsten Gedanken keinen
Zu bergen? Denkst du, daß ich darum dich
Entgelten lassen werde, was dein Haus
Verbrach? Bist du dein Vater denn?
     
    Agnes.     So wenig,
Wie du der deinige – sonst würd ich dich
In Ewigkeit wohl lieben nicht.
     
    Ottokar.   Mein Vater?
Was hat mein Vater denn verbrochen? Daß
Die Untat ihn empört, daß er den Tätern
Die Fehde angekündigt, ists zu tadeln?
Mußt ers nicht fast?
     
    Agnes. Ich wills nicht untersuchen.
Er war gereizt, ‘s ist wahr. Doch daß er uns
Das Gleiche, wie er meint, mit Gleichem gilt,
Und uns den Meuchelmörder schickt, das ist
Nicht groß, nicht edel.
     
    Ottokar.       Meuchelmörder? Agnes!
     
    Agnes.
Nun, das ist, Gott sei Dank, nicht zu bezweifeln,
Denn ich erfuhr es selbst an meinem Leibe.
Er zückte schon den Dolch, da hieb Jerome
Ihn nieder – und er liegt nun krank in Warwand.
     
    Ottokar. Wer tat das?
     
    Agnes.      Nun, ich kann dir jetzt ein Beispiel
Doch geben, wie ich innig dir vertrauen
Der Mörder ist dein Freund.
     
    Ottokar.    Mein Freund?
     
    Agnes.        Du nanntest
Ihn selbst so, und das war es, was vorher
Mich irrte.
     
    Ottokar.    ‘s ist wohl möglich nicht – Johann?
     
    Agnes.        Derselbe,
Der uns auf
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