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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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geheimnisvoll
Verschleiern? Alles Schöne, liebe Agnes,
Braucht keinen andern Schleier, als den eignen,
Denn der ist freilich selbst die Schönheit.
     
    Barnabe.      Ritter! Ritter!
Geschwind!
     
    Ottokar (schnell auf, zu Barnabe).
      Was gibts?
     
    Barnabe. Der eine ging zweimal
Ganz nah vorbei, ganz langsam.
     
    Ottokar.     Hat er dich gesehn?
     
    Barnabe.
Ich fürcht es fast.
     
    (Ottokar kehrt zurück.)
     
    Agnes (die aufgestanden ist). Was rief das Mädchen denn
So ängstlich?
     
    Ottokar.     Es ist nichts.
     
    Agnes.    Es ist etwas.
     
    Ottokar.
Zwei Bauern ja, sie irrten sich. – Du frierst,
Nimm diesen Mantel um.
(Er hängt ihr seinen Mantel um.)
     
    Agnes.   Du bist ja seltsam.
     
    Ottokar.
So, so. Nun setze dich.
     
    Agnes (setzt sich).      Ich möchte lieber gehn.
     
    Ottokar (der vor ihr steht).
Wer würde glauben, daß der grobe Mantel
So Zartes deckte, als ein Mädchenleib!
Drück Ich dir noch den Helm auf deine Locken,
Mach ich auch Weiber mir zu Nebenbuhlern.
     
    Barnabe (kommt zurück, eilig).
Sie kommen! Ritter! Sie kommen!
     
    (Ottokar wirft schnell Agnes’ Oberkleid über, und setzt ihren Hut auf.)
     
    Agnes.
Wer soll denn kommen? – Ottokar, was machst du?
     
    Ottokar (im Ankleiden beschäftigt).
Mein Vater kommt. –
     
    Agnes. O Jesus! (Will sinken.)
     
    Ottokar (faßt sie). Ruhig. Niemand
Fügt dir ein Leid, wenn ohn’ ein Wort zu reden,
Du dreist und kühn in deiner Männertracht
Hinaus zur Höhle gehst. Ich bleibe. – Nein,
Erwidre nichts, ich bleib. Es ist nur für
Den ersten Anfall.
     
    (Rupert und Santing erscheinen.)
     
      Sprecht kein Wort und geht sogleich.
     
    (Die Mädchen gehen.)
     
    Rupert (tritt Agnes in den Weg).
Wer bist du? Rede!
     
    Ottokar (tritt vor, mit verstellter Stimme).
  Sucht ihr Agnes? Hier bin ich.
Wenn ihr aus Warwand seid, so führt mich heim.
     
    Rupert (während die Mädchen nun abgehen).
Ich fördre dein Gespenst zu deinem Vater!
(Er ersticht Ottokar; der fällt ohne Laut. Pause.)
     
    Rupert (betrachtet starr die Leiche).
Santing! Santing! – Ich glaube, sie ist tot.
     
    Santing.
Die Schlange hat ein zähes Leben. Doch
Beschwör ichs fast. Das Schwert steckt ihr im Busen.
     
    Rupert (fährt sich mit der Hand übers Gesicht).
Warum denn tat ichs, Santing? Kann ich es
Doch gar nicht finden im Gedächtnis. –
     
    Santing.       Ei,
Es ist ja Agnes.
     
    Rupert.      Agnes, ja, ganz recht,
Die tat mir Böses, mir viel Böses, o
Ich weiß es wohl. – – Was war es schon?
     
    Santing.       Ich weiß
Nicht, wie dus meinst. Das Mädchen selber hat
Nichts Böses dir getan.
     
    Rupert. Nichts Böses? Santing!
Warum denn hätt ich sie gemordet? Sage
Mir schnell, ich bitte dich, womit sie mich
Beleidigt, sags recht hämisch – Basiliske,
Sieh mich nicht an, sprich, Teufel, sprich, und weißt
Du nichts, so lüg es!
     
    Santing.       Bist du denn verrückt?
Das Mädchen ist Sylvesters Tochter.
     
    Rupert.     So,
Sylvesters. – Ja, Sylvesters, der mir Petern
Ermordet hat. –
     
    Santing.       Den Herold und Johann.
     
    Rupert.
Johann, ganz recht – und der mich so infam
Gelogen hat, daß ich es werden mußte.
(Er zieht das Schwert aus dem Busen Ottokars.)
Rechtmäßig wars. –
  Gezücht der Otter!
(Er stößt den Körper mit dem Fuße.)
     
    Santing (an dem Eingang).
Welch eine seltsame Erscheinung, Herr!
Ein Zug mit Fackeln, gleich dem Jägerheer,
Zieht still von Warwand an den Höhn herab.
     
    Rupert.
Sie sind, wies scheint, nach Rossitz auf dem Wege.
     
    Santing.
Das Ding ist sehr verdächtig.
     
    Rupert.   Denkst du an
Sylvester?
     
    Santing.    Herr, ich gebe keine Nuß
Für eine andre , Meinung. Laß uns schnell
Heimkehren, in zwei Augenblicken wärs
Nicht möglich mehr.
     
    Rupert.      Wenn Ottokar nur ihnen
Nicht in die Hände fällt. – Ging er nicht aus
Der Höhle, als wir kamen?
     
    Santing.   Und vermutlich
Nach Haus; so finden wir ihn auf dem Wege. Komm!
     
    (Beide ab. Agnes und Barnabe lassen sich am Eingange sehen.)
     
    Agnes.
Die Schreckensnacht! Entsetzlich ist der Anblick!
Ein Leichenzug mit Kerzen, wie ein Traum
Im Fieber! Weit das ganze Tal erleuchtet
Vom blutig-roten Licht der Fackeln. Jetzt
Durch dieses Heer von Geistern geh ich nicht
Zu Hause. Wenn die Höhle leer ist, wie
Du sagst –
     
    Barnabe.    Soeben gingen die zwei Ritter
Heraus.
     
    Agnes.   So wäre Ottokar noch hier?
Ottokar! – – Ottokar!
     
    Ottokar

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