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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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Weg.
     
    Sylvius.
Weh! Weh! Im Wald die Blindheit, und ihr Hüter
Der Wahnsinn! Führe heim mich, Knabe, heim!
     
    Johann.
Ins Glück? Es geht nicht, Alter. ‘s ist inwendig
Verriegelt. Komm. Wir müssen vorwärts.
     
    Sylvius.       Müssen wir?
So mögen sich die Himmlischen erbarmen.
Wohlan. Ich folge dir.
     
    Johann.       Heißa lustig!
Wir sind am Ziele.
     
    Sylvius.       Am Ziele schon? Bei meinem
Erschlagnen Kindeskind? Wo ist es?
     
    Johann.     Wär ich blind,
Ich könnt es riechen, denn die Leiche stinkt schon.
Wir wollen uns dran niedersetzen, komm,
Wie Geier ums Aas.
(Er setzt sich bei Ottokars Leiche.)
     
    Sylvius. Er raset. Weh! Hört denn
Kein menschlich Ohr den Jammer eines Greises,
Der blind in pfadelosen Wäldern irrt?
     
    Johann.
Sei mir nicht bös, ich mein es gut mit dir.
Gib deine Hand, ich führe dich zu Agnes.
     
    Sylvius.
Ist es noch weit?
     
    Johann.       Ein Pfeilschuß. Beuge dich.
     
    Sylvius (indem er die Leiche betastet).
Ein Schwert – im Busen – einer Leiche. –
     
    Johann.        Höre, Alter,
Das nenn ich schauerlich. Das Mädchen war
So gut, und o so schön.
     
    Sylvius. Das ist nicht Agnes!
– Das wäre Agnes, Knabe? Agnes’ Kleid,
Nicht Agnes! Nein bei meinem ewgen Leben,
Das ist nicht Agnes!
     
    Johann (die Leiche belastend). Ah! Der Skorpion!
‘s ist Ottokar!
     
    Sylvester.     Ottokar!
     
    Gertrude.
So wahr ich Mutter, das ist meine Tochter
Nicht. (Sie steht auf)
     
    Sylvester.   Fackeln her! – Nein, wahrlich, nein! Das ist
Nicht Agnes!
     
    Eustache (die herbeigeeilt). Agnes! Ottokar! Was soll
Ich glauben –? O ich Unheilsmutter! Doppelt
Die Leiche meines Sohnes! Ottokar!
     
    Sylvester.
Dein Sohn in meiner Agnes Kleidern? Wer
Denn ist die Leiche in der Männertracht?
Ist es denn – Nein, es ist doch nicht –?
     
    Sylvius.       Sylvester!
Wo ist denn Agnes’ Leiche? Führ mich zu ihr.
     
    Sylvester.
Unglücklicher! Sie ist ja nicht ermordet?
     
    Johann.
Das ist ein Narr. Komm, Alter, komm. Dort ist
Noch eine Leich, ich hoffe, die wirds sein.
     
    Sylvius.
Noch eine Leiche? Knabe! Sind wir denn
In einem Beinhaus?
     
    Johann.       Lustig, Alter!
Sie ists! ‘s ist Agnes!
     
    Sylvester (bedeckt sich das Gesicht).
  Agnes!
     
    Johann.   Faß ihr ins Gesicht,
Es muß wie fliegender Sommer sein.
(Zu Rupert.)    Du Scheusal! Fort!
     
    Rupert (richtet sich halb auf).
Bleibt fern, ich bitt euch. – Sehr gefährlich ists,
Der Ohnmacht eines Rasenden zu spotten.
Ist er in Fesseln gleich geschlagen, kann
Er euch den Speichel noch ins Antlitz spein,
Der seine Pest euch einimpft. Geht, und laßt
Die Leiche mindstens mir von Ottokar.
     
    Johann.
Du toller Hund! Geh gleich fort! Ottokar
Ist dort – komm, Alter, glaub mir hier ist Agnes.
     
    Sylvius.
O meine Agnes! O mein Kindeskind!
     
    Eustache.
O meine Tochter! Welch ein Irrtum! Gott!
     
    Rupert (sieht Agnes’ Leiche genauer an, steht auf, geht schnell zur Leiche Ottokars, und wendet sich mit Bewegung des Entsetzens).
Höllisch Gesicht! Was äffst du mich?
(Er sieht die Leiche wieder an.)    Ein Teufel
Blöckt mir die Zung heraus.
(Er sieht sie wieder an und führt mit den Händen in seinen Haaren.)
    Ich selbst! Ich selbst!
Zweimal die Brust durchbohrt! Zweimal die Brust.
     
    Ursula (tritt auf).
Hier ist der Kindesfinger!
(Sie wirft einen Kindesfinger in die Mitte der Bühne und verschwindet.)
     
    Alle.
Was war das? Welche seltsame Erscheinung?
     
    Eustache. Ein Kindesfinger?
(Sie sucht ihn auf)
     
    Rupert.   Fehlte Petern nicht
Der kleine Finger an der linken Hand?
     
    Sylvester.
Dem Peter? Dem erschlagnen Knaben? Fangt
Das Weib mir, führet mir das Weib zurück!
     
    (Einige Ritter ab.)
     
    Eustache.
Wenn eine Mutter kennt, was sie gebar,
So ist es Peters Finger.
     
    Rupert. Peters Finger?
     
    Eustache.
Er ists! Er ists! An dieser Blatternarbe,
Der einzigen auf seinem ganzen Leib,
Erkenn ich es! Er ist es!
     
    Rupert.   Unbegreiflich!
     
    Ursula (wird aufgeführt).
Gnade! Gnade! Gnade!
     
    Sylvester.
Wie kamst du, Weib, zu diesem Finger?
     
    Ursula.      Gnade!
Das Kind, dem ich ihn abgeschnitten, ist
Ermordet nicht, war ein ertrunkenes,
Das ich selbst leblos fand.
     
    Rupert.   Ertrunken?
     
    Sylvester.
Und warum schnittst du ihm den Finger ab?
     
    Ursula.
Ich wollt ihn unter meine Schwelle legen,
Er wehrt dem Teufel. Gnade! Wenns dein Sohn ist,
Wie meine Tochter sagt, ich wußt es nicht.
     
    Rupert.
Dich fand

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