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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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Rull. Sie hing gespießt,
Gleich einem Nest, im Kreuzgeflecht des Weinstocks,
Dicht unterm Fenster, wo die Jungfer schläft.
     
    Frau Marthe
Was? Bei mir? Im Spalier?
     
    Walter heimlich.
Herr Richter Adam,
Habt Ihr mir etwas zu vertraun,
So bitt ich, um die Ehre des Gerichtes,
Ihr seid so gut, und sagt mirs an.
     
    Adam
Ich Euch –?
     
    Walter
Nicht? Habt Ihr nicht –?
     
    Adam
Auf meine Ehre –
     
    Er ergreift die Perücke.
     
    Walter
Hier die Perücke ist die Eure nicht?
     
    Adam
Hier die Perück, ihr Herren, ist die meine!
Das ist, Blitz-Element, die nämliche,
Die ich dem Burschen vor acht Tagen gab,
Nach Utrecht sie zum Meister Mehl zu bringen.
     
    Walter
Wem? Was?
     
    Licht
Dem Ruprecht?
     
    Ruprecht
Mir?
     
    Adam
Hab ich Ihm, Schlingel,
Als Er nach Utrecht vor acht Tagen ging,
Nicht die Perück hier anvertraut, sie zum
Friseur, daß er sie renoviere, hinzutragen?
     
    Ruprecht
Ob Er –? Nun ja. Er gab mir –
     
    Adam
Warum hat er
Nicht die Perück, Halunke, abgegeben?
Warum nicht hat Er sie, wie ich befohlen,
Beim Meister in der Werkstatt abgegeben?
     
    Ruprecht
Warum ich sie –? Gotts Himmel-Donner-Schlag!
Ich hab sie in der Werkstatt abgegeben.
Der Meister Mehl nahm sie –
     
    Adam
Sie abgegeben?
Und jetzt hängt sie im Weinspalier bei Marthens?
O wart, Canaille! So entkommst du nicht.
Dahinter steckt mir von Verkappung was,
Und Meuterei, was weiß ich? – Wollt Ihr erlauben,
Daß ich sogleich die Frau nur inquiriere?
     
    Walter
Ihr hättet die Perücke –?
     
    Adam
Gnäd’ger Herr,
Als jener Bursche dort, vergangnen Dienstag,
Nach Utrecht fuhr mit seines Vaters Ochsen,
Kam er ins Amt, und sprach: »Herr Richter Adam,
Habt Ihr im Städtlein etwas zu bestellen?«
Mein Sohn, sag ich, wenn du so gut willst sein,
So laß mir die Perück hier auftoupieren –
Nicht aber sagt ich ihm: geh und bewahre
Sie bei dir auf, verkappe dich darin,
Und laß sie im Spalier bei Marthens hängen.
     
    Frau Brigitte
Ihr Herrn, der Ruprecht, mein’ ich, halt zu Gnaden,
Der wars wohl nicht. Denn da ich gestern nacht
Hinaus aufs Vorwerk geh, zu meiner Muhme,
Die schwer im Kindbett liegt, hört ich die Jungfer
Gedämpft, im Garten hinten, jemand schelten:
Wut scheint und Furcht die Stimme ihr zu rauben.
»Pfui, schäm Er sich, Er Niederträchtiger,
Was macht Er? Fort! Ich werd die Mutter rufen«;
Als ob die Spanier im Lande wären.
Drauf: Eve! durch den Zaun hin: Eve! ruf ich.
Was hast du? Was auch gibts? – Und still wird es:
Nun? Wirst du antworten? – »Was wollt Ihr, Muhme?«
Was hast du vor? frag ich. – »Was werd ich haben?«
Ist es der Ruprecht? – »Ei so ja, der Ruprecht.
Geht Euren Weg doch nur.« – So koch dir Tee.
Das liebt sich, denk ich, wie sich andre zanken.
     
    Frau Marthe
Mithin –?
     
    Ruprecht
Mithin –?
     
    Walter
Schweigt! Laßt die Frau vollenden.
     
    Frau Brigitte
Da ich vom Vorwerk nun zurückekehre,
Zur Zeit der Mitternacht etwa, und just,
Im Lindengang, bei Marthens Garten bin,
Huscht Euch ein Kerl bei mir vorbei, kahlköpfig,
Mit einem Pferdefuß, und hinter ihm
Erstinkts wie Dampf von Pech und Haar und Schwefel.
Ich sprech ein Gottseibeiuns aus, und drehe
Entsetzensvoll mich um, und seh, mein Seel,
Die Glatz, Ihr Herren, im Verschwinden noch,
Wie faules Holz, den Lindengang durchleuchten.
     
    Ruprecht
Was! Himmel – Tausend
     
    Frau Marthe
Ist Sie toll, Frau Briggy?
     
    Ruprecht
Der Teufel, meint Sie, wärs –?
     
    Licht
Still! Still!
     
    Frau Brigitte
Mein Seel!
Ich weiß, was ich gesehen und gerochen.
     
    Walter ungeduldig.
Frau, obs der Teufel war, will ich nicht untersuchen,
Ihn aber, ihn denunziert man nicht.
Kann Sie von einem andern melden, gut:
Doch mit dem Sünder da verschont Sie uns.
     
    Licht
Wollen Ew. Gnaden sie vollenden lassen.
     
    Walter
Blödsinnig Volk, das!
     
    Frau Brigitte
Gut, wie Ihr befehlt.
Doch der Herr Schreiber Licht sind mir ein Zeuge.
     
    Walter
Wie? Ihr ein Zeuge?
     
    Licht
Gewissermaßen, ja.
     
    Walter
Fürwahr, ich weiß nicht –
     
    Licht
Bitte ganz submiß,
Die Frau in dem Berichte nicht zu stören.
Daß es der Teufel war, behaupt ich nicht;
Jedoch mit Pferdefuß, und kahler Glatze
Und hinten Dampf, wenn ich nicht sehr mich irre,
Hat seine völl’ge Richtigkeit! – Fahrt fort!
     
    Frau Brigitte
Da ich nun mit Erstaunen heut vernehme,
Was bei Frau Marthe Rull geschehn, und ich,
Den Krugzertrümmerer auszuspionieren,
Der mir zu Nacht begegnet’ am Spalier,
Den Platz, wo er gesprungen, untersuche,
Find ich im

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